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Erzähler

Der Erzähler steckt im Text - (c) S. Hofschlaeger/PIXELIO

Ein Erzähler ist zunächst ganz allgemein ein Verfasser erzählender Prosa-Werke. So sagt man beispielsweise von einem Schriftsteller, dass er ein guter Erzähler ist, womit gemeint ist, dass er durch Handlungsaufbau und lebendige Sprache den Leser in Bann zu ziehen vermag.

In der Literaturwissenschaft dann unterscheidet man zwei Erzählertypen, 1. den mündlichen Erzähler, 2. den schriftlichen Erzähler. Beide Erzählertypen existieren heutzutage nebeneinander. Während der mündliche Erzähler eine natürliche (also reale) Person ist, handelt es sich beim schriftlichen Erzähler um eine fiktive Gestalt, die jedoch nicht mit dem Autor eines epischen Werkes verwechselt werden darf.

Foto: Stephanie Hofschlaeger / pixelio.de

Definition

Erzähler ist ein Fachbegriff aus der Literaturwissenschaft und spielt vor allem in der modernen Erzähltheorie eine wichtige Rolle. Man unterscheidet zwei Erzählertypen, 1. den mündlichen Erzähler, 2. den schriftlichen Erzähler. Beide Erzählertypen existieren heutzutage nebeneinander. Aber das war nicht immer so, denn lange bevor es den schriftlichen Erzähler gab, gab es bereits den mündlichen Erzähler, der seine Zuhörer z. B. bei Volksversammlungen oder an religiösen Festtagen mit überlieferten oder neu ausgedachten Geschichten unterhielt. Besonders populär beim mündlichen Erzählen waren Märchen, Sagen und Mythen. Das mündliche Erzählen wird heute von vielen Literaturexperten als "epische Ursituation" bezeichnet, von der dann die Epik und die schriftliche Erzähltradition ihren Ausgang nahmen.

Während der mündliche Erzähler also eine natürliche Person zum Anfassen, Bejubeln oder Ausschimpfen ist, handelt es sich beim schriftlichen Erzähler um eine fiktive Gestalt, die auf keinen Fall mit dem Autor eines epischen Werkes verwechselt werden darf. Autor und Erzähler sind nicht identisch! Der Autor (z. B. Theodor Fontane, Franz Kafka oder Günter Grass) erschafft sich einen Erzähler, um den Lesern eine Geschichte zu erzählen. Was am Ende des schriftlichen Erzählprozesses herauskommt, ist in den meisten Fällen ein Roman, eine Erzählung, eine Novelle oder ein anderes episches Werk. Durch das Vorhandensein einer Erzählerinstanz unterscheidet sich die Epik übrigens von den anderen literarischen Gattungen, also von der Lyrik und dem Drama.

Als Anregung für seine Geschichte kann der Autor auf verschiedene Quellen zurückgreifen. Er kann von realen Geschehnissen erzählen, die er selbst erlebt hat oder die er z. B. einer Zeitung? oder einer historischen Chronik? entnommen hat. Er kann aber auch von Fiktionen erzählen, die seiner eigenen Phantasie entstammen oder die er anderen literarischen Texten entlehnt hat. Vollendet wird der Vorgang des schriftlichen Erzählens allerdings erst, wenn ein realer Leser das Erzählte liest. Wie der Leser mit dem Erzählten umgeht, bleibt natürlich ihm selbst überlassen. Der Leser kann in der Geschichte ein feines Genussmittel sehen und sich z. B. an der spannenden Handlung oder den witzigen Figuren erfreuen. Der Leser kann aber auch versuchen, den Erzähler der Geschichte möglichst genau und treffend zu analysieren.

Erzähleranalyse

Wer für Schule, Beruf oder ganz einfach aus Interesse die Erzählerinstanz analysieren möchten, findet hier einen Leitfaden zur professionellen Erzähleranalyse. Dieser Leitfaden zeigt, welche Merkmale für den Erzähler eines epischen Textes kennzeichnend sein können.

  • Erzählperspektive

Jeder Erzähler hat eine bestimmte Erzählperspektive. Man unterscheidet zwischen auktorialer, personaler, neutraler und Ich-Perspektive. Die Erzählperspektive zeigt an, von welchem Standpunkt aus der Erzähler auf die Geschichte und die Figuren blickt.

  • Erzählstandort

Jeder Erzähler nimmt einen bestimmten Erzählstandort? ein. Der Erzählstandort bezeichnet die räumliche und zeitliche Nähe bzw. Entfernung, die der Erzähler zum Erzählten und den Figuren hat. Diese reicht von größter Nähe?, bei der unmittelbar aus dem Geschehen heraus erzählt wird, bis hin zu einer weiten Entfernung? von den Geschehnissen.

  • Sichtweise

Jeder Erzähler erzählt aus einer bestimmten Sichtweise?. Hier unterscheidet man zwischen Außensicht und Innensicht. Bei der Außensicht beschränkt sich der Erzähler auf die Schilderung von Handlungen, Verhaltensweisen und besonderen körperlichen Merkmalen der Figuren. Bei der Innensicht gibt der Erzähler z. B. die Gedanken und Gefühle der Figuren wieder.

Wer nun mit der Analyse beginnt, sollte immer daran denken, dass die erwähnten Analyse-Kategorien veränderlich sind. Das bedeutet, dass Erzählperspektive, Erzählstandort? und Sichtweise? im Lauf eines Romans oder einer Erzählung selten konstant bleiben. Gerade für die moderne Literatur? ist es kennzeichnend, dass Erzählperspektive, Erzählstandort? und Sichtweise? häufig wechseln. Hinter diesem Wechselspiel verbirgt sich die Absicht des Autors, Figuren und Ereignisse aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten. Umgekehrt bedeutet das: Je weiter man in der Literaturgeschichte zurückgeht, desto statischer werden Erzählperspektive, Erzählstandort? und Sichtweise? des Erzählers.

"Erzählinstanz" statt "Erzähler"?

Manche Literaturwissenschaftler bevorzugen statt des Erzähler-Begriffs den der Erzählinstanz. Das trägt dem Umstand Rechnung, dass sich hinter der Erzählstimme/ dem Erzähler nicht unbedingt eine - unsichtbare oder aber sichtbare und womöglich in die Handlung verstrickte - Figur verbergen muss.

Literatur

  • Fontane, Theodor: Der Stechlin. München, dtv 1998, ISBN: 978-3423125529
  • Grass, Günter: Die Blechtrommel. München, dtv 1993, ISBN: 978-3423118217
  • Kafka, Franz: Das Schloß. Frankfurt am Main, Suhrkamp Verlag 2006, ISBN: 978-3518458259

Sekundärliteratur

  • Bode, Christoph: Der Roman. Eine Einführung. Stuttgart, UTB 2005, ISBN: 978-3825225803
  • Steinecke, Hartmut / Wahrenburg, Fritz: Romantheorie: Texte vom Barock bis zur Gegenwart. Ditzingen, Reclam Verlag 1999, ISBN: 978-3150180259
  • Wagner, Karl: Moderne Erzähltheorie. Grundlagentexte von Henry James bis zur Gegenwart. Stuttgart, UTB 2002, ISBN: 978-3825222482

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