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Absurdes Theater

Bezeichnung für die Richtung des Theaters im 20. Jahrhundert, die den verlorenen Menschen in der sinnlos gewordenen Welt darstellt. Geprägt wurde der Begriff von Martin Esslin?, der 1961 eine Monographie? mit dem Titel „Absurdes Theater“ schrieb.

Allgemeines

Der Begriff „absurd“ kommt aus dem Lateinischen und bedeutet missklingend, widersinnig, unlogisch, rational nicht verstehbar. Als diese Form des Theaters in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts aufkam, erschien es den Zuschauern im wahrsten Sinn des Wortes absurd.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wollten vor allem nicht-deutschsprachige (französische) Autoren in der so genannten „Restaurationszeit“ der fünfziger und sechziger Jahre ein Trauma bearbeiten, das alle Nationen damals betraf. Es waren wohl die Zweifel an der rationalistischen Kultur- und Denkform des Westens, die den Surrealismus weiterführten und zum Absurden Theater führten.

Im Absurden Theater gelangen bis dahin verborgene oder vergessene Strömungen des Dramas an die Öffentlichkeit und werden populär. Zugleich wird das Provokatorische der avangardistischen Form entschärft und ein eigentlich antibourgeoises Konzept für ein bürgerliches Publikum akzeptabel aufbereitet.

Das Absurde Theater vertritt desillusionistische Einsichten und bleibt – anders als etwa politische Richtungen des Theaters der 50er und 60er Jahre des 20. Jahrhunderts - im Status der Verzweiflung. Damit blieb das Absurde Theater auf einem „passivischen Nihilismus“ stehen, wie ihn Friedrich Nietzsche in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts vertreten hatte. Künstlerisch dagegen war das Absurde Theater höchst aktiv, einfallsreich und vital. Durch das Mittel der Verfremdung gelang es ihm in unterschiedlicher Weise das Absurde darzustellen und verstehbar zu machen, wobei das tragische Element auf dem Hintergrund einer nihilistischen Weltsicht oft einbezogen wurde.

Details

Die Dichter des Absurden Theaters neigten dazu, die tatsächliche Geschichte und Gesellschaft nicht darzustellen, oft stehen „esoterische“ Parabeln im Fokus des Geschehens. Nur in Ausnahmefällen werden historische Momente in Stoff und Stimmung eines Stückes? fassbar.

Der Begründer des Absurden Theaters, Eugène Ionesco?, schreibt zu seiner Theater-Konzeption, dass nur das „Unerträgliche“ wirkliches Theater sei. Das Puppentheater seiner Kindheit ist ihm ein Beispiel dafür, was Theater sein soll: „Das war das eigentliche Welttheater, ungewöhnlich, unwahrscheinlich und doch wahrer als das Wahre, in einer unendlich vereinfachten und karikierten Form.“ Und in der Tat wurde das Absurde Theater von vielen als eine Art Kindergrauen-Puppenspiel für Erwachsene rezipiert. Weitere Kriterien des Absurden Theaters für Eugène Ionesco? waren:

  • die ungewöhnliche Manipulation mit dem Gewöhnlichen
  • die Aufhebung von Gegensätzen
  • das freie Spiel mit etablierten Zusammenhängen
  • die Darstellung von Unterjochungs-Prozessen
  • die Idee eines autonomen, ideologiefreien Theaters

Die letzte Idee führte zu einem Widerwillen der „Absurden“ gegen eine poetische Sprache im Theater. Die Worte treten hinter die Geste, die entlarvende Pantomime zurück, ja selbst Dinge spielen im Absurden Theater mit, bis die Stimmung des Komischen ins Grässliche umschlägt.

Geschichte

Vorgeschichte

Die Vorgeschichte des Absurden Theaters reicht bis zur Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert zurück. Schon früh experimentieren Dramatiker? wie Maurice Maeterlinck? (1862 bis 1949), Luigi Pirandello? (1867 bis 1936), Alfred Jarry? (1873 bis 1907), (1885 bis 1939), Jean Cocteau? (1889 bis 1963), Antonin Artaud? (1896 bis 1948) und Witold Gombrowicz? (1904 bis 1969) mit den überkommenen Formen des Dramas und Theaters. Dabei bedienen sie sich mitunter Formen des Surrealismus oder des Dadaismus.

Absurde Tendenzen finden sich darüber hinaus in diesen ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts bei vielen Autoren, die nicht als „absurd“ gelten. Frank Wedekind?, Georges Courteline? und William Butler Yeats? können dafür als Beispiele gelten.

Beginn des Absurden Theaters

Die 50er Jahre des 20. Jahrhunderts markieren den Beginn des Absurden Theaters. Der geistige Nährboden, dass es vom Bürgertum angenommen wurde, war die französische Philosophie und Literatur des Existentialismus?, der auf den Durchschnittsintellektuellen suggestiv wirkte und ihm den „Ekel“ (Jean-Paul Sartre?) vor der Sinnlosigkeit des Daseins nahe brachte. Albert Camus erklärte das Absurde aus der Gegenüberstellung der Welt, die gegen alle Vernunft stumm bleibt, und dem Menschen, der fragt.

Warum aber haben die beiden Protagonisten des Existentialismus? kein Absurdes Theater geschrieben? Weil beiden der Nihilismus? und das Absurde die Basis für eine positive aktivierende Botschaft war: Beide schrieben politische Thesen-Dramen? und eine neue Form von Tragödien, die eine Tendenz zur mythischen Überhöhung beinhalteten.

Als Bewegung beginnt das Absurde Theater 1950 mit dem Stück "Die kahle Sängerin?" von Eugène Ionesco?. Das Publikum reagierte verhalten, doch Jean Anouilh? half dem „Anti-Stück“ und seinem Verfasser zu Bekanntheit. Eugène Ionesco? rekurrierte auf „Ubu Roi“ („König Ubu“), das Drama von Alfred Jarry?, das wegen seiner Abwendung vom klassischen Theater und seinen absurden Zügen 1896 einen Skanal heraufbeschworen hatte. Auch Yvan Goll? war mit „Methusalem?“ ein Vorbild für Eugène Ionesco?, der mit seinem Stück eine Parodie auf Konversationsstücke? und Salonkomödien? schreiben wollte.

Der Durchbruch des Absurden Theaters

1957 erschien die Erzählung "Die Nashörner?" von Eugène Ionesco?, der jetzt einen starken Individualismus zeigte. Der Einzelne erscheint nun in einem Meer von Konformität und ist Opfer eines alles verschlingenden totalitären Systems. Dieses Stück brachte den Durchbruch des Begründers des Absurden Theaters und wurde in vielen Ländern, vor allem in Amerika und Deutschland bejubelt.

Schon zuvor hatte der Ire Samuel Beckett? mit seinem 1953 verfassten Stueck? "Warten auf Godot?" einen Welterfolg gelandet, der ihm 1969 den Nobelpreis für Literatur? einbrachte. Zwar ähneln seine Werke denen von Ionesco, doch zeigen sie ein anderes geistiges und emotionales Klima. Samuel Beckett? beschleunigt nicht und häuft nicht die verschiedenen Elemente, sondern er verlangsamt die Handlung bis fast zum Stillstand. Auch er vereinfacht, zeigt das Clowneske, schwankt zwischen Komik und Tragik, doch er ist hintergründiger als Eugène Ionesco? und bei ihm tritt das Tragische mehr hervor.

Bei Samuel Beckett? als zweitem Hauptvertreter des Absurden Theaters tritt nicht Metaphysisches hervor. Auch wenn christlich inspirierte Deuter Godot als Symbol sehen für Gott, so ist Godot doch ein Ziel, das täuscht. Das Warten, um das es geht, ist vergeblich. Alles ist hoffnungslos. Theater ist für Samuel Beckett? ein Spiel der Verzweiflung: „Rittlings über dem Grabe und eine schwere Geburt. Aus der Tiefe der Grube legt der Totengräber träumerisch die Zangen an. Man hat Zeit genug, um alt zu werden. Die Luft ist voll von unseren Schreien.“

Als weitere wichtige Pioniere des Absurden Theaters können genannt werden Michel de Ghelderode?, Arthur Adamov? und Jean Genet?.

Späteres Absurdes Theater

Die Nachfolger der Pioniere sind Dichter wie Norman Frederick Simpson?, Harold Pinter?, Edward Albee?, Sławomir Mrożek?, Boris Vian?, Václav Havel? und Fernando Arrabal?. Sie lösen die Einheiten von Zeit, Handlung und Ort noch mehr auf, wahllos werden Dialoge? und Szenen verknüpft, bis schließlich das Theater im Sinn von Aristoteles? ganz aufgelöst und die Sprache als floskelhaftes Kommunikationsmittel entlarvt ist.

Der Tscheche Václav Havel? beweist auch, dass auch das Absurde Theater konkret-politisch sein kann, wie der Autor selbst aufgrund seiner sozialistischen Systemkritik erfahren musste.

Deutscher Sprachraum

Im Deutschen Sprachraum wurde das Absurde Theater zwar gefeiert und aufgeführt, doch gab es hier keine „reinen“ Dramatiker? des Absurden Theaters. Am ehesten können die folgenden Schriftsteller als „Absurde“ gelten, weil sie Elemente dieser Richtung adaptiert haben: Günter Grass?,Max Frisch, Friedrich Dürrenmatt?, Thomas Bernhard, George Tabori?, Martin Walser, Franz Xaver Kroetz? und Wolfgang Hildesheimer?.

Wirkungen

Bedenkt man die Wirkung des Absurden Theaters, so liegt die Adaption seiner Mittel durch viele Filmregisseure auf der Hand.
Daneben inspirierte es das „absurde Musiktheater“.

Sekundärliteratur

  • Esslin, Martin: Das Theater des Absurden. Von Beckett bis Pinter. Reinbek, Rowohlt Verlag 2006, ISBN: 978-3499556845
  • Picard, Hans Rudolf: Wie absurd ist das absurde Theater? Konstanz, Universitäts-Verlag 1998, ISBN: 978-3879401314
  • Quint-Wegemund, Uschi: Das Theater des Absurden auf der Bühne und im Spiegel der literaturwissenschaftlichen Kritik. Frankfurt am Main, Rita G. Fischer Verlag 1999, ISBN: 978-3883234182

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