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Bücherverbrennungen 1933 in Deutschland

Feuer im Regen - (c) Gabi Schoenemann/pixelio.de

Am 10. Mai 1933, wenige Monate nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten, wurden in fast allen deutschen Universitätsstädten Bücherverbrennungen? durchgeführt. Sie bildeten den Abschluss einer Aktion der Deutschen Studentenschaft, der „Aktion wider den undeutschen Geist“.

Anders als oft behauptet wird, wurden die Bücherverbrennungen nicht von der NSDAP oder ihren Unterorganisationen initiiert. Veranstalter war vielmehr die Deutsche Studentenschaft, die sich damit, wie Wissenschaftler mutmaßen, den Nationalsozialisten andienen wollte.

Die Organisation der Bücherverbrennung begann am 26. April, als die Universitäts-? und Institutsbibliotheken nach „verbrennungswürdiger“ Literatur durchforstet wurden. Auch andere öffentliche Bibliotheken und so manch eine private Büchersammlung und Buchhandlung geriet in den Blick der Eiferer.

Grundlage für die Auswahl der Literatur bildete die am 26. April 1933 versandte „Braune Liste verbrennungswürdiger Literatur“. Sie enthielt 71 Autorennamen und basierte auf den „Schwarzen Listen“, die der Bibliothekar Dr. Wolfgang Hermann? im Auftrag des Verbandes Deutscher Bibliothekare? und des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda im März 1933 erstellt hatte. Die gesammelten Bücher wurden an den zentralen Plätzen der Universitätsstädte zu Scheiterhaufen aufgeschichtet, auf die auch Privatpersonen ihre Bücher werfen konnten.

Um den Bücherverbrennungen einen besonders feierlichen Anstrich zu geben, begannen sie meist mit einem Fackelzug. Die Studenten – viele von ihnen im Ornat ihrer Verbindungen – machten sich auf dem Weg zu ihrem Scheiterhaufen, nicht selten sammelten sie unterwegs noch die letzten Bücher ein. Beim Scheiterhaufen erwartete die Studenten und die Teilnehmer der Veranstaltung zunächst ein öffentlicher Vortrag, in Berlin wurde er von Joseph Goebbels gehalten, in den anderen Städten von Professoren der jeweiligen Universität. Unter großem Gejohle der Studenten und eines breiten Publikums aus der Stadt wurden zum Abschluss des Abends die Bücher in Brand gesteckt.

Zu den Universitäten, die die Bücherverbrennung bereits am 10. Mai durchführten gehören neben Berlin Bonn, Braunschweig, Bremen, Breslau, Dortmund, Dresden, Frankfurt, Göttingen, Greifswald, Hannover, Kiel, Königsberg, Landau, Marburg, Münster, München, Nürnberg, Rostock, Worms und Würzburg. Fast alle anderen Universitäten holten die Bücherverbrennung nach, wenn sie am 10. Mai ausfallen musste, z. B. Essen am 21. Juni, Heidelberg am 17. Mai, Hamburg am 15. Mai. Lediglich an den Universitäten in Württemberg wurden keine Bücherverbrennungen durchgeführt, weil der Landesführer des Studentenbundes in Württemberg, Gerhard Schumann, die Teilnahme an der Aktion verbot. Trotz scharfer Proteste einzelner Studentenschaften in Berlin gelang es ihm, das Verbot aufrechtzuerhalten.

Ihre ganze Wirkung entfaltete die Bücherverbrennung jedoch nicht am 10. Mai 1933, erst nach dem Zusammenbruch des „Dritten Reiches“ zeigte sich, was am 10. Mai 1933 wirklich bewegt bzw. aufgehalten worden war. Viele der Autoren und Künstler, deren Bücher verbrannt wurden, überlebten mit Mühe – in Deutschland wie Erich Kästner, in der Emigration wie Heinrich Mann -, doch an den Erfolg Ende der 1920er Jahre konnten sie nie wieder anknüpfen. Manche Autoren und Künstler sahen das voraus und beschlossen, ihrem Leben und damit auch ihrem Weg ein Ende zu setzen, so wie Kurt Tucholsky, Stefan Zweig? und Klaus Mann.

Zu den „verbrannten Autoren?“ gehören jedoch nicht nur Zeitgenossen des Nationalsozialismus?, sondern auch ältere Autoren wie etwa Karl Marx, wenn sie den Nationalsozialisten missliebige Ideen vertreten hatten. Manche der „verbrannten Autoren“ sind auch Anfang des 21. Jahrhunderts noch vergessen wie Hermann Essig?, Alexandra Kollontaj?, Emil Ludwig? und Werner Türk?, ihre Namen findet man nur noch auf den Listen der verbrannten Bücher und oftmals ist es nicht mehr möglich, das Werk oder auch nur einzelne Bücher zu bekommen. Am 11. Dezember 1933 hält René Schickele?, dieses vorausahnend, in seinem Tagebuch fest: „Wenn es Goebbels gelingt, unsere Namen von den deutschen Tafeln zu löschen, sind wir tot. Gespenster in der Diaspora, in der wasserarmen Provinz. Schon die nächste Generation wird nichts mehr von uns wissen.“

Was bleibt, ist der 10. Mai als eine jährliche Erinnerung daran, dass in Deutschland der Satz von Heinrich Heine „Dort, wo man Bücher verbrennt, verbrennt man am Ende auch Menschen“ Wirklichkeit wurde.

Foto: Gabi Schoenemann/www.pixelio.de

Sekundärliteratur

  • Drews, Richard / Kantorowicz, Alfred: verboten und verbrannt. Deutsche Literatur 12 Jahre unterdrückt. Neuauflage des 1947 erschienen Buches. Kindler Verlag, München 1983
  • In jenen Tagen... Schriftsteller zwischen Reichstagsbrand und Bücherverbrennung. Eine Dokumentation. Gustav Kiepenheuer Verlag, Leipzig - Weimar 1983
  • Sauder, Gerhard: Die Bücherverbrennung. Zum 10. Mai 1933. Carl Hanser Verlag, München - Wien 1983

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