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Findelgesichter. Gedichte

von<br> Christine Langer

Findelgesichter - (c) Klöpfer&Meyer

„Schönsein heißt so viel wie die Lust am Schauen“, schreibt die Dichterin Langer? in ihrem neuen Gedichtband „Findelgesichter“ und ich kann diesen Satz aus Sicht eines ambitionierten Lesers? und in Bezug auf diese außergewöhnlichen Gedichte als tiefere Wahrheit hinnehmen und unterstreichen. Diese Gedichte, so man sich auf sie einlässt, lassen einen wie benommen und mit großem Respekt vor der Schöpfung in den eigenen Alltag zurückkehren, mit einer verwandelten Sicht auf das Gesagte und Geschriebene demütiger werden.

„Ach dieses Vogelbeerenherz so jung/ In meiner Hand und hart wie Leder“, lese ich da und weiß, dass es sich hier nicht alleine um Naturgedichte handelt, wenn die Natur? auch das Vehikel für die Reflektion des eigenen Lebens und das der anderen ist, mit allem was in ihr geschieht, stattfindet, hervorkommt, vorschwindet, explodiert.

In den Gedichten von Christine Langer bleibt der Mensch angesichts der Natur aufs angenehmste im Hintergrund, reduziert auf sein Dasein und seine Anwesenheit gebündelt in der Stimme der Dichterin. Unnachahmliche Bilder entstehen so, die ihre wunderbare Beobachtungsgabe, ihr unglaubliches Assoziationsvermögen, ihren sorgsam leichten Umgang mit Sprache und ihr sensiblen Umgang mit derselben zeigen: „Wohin fällt das Licht fragst Du mit geschlossenen Augen/ Mit deinem inneren Bild“.

Minutiös beobachtet und beschreibt sie, was sie sieht und lässt melodische Stillleben entstehen, lebendig und nachvollziehbar, voller versteckter und sichtbarer Welten, melodisch und leise, als wären sie ein Traum, aus dem Nichts entstandene „Findelgesichter“. Dabei kommt sie ohne Interpunktion? aus, schreibt erzählte und erlebte Geschichten, die fugenlos ineinander greifen im Rhythmus? der Natur, im Wechsel der Jahreszeiten: „Gereihte Strommasten wie Tannen mit trauernden/ Zweigen.“

Klare Ansagen sind die Titel, die klar und einfach das behandelte Sujet benennen und damit im Leser etwas vorbereiten, von dem er eine eigene Vorstellung hat, „Die Rabenkrähe“ etwa, „Der Morgen“, „Der Abend“, „Die Nacht“, „Das Industriegebiet“. Auf diese Art und Weise wird es ihm leichter gemacht, das unbekannte Bekannte nachzuvollziehen wie „Die schlafenden Pärchen in den Sicheln der Nacht.“ Unverwechselbar ist die Stimme der Dichterin, unverwechselbar wie ihre Gedichte: „Rilkes Augen: sein Panther/ An Ort und Stelle.“

Das Landleben wird als das Leben schlechthin reflektiert und gipfelt in einem Gedicht „Über die Lust zu sehen“, womit sich der Kreis mit dem am Anfang Erwähnten schließt. „Zwischen Blättern hellsichtigen Astlöchern: kleine Lichtungen/ Lichtblicken unter Wolkenfetzen“. Vom Leben und Sterben schreibt die Dichterin, vom Alltäglichen: „Jemand wirft die Hintertür/ Sie schwingt langsam ins Schloß“. „Es ist als wäre dies der Weg“, sagt sie und der Reichtum ihrer Bilder ist grenzenlos, wenn sie zum Beispiel den Tod charakterisiert: „Auch der Tod am Wegrand/ Herrenloses Holz das über der Zeit lag.“

Ihre Gedichte sind „Blinkende Muschelphantasie fürs Kinderauge“. Sie sind ein Ereignis, völlig ungeeignet für die schnelle Lektüre zwischendurch, sind „Regenaugen“: „Regenaugen/ Sammeln sich auf sagbaren Dingen/ Das Lied das sie singen siegelt den Tag.“ Am schönsten aber werden sie von einem Satz charakterisiert, den die Dichterin in einem ganz anderen Zusammenhang, „Die Roten Pferde“, schreibt: „Als hätten sie Flügel/ Eine Idee eine Landschaft ein Stück Ewigkeit.“ Genauso sind sie, mit meinen Worten: bleibend und schön.

Autor: Michael Starcke

Literaturangaben

  • Langer, Christine: Findelgesichter. Gedichte. Verlag Klöpfer&Meyer, Tübingen 2010, 110 S., 16 EUR, ISBN: 978-3940086891

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