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Ehrenburg, Ilja

Ilja Grigorjewitsch Ehrenburg (geb. 14. Januar 1891 in Kiew; gest. 31. August 1967 in Moskau) war ein russischer Romancier?, Lyriker und Journalist?. Er gilt als einer der volkstümlichsten und meistgelesenen Autoren der Sowjetunion. Seine größten literarischen Erfolge waren der satirische Roman „Die ungewöhnlichen Abenteuer des Julio Jurenito und seiner Jünger“ (1922) und der Roman „Tauwetter“ (1953).

Leben

Ilja Ehrenburg wurde am 14. Januar 1891 in Kiew in einer bürgerlichen jüdischen Familie geboren und wuchs in Moskau auf. Sein Vater war Direktor der Bierbrauerei in Chamowniki, die in der Nachbarschaft des Landguts von Leo Tolstoi? lag. Auf dem Gymnasium lernte Ehrenburg den späteren bolschewistischen Revolutionär Nikolaj Bucharin kennen, unter dessen Einfluss er Mitglied der bolschewistischen Partei wurde. Wegen der Beteiligung an einem Schülerstreik 1907 wurde Ehrenburg des Gymnasiums verwiesen und nach illegaler revolutionärer Tätigkeit 1908 verhaftet. In Moskau wurde gegen ihn ein Platzverbot ausgesprochen. Im Dezember 1908 ging er ins Ausland.

Von 1909 bis 1917 lebte Ilja Ehrenburg in Paris. Dort empfing er eine Vielzahl von Eindrücken, die ihn als Künstler prägten. Er war Teil der Pariser Künstler-Bohème?, die in den Cafés, Ateliers und Bordellen des Montparnasse und Montmartre ihren Neigungen nachging. Zu Ehrenburgs Freunden gehörten der Lyriker Guillaume Apollinaire?, der Maler Pablo Picasso und der Grafiker Fernand Léger. Da Ehrenburg den Kreisen der russischen politischen Emigranten nahe stand, lernte er Lenin und andere Führer der Bolschewiki kennen. Nach kurzer Zeit kam es jedoch zum Bruch zwischen Ehrenburg und den Bolschewiki, die seine literarischen Arbeiten und Vorbilder ablehnten. 1910 erschien in Paris Ehrenburgs erster Gedichtband „Gedichte“, der in Moskau in mehreren Rezensionen besprochen wurde und auch in der russischen Provinz für Aufsehen sorgte. Bis 1915 folgten weitere Lyrikbände, von denen der unter dem Eindruck des Ersten Weltkriegs entstandene Band „Gedichte über den Vorabend“ am bedeutendsten ist.

Ab 1915 war Ilja Ehrenburg als Kriegsberichterstatter für verschiedene russische Zeitungen tätig. 1917 konnte er nach Russland zurückkehren. Die Oktoberrevolution, den Zusammenbruch des Zarenreiches und die Machtübernahme durch die Bolschewiki erlebte er in Moskau. Ehrenburg, der damals antikommunistisch eingestellt war, veröffentlichte 1918 „Ein Gebet für Russland“, in dem er die neuen Machthaber angriff. Vor der drohenden Verhaftung floh er in die Ukraine, die damals vom Deutschen Reich besetzt war. Von 1921 bis zum Sommer 1940 lebte er in Westeuropa.

Ilja Ehrenburg schrieb 1921 in Belgien seinen ersten und besten Roman, „Die ungewöhnlichen Abenteuer des Julio Jurenito und seiner Jünger“, mit dessen Konzeption er schon 1916 in Paris begonnen hatte. Darin verhöhnt Ehrenburg sowohl den russischen Kommunismus als auch die westliche Demokratie und den amerikanischen Kapitalismus. Der Roman, der zuerst in Berlin im Welt-Verlag? erschien, wurde in viele Sprachen übersetzt und machte den Autor weltbekannt. Von 1922-1931 veröffentlichte Ehrenburg insgesamt 19 Bücher, darunter die zeitgeschichtlichen? Romane „Das bewegte Leben des Lasik Roitschwanz“ (1928), „Die heiligsten Güter“ (1931) und „Moskau glaubt nicht an Tränen“ (1932). Daneben erschienen verschiedene Bände mit Gedichten, Feuilletons? und Reisereportagen?. Einen publizistischen Höhepunkt bildete die Veröffentlichung des Bandes „Visum der Zeit“ (1929), der Ehrenburgs Reisereportagen aus vielen Ländern Europas versammelt und unter anderem auch eine Hymne? auf das Berlin der 1920er Jahre enthält. 1927 bis 1933 gab der Berliner Verleger Wieland Herzfelde? Ehrenburgs Werke in elf Bänden heraus. Der avantgardistische? Montagekünstler John Heartfield besorgte die Gestaltung der Einzelbände, was die Bücher später zu bibliophilen Kostbarkeiten machte.

Das Erstarken faschistischer Kräfte in Europa brachte Ilja Ehrenburg wieder in die Nähe der offiziellen Politik der Sowjetunion. In Ehrenburgs Leben begann eine Zeit, in der die publizistische? Arbeit in Vordergrund trat. 1932 ging er auf das Angebot ein, für die sowjetische Regierungszeitung „Iswestija“ als Sonderberichterstatter zu schreiben. Im Auftrag der Redaktion bereiste er Europa und die Sowjetunion. Von 1936 bis 1939 nahm er als Kriegsberichterstatter der „Iswestija“ am Spanischen Bürgerkrieg teil, der mit dem Sieg der faschistischen Truppen endete. Als Ehrenburg sich im Dezember 1937 in Moskau aufhielt, entging er nur knapp den stalinistischen Massenmorden. Er wurde gezwungen, an dem Schauprozess gegen seinen Freund Nikolaj Bucharin teilzunehmen, der mit Bucharins Verurteilung zum Tode endete. Ehrenburg erhielt von Stalin die Erlaubnis, die Sowjetunion zu verlassen. Er ging zurück nach Westeuropa, erst nach Spanien, dann nach Paris.

Nachdem Paris 1940 von deutschen Truppen besetzt worden war, verließ Ehrenburg die Stadt und kehrte endgültig nach Moskau zurück. Von 1941 bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs war er als Kriegsberichterstatter für das offizielle sowjetische Armeeorgan „Krasnaja Swesda“ tätig. Seine radikalen antideutschen Propagandatexte? waren bei Parteifunktionären und Soldaten gleichermaßen beliebt. 1946 berichtete Ehrenburg von den Nürnberger Prozessen gegen die deutschen Hauptkriegsverbrecher.

Nach dem Zweiten Weltkrieg veröffentlichte Ilja Ehrenburg die Romane „Sturm“ (1947), „Die neunte Woge“ (1951) und verschiedene Essaysammlungen, deren literarische Qualität jedoch hinter seinen früheren Publikationen zurückblieb. Zwischen 1953 und 1955 entstand sein Roman „Tauwetter“, der zu einem Symbol der beginnenden Entstalinisierung wurde und beim Erwachen der sowjetischen Gesellschaft nach den Jahren des Terrors eine wichtige Rolle spielte. Ab 1960 veröffentlichte Ehrenburg in mehreren Bänden seine zeitgeschichtlichen Memoiren? „Menschen – Jahre - Leben“. Sie sorgten in vielen Ländern für heftige Diskussionen sowohl über die Ära des Stalinismus als auch über die Person des Autors.

Ilja Ehrenburg starb am 31. August 1967 in Moskau. Er wurde auf dem Friedhof des Novo-Dwitschi-Klosters beigesetzt.

Literarische Arbeiten

Julio Jurenito, Roman (1922)

Ilja Ehrenburgs satirischer Roman „Die ungewöhnlichen Abenteuer des Julio Jurenito und seiner Jünger“ erschien erstmals 1922. Der fiktive Julio Jurenito ist ein mexikanischer Philosoph und Revolutionär. Seine Jünger, zu denen auch der russische Jude Ilja Ehrenburg zählt, stammen aus Russland, Italien, Frankreich, Deutschland, den USA und dem Senegal und verkörpern ihre Nationen. So ist zum Beispiel der Amerikaner ein gieriger Kapitalist und der Deutsche ein bleicher Student und Ordnungsfanatiker.

Ehrenburg prangert in seinem Roman die moderne Zivilisation und den Moloch Staat sowie die menschliche Dummheit und Verlogenheit an. Sein Hohn richtet sich dabei nicht nur gegen den Kapitalismus und den Westen, sondern auch gegen den Kommunismus und die junge Sowjetunion.

Der Roman ist zudem eine Parodie auf den christlichen Passionsbericht, dessen Sprache er travestieartig umdichtet. Eine Szene, in der Lenin porträtiert? wird, hatte zur Folge, dass der Roman nach 1928 in der Sowjetunion nicht mehr erscheinen durfte. „Die ungewöhnlichen Abenteuer des Julio Jurenito und seiner Jünger“ war Ilja Ehrenburgs größter literarischer Erfolg.

Tauwetter, Roman (1954-1956)

Ilja Ehrenburgs Roman „Tauwetter“ entstand von 1953 bis 1955, wurde 1954 in Teilen in der Zeitschrift? Znamja veröffentlicht und lag 1956 erstmals in einer vollständigen Buchfassung vor. Nach dem Tode Stalins 1953 gab der Roman einer ganzen Epoche den Namen: Nach der politischen und gesellschaftlichen Eiszeit in den Jahren des stalinistischen Terrors hatten in der Sowjetunion der politische Frühling und eine Zeit des Umbruchs begonnen. Am Ende dieser Entwicklung stand die Perestroika.

Der Roman spielt in einer sowjetischen Provinzstadt unter Lehrern, Künstlern und Industriearbeitern. Erzählt wird die Geschichte zweier Liebespaare?, die nach einer Reihe von Konflikten ein glückliches Ende findet.

Heftige Angriffe von der offiziellen sowjetischen Literaturkritik löste vor allem der erste Teil des Romans aus. Darin übt Ehrenburg fundamentale Kritik an der sowjetischen Gesellschaftsordnung unter Stalin. Zu den radikalsten Kritikern des Romans gehörten die sowjetischen Schriftsteller Konstantin Simonow? und Michail Scholochow? sowie der spätere sowjetische Regierungschef Nikita Chruschtschow. Ihr gemeinsamer Vorwurf – in dem auch antisemitische Untertöne zu vernehmen waren – lautete, dass Ehrenburg insgesamt ein zu düsteres Bild von den Ereignissen zeichne. „Tauwetter“ wurde dennoch ein großer Erfolg und begleitete eine Phase der Liberalisierung in der Sowjetunion.

Übrigens ...

In Berlin-Friedrichshain existiert in der Karl-Marx-Allee 103 das Café Ehrenburg. Mit ihrer Namenswahl hatten die Betreiber Protest von verschiedensten Seiten geerntet. Dabei spielte der Vorwurf eine Rolle, dass Ehrenburg während des Zweiten Weltkriegs in seinen antideutschen Propagandatexten zu Kriegsverbrechen aufgerufen habe.

Ehrungen

  • 1942 Stalin-Preis
  • 1947 Stalin-Preis
  • 1954 Stalin-Preis

Werke (Auswahl)

  • Bücher von Ilja Ehrenburg bei Jokers
  • My Paris (mit El Lissitzky?), Göttingen, Steidl Verlag 2005, ISBN-13: 978-3882439274
  • Das Schwarzbuch. Der Genozid an den sowjetischen Juden (mit Wassilij Grossman?), Reinbek, Rowohlt Verlag 1994, ISBN-13: 978-3498016555

Sekundärliteratur

  • Marcou, Lilly: Wir größten Akrobaten der Welt. Ilja Ehrenburg. Berlin, Aufbau Taschenbuch Verlag 1996, ISBN-13: 978-3746612591

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