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Bachmann, Ingeborg

Ingeborg Bachmann (geb. 25. Juni 1926 in Klagenfurt/Österreich; gest. 17. Oktober 1973 in Rom) war eine österreichische Schriftstellerin.

Leben und Schreiben

Ingeborg Bachmann - (c) by Piper Verlag

Ingeborg Bachmann wurde am 25. Juni 1926 in Klagenfurt/Österreich geboren. Ihr Vater Mathias Bachmann war Lehrer und später Hauptschuldirektor. In Klagenfurt wuchs sie zunächst in einer Mietwohnung auf, später zog die Familie in ein Reihenhaus. Ihr Vater war NSDAP-Mitglied und begrüßte den Einmarsch deutscher Truppen in Österreich. Ingeborg Bachmann hat den Einmarsch später als erschütternden Moment bezeichnet, der ihre Kindheit zertrümmert habe. Von 1932 bis 1936 besuchte sie die Volksschule, von 1936 bis 1938 das Bundesrealgymnasium und von 1938 bis 1944 das Ursulinen-Gymnasium in Klagenfurt. Dort machte sie das Abitur. Während ihrer Schulzeit entstanden erste Gedichte und die Erzählung „Das Hoditschkreuz“.

Ingeborg Bachmann studierte von 1945 bis 1950 in Innsbruck, Graz und Wien Philosophie mit den Nebenfächern Germanistik? und Psychologie. Bedeutenden Einfluss auf ihre geistige Entwicklung übten der Philosoph Ludwig Wittgenstein und der Schriftsteller Robert Musil aus. 1946 veröffentlichte sie in der „Kärntner Illustrierten“ ihre erste Erzählung „Die Fährte“. Im folgenden Jahr begann sie mit der Arbeit an ihrem Roman „Stadt ohne Namen“, der nach seiner Fertigstellung 1952 jedoch keinen Verleger fand. In den Jahren 1948/49 erschienen in der von Hermann Hakel? herausgegebenen Zeitschrift „Lynkeus. Dichtung, Kunst, Kritik?“ ihre ersten Gedichte. 1950 promoviert sie an der Universität Wien zum Dr. phil. Das Thema ihrer Dissertation war „Die kritische Aufnahme der Existentialphilosophie Martin Heideggers“. Während ihres Studiums machte sie die Bekanntschaft des Dichters Paul Celan, mit dem sie bis 1958 eine intensive Liebesbeziehung verband.

"Der gute Gott von Manhattan"

Im Anschluss an ihr Studium war Ingeborg Bachmann im Sekretariat der amerikanischen Besatzungsbehörde in Wien angestellt. Von 1951 bis 1953 arbeitete sie als Redakteurin und Lektorin beim Wiener Sender Rot-Weiß-Rot, wo sie Beiträge für die Nachtstudios schrieb. Von den Honoraren ging sie auf Reisen, zunächst nach Paris und London, später nach Rom, wo sie sich 1953 niederließ und für verschiedene Funkhäuser über Politik und Alltag in Italien berichtete. Unter dem Pseudonym Ruth Keller schrieb sie als politische Korrespondentin für die „Westdeutsche Allgemeine Zeitung“. 1952 wurde ihr Hörspiel „Ein Geschäft mit Träumen“ erstmalig gesendet. Später folgten die beiden Hörspiele „Die Zikaden“ (1955) und „Der gute Gott von Manhattan“ (1958). Letzteres wurde 1959 mit dem Hörspielpreis der Kriegsblinden ausgezeichnet.

Lyrik

Der Durchbruch als Lyrikerin? gelang Ingeborg Bachmann im Mai 1952 bei einer Lesung der „Gruppe 47“ in Niendorf/Ostsee. An der Veranstaltung nahm auch die Schriftstellerin Ilse Aichinger teil. Im Mai 1953 wurde Bachmann für ihren ersten Gedichtband „Die gestundete Zeit“ mit dem Preis der Gruppe 47? ausgezeichnet. Der Band enthielt ihre berühmten Gedichte „Die große Fracht“, „Holz und Späne“, „Nachtflug“ und „Große Landschaft bei Wien“. Zu diesem Zeitpunkt war Ingeborg Bachmann selbst der literarisch interessierten Öffentlichkeit weitgehend unbekannt. Das änderte sich schlagartig, als das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ 1954 eine Titelgeschichte über die Dichterin brachte. 1956 erschien ihr zweiter und zugleich letzter Lyrikband „Anrufung des Großen Bären“. Dafür wurde sie von der Rudolf-Alexander-Schröder-Stiftung mit dem „Literaturpreis der Freien Hansestadt Bremen?“ ausgezeichnet. Bis 1958 war sie Dramaturgin beim Bayerischen Fernsehen in München.

Ingeborg Bachmanns intellektuell-abstrakte Gedankenlyrik? wurde von der Literaturkritik lange nur nach ästhetischen Maßstäben bewertet. Sie selbst sah in ihrer Dichtung vor allem ein Medium, um Kritik an den konservativen und reaktionären Kräften in der Nachkriegszeit zu üben. Ihre Gedichte, die Einflüsse vom Expressionismus und Surrealismus zeigen, sind häufig von Resignation, Trauer und Melancholie geprägt. Trotz der pessimistischen Grundhaltung ist das lyrische Ich in der Lage, die eigene Situation treffend zu analysieren. Die meisten ihrer Gedichte haben kein festes Reimschema. Freie, fließende Rhythmen? überwiegen.

1957 wurde Ingeborg Bachmann zum korrespondierenden Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung? in Darmstadt gewählt. Anlässlich der Donaueschinger Musiktage wurden ihre Gedichte „Im Gewitter der Rosen“ und „Freies Geleit“ durch Hans Werner Henze? vertont, mit dem die Dichterin eine tiefe Freundschaft verband, zu der - neben künstlerischer Zusammenarbeit - auch zwei (wieder zurückgenommene) Heiratsanträge Henzes an Bachmann gehörten.

Erzählungen

1958 trat Ingeborg Bachmann dem „Komitee gegen die Atomrüstung“ bei, das gegen die Atombewaffnung der Bundeswehr protestierte. Im selben Jahr begann ihr problematisches Liebesverhältnis mit dem Schweizer Schriftsteller Max Frisch, das 1963 endete und Ingeborg Bachmann in eine tiefe Lebens- und Schaffenskrise stürzte. 1959/60 war sie Gastdozentin für Poetik an der Universität in Frankfurt am Main. Der Titel ihrer Vorlesungsreihe lautete „Probleme zeitgenössischer Dichtung“.

1961 veröffentlichte sie ihren autobiographisch gefärbten Erzählband „Das dreißigste Jahr“, für den ihr der Berliner Kritikerpreis zugesprochen wurde. Der Band enthält sieben Erzählungen, die in den Jahren 1956 und 1957 entworfen wurden. Wie in ihren Gedichten und Hörspielen schildert Ingeborg Bachmann darin Menschen, die das wahre Leben suchen und ihre bedrohte Existenz von den Fesseln der Gesellschaft befreien wollen. Diese Versuche rufen schwere Lebenskrisen hervor. Die Fachkritik reagierte auf das Erscheinen des Bandes zumeist mit Missbilligung und Ablehnung. Der Hauptkritikpunkt war, dass die Protagonisten lediglich das Bestehende verneinen, ohne eine realistische Lebensalternative aufzuzeigen. Zudem wirkte die musikalische Sprache der Erzählungen auf viele Rezensenten irritierend. Es dauerte bis in die frühen 1980er Jahre, ehe das negative Urteil über Ingeborg Bachmanns ersten Erzählband revidiert wurde.

Im Frühjahr 1963 kam es zur endgültigen Trennung von Max Frisch. Eine Folge davon war, dass Ingeborg Bachmann ihren Wohnsitz nach Berlin verlegte, wo sie Kontakte zu den Schriftstellern Alfred Andersch?, Uwe Johnson und Johannes Bobrowski? hatte. Sie beteiligte sich an der Klage gegen den CDU-Politiker Josef-Hermann Dufhues, der die Gruppe 47 als „Reichsschrifttumskammer?“ bezeichnet hatte. Im Herbst 1964 wurde ihr von der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung? der Georg-Büchner-Preis zuerkannt. In Darmstadt hielt sie ihre berühmte Dankesrede „Ein Ort für Zufälle“, in der sie sich der äußeren und inneren Verstümmelung von Berlin annahm. Die Rede erschien 1965 in Buchform mit Zeichnungen von Günter Grass.

"Todesarten"-Trilogie

Ende 1965 ging Ingeborg Bachmann nach Rom, wo sie bis zu ihrem Tod lebte. 1968 wurde ihr erstmals ein österreichischer Literaturpreis zuerkannt: In Wien nahm sie aus den Händen des Bundesministers für Unterricht den Großen Österreichischen Staatspreis entgegen. Im März 1971 veröffentlichte der Suhrkamp Verlag ihren Roman „Malina“. Der Roman ist der erste Teil einer Trilogie?, die unter dem Titel „Todesarten“ erscheinen sollte. Die beiden dazu gehörenden Bände „Der Fall Franza“ (1976) und „Requiem für Fanny Goldmann“ (1979) blieben Fragmente?. „Malina“ ist in der Art einer Autobiographie geschrieben. Die Heldin des Romans wurde wie die Autorin in Klagenfurt geboren und lebt in Wien. Die Handlung besteht darin, dass sie sich über ihr Verhältnis zu zwei Männern Rechenschaft ablegt.

In „Malina“ ist das Grundthema von Ingeborg Bachmanns Spätwerk voll ausgeprägt: die Frau in der Opferrolle, von den patriarchalischen Strukturen der postmodernen Gesellschaft zu einem Leben ohne Identität verdammt. In den 1980er Jahren wurde Ingeborg Bachmann zu einer Ikone der Frauenbewegung. In den fünf Erzählungen des Bandes „Simultan“ (1972) hat Ingeborg Bachmann das Thema fortgeführt. Die Aufnahme des Bandes im Feuilleton? war erneut zwiespältig. Der Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki verspottete die Autorin als „gefallene Lyrikerin?“.

Am 17. Oktober 1973 starb Ingeborg Bachmann in Rom an den Folgen schwerer Brandverletzungen. Sie war beim Rauchen eingeschlafen.

Mit dem Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb?, der seit 1977 in Klagenfurt stattfindet und mit der Vergabe des Ingeborg-Bachmann-Preises verbunden ist, wird die Erinnerung an eine bedeutende deutschsprachige Dichterin des 20. Jahrhunderts aufrechterhalten.

Interpretations-Ansätze

Bis heute wird selten über Ingeborg Bachmanns Werk gesprochen, ohne die Person der Autorin einzubeziehen, was nicht zuletzt an deren dramatischen Liebesbeziehungen liegt. Bachmanns Bild oszilliert zwischen dem einer der Welt eher entrückten Künstlerin, dem einer Feministin und dem einer zeitkritischen Schriftstellerin, und alle Deutungen lassen sich mit ihren Texten untermauern.

Stefanie Golisch? (siehe Sekundärliteratur) ist denn auch nicht die einzige Literaturwissenschaftlerin, die feststellt, dass Bachmann sich in ihrem Werk wenig zurücknimmt und nur selten Distanz zu sich und ihren Gegenständen wahrt. Isolde Charim? stellte in einer Rede zu den Tagen der deutschsprachigen Literatur? 2007 in Klagenfurt andererseits fest, dass Bachmann ihre persönliche Entwicklung in ihren literarischen Texte inszeniert und in den theoretischen Texten reflektiert habe. Das Ich, das in diesen Texten zutage trete, sei aber nicht mit der Autorin identisch. Bachmann habe ein Bild von sich entworfen, dessen öffentliche Intimität gerade die Maske sei, hinter der sich die Dichterin selbst habe verbergen können.

Übrigens ...

kamen bereits kurz nach Ingeborg Bachmanns Tod Gerüchte auf, die hinter dem Unfalltod ein Mordkomplott sahen. Man munkelte, dass Ingeborg Bachmann durch ihre Drogensucht in die Fänge der italienischen Mafia geraten sei, die sie dann ermorden ließ. Freunde erstatteten Anzeige gegen Unbekannt. Die Ermittlungen der römischen Staatsanwaltschaft bestätigten jedoch, dass sie an den Folgen der Verbrennungen gestorben ist, die sie sich bei einem Unfall in ihrer Wohnung zugezogen hat.

Auszeichnungen

Werke (Auswahl)

  • Bücher von Ingeborg Bachmann bei Jokers
  • Das dreißigste Jahr. OA 1971. Erzählungen. München, Piper Verlag 2005, ISBN: 978-3492245500
  • Die Hörspiele. München, Piper Verlag 1996, ISBN: 978-3492201391
  • Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar. Essays, Reden, Kleinere Schriften. München, Piper Verlag 2003, ISBN: 978-3492239875
  • Ich weiß keine bessere Welt. Unveröffentlichte Gedichte. München, Piper Verlag 2003, ISBN: 978-3492239844
  • Malina. OA 1971. Roman. Frankfurt am Main, Suhrkamp Verlag 2004, ISBN: 978-3518371411
  • Römische Reportagen. Eine Wiederentdeckung. München, Piper Verlag 2000, ISBN: 978-3492229388
  • Sämtliche Erzählungen. München, Piper Verlag 2003, ISBN: 978-3492239868
  • Sämtliche Gedichte. München, Piper Verlag 2004, ISBN: 978-3492241069
  • Simultan. OA 1972. München, Piper Verlag 2002, ISBN: 978-3492212960
  • Briefe einer Freundschaft (mit Hans Werner Henze), hg. von Hans Höller. Piper Verlag, München 2006, ISBN: 978-3492247139

Hörspiele

  • Anrufung des großen Bären. Gedichte und Prosa 1956-1961. 4CDs. München, Dhv der Hörverlag 2005, ISBN: 978-3899403619
  • Das dreißigste Jahr. CD. Berlin, Der Audio Verlag 2001, ISBN: 978-3898131537
  • Die gestundete Zeit. CD. München, Dhv der Hörverlag 2004, ISBN: 978-3899403442
  • Erklär mir, Liebe. Gedichte 1948–1957. CD. München, Dhv der Hörverlag 2003, ISBN: 978-3899402667
  • Malina. 3CDs. München, Dhv der Hörverlag 2007, ISBN: 978-3899403626

Sekundärliteratur

  • Arnold, Heinz Ludwig: Ingeborg Bachmann (TEXT+KRITIK 6). München, edition text + kritik 1995, ISBN: 978-3883775050
  • Golisch, Stefanie: Ingeborg Bachmann zur Einführung, Junius Verlag, Hamburg 1997, ISBN: 978-3885069416
  • Hapkemeyer, Andreas: Ingeborg Bachmann. Bilder aus ihrem Leben. Mit Texten aus ihrem Werk und 222 Abbildungen. München, Piper Verlag 2003, ISBN: 978-3492239882
  • Hoell, Joachim: Ingeborg Bachmann. München, Dtv 2001, ISBN: 978-3423310512
  • Höller, Hans: Ingeborg Bachmann. In Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Berlin, Rowohlt Taschenbuch 1999, ISBN: 978-3499505454

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