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Gernhardt, Robert

Robert Gernhardt - (c) Norbert Balzer

Robert Gernhardt (geb. 13. Dezember 1937 in Reval/Estland; gest. 30. Juni 2006 in Frankfurt am Main) war ein deutscher Schriftsteller, Zeichner, Karikaturist? und Maler. Seine Gedichte und Erzählungen standen häufig in engem Bezug zu tagesaktuellen Ereignissen und zur eigenen Biographie. Er wird zur Gruppe der Neuen Frankfurter Schule gerechnet.

Leben und Schreiben

Robert Gernhardt wurde am 13. Dezember 1937 in Reval (heute Tallinn) in Estland als Sohn eines Richters geboren. Da die Familie zur deutsch-baltischen Minderheit in Estland gehörte, siedelte sie 1939 nach Posen über. Gernhardts Vater fiel 1945 als Soldat im Zweiten Weltkrieg. Die Mutter floh mit ihren drei Söhnen vor der Roten Armee über Hannover nach Göttingen, wo sie sich 1946 niederließ. Aus finanziellen Gründen brachte die Mutter ihre Kinder zeitweise in Kinderheimen unter.

Nach dem Abitur in Göttingen studierte Gernhardt ab 1956 in Stuttgart und Berlin Malerei. Die Malerei, sagte er später, sei die schönste, weil leiseste aller Künste. An der Freien Universität Berlin absolvierte er zudem ein Germanistik-Studium?. Die Absicht, später als Pädagoge in den staatlichen Schuldienst einzutreten, gab er jedoch während des Studiums wieder auf.

„Pardon“

Von 1964 an lebte Gernhardt in Frankfurt am Main, wo er bis Ende 1965 als Redakteur? der neu gegründeten Satirezeitschrift?Pardon?“ tätig war. Danach arbeitete er freiberuflich als Schriftsteller, Zeichner, Karikaturist? und Maler. Zusammen mit Freunden und Kollegen wie F. W. Bernstein? (das ist Fritz Weigle] bediente er bis 1976 die „Pardon?“-Kolumne? „Welt im Spiegel. Die unabhängige Zeitung? für eine saubere Welt“, die großen Einfluss auf die humoristische? Literatur in der Bundesrepublik hatte. Diese Kolumne? enthielt satirische Gedichte, Parodien, Karikaturen? und Comic-Strips?.

Gernhardt veröffentlichte vor allem zu Beginn seiner Laufbahn viele Arbeiten unter Pseudonymen (die häufigsten waren Paul H. Burg, Lützel Jeman, Alfred Karch, Hans Mentz). Als prägende Vorbilder seiner humoristischen?, satirischen und parodistischen Texte nannte er unter anderem Wilhelm Busch, Christian Morgenstern, Kurt Tucholsky, Erich Kästner und Joachim Ringelnatz.

Trotz intensiver schriftstellerischer Produktion sah Gernhardt in der Malerei seine eigentliche Domäne und Berufung. In den 70er Jahren hatte er erfolgreiche Ausstellungen in Berlin, Frankfurt am Main, Regensburg sowie in Österreich und der Schweiz. Seine Theorie der Malerei hat er in dem Sammelband? „Der letzte Zeichner“ (1999) veröffentlicht.

Durchbruch als Lyriker

Gernhardt gehörte 1979 zu den Gründern der Satirezeitschrift?Titanic?“, für die er fast zehn Jahre lang federführend tätig war und in deren Umfeld sich die Schriftsteller-Gruppe der Neuen Frankfurter Schule bildete. In der „Hans-Mentz-Kolumne“ (Hans Mentz war ein Sammelpseudonym von Gernhardt, Eckhard Henscheid?, Bernd Eilert? und anderen Autoren) betrieb er eine geistreiche Humor?- und Komikkritik?, die eine Rezensentin 1989 zu dem Urteil veranlasste, dass ohne diese Kolumne? die Humorlage? in der Bundesrepublik wohl eine gänzlich andere wäre. Die gesammelten Hans-Mentz-Texte sind in dem Band „Was gibt’s denn da zu lachen?“ (1988) erschienen.

Bis in die frühen 1980er Jahre wurde Gernhardt vor allem als kurzweiliger Nonsens-Poet und launiger Witzemacher vom Dienst wahrgenommen, der dem Leser mit harmlos-amüsanten Wortspielen die Zeit vertreibt. Erst im Lauf der 1980er Jahre gelang ihm der Durchbruch zum anerkannten Schriftsteller. Höchste Anerkennung genießt inzwischen seine Lyrik, die die kulturelle, intellektuelle und gesellschaftliche Entwicklung der Bundesrepublik aus der Perspektive eines politisch links stehenden Künstlers widerspiegelt.

Zu seinen wichtigsten Lyrikpublikationen gehören „Besternte Ernte. Gedichte aus fünfzehn Jahren“ (1976, zusammen mit F. W. Bernstein), „Wörtersee. Gedichte und Bildergeschichten“ (1981), „Weiche Ziele“ (1994), „Die K-Gedichte“ (2004) und „Später Spagat“ (2006). In diesen Bänden? greift er traditionelle Lyrikformen wie Sonett?, Couplet? und Knittelvers? auf und füllt sie mit zeitgenössischen Inhalten.

„Ich Ich Ich“

Ähnlich wie in der Lyrik verfuhr Gernhardt auch in seinen Prosaarbeiten: Er griff auf vorhandene Textformen wie Satire, Biographie und Künstlerroman zurück, um aktuelle Themen zu transportieren. Aus seiner Prosaproduktion ragt vor allem der autobiographisch gefärbte Künstlerroman „Ich Ich Ich“ (1982) heraus, dessen Protagonist aus der Großstadt flüchtet, um sich in der italienischen Provinz dem süßen Müßiggang zu widmen und für die Malerei zu leben. Doch bizarre Ego-Rollenspiele und schizophrene Schübe machen ihm einen Strich durch die idyllische Rechnung. Der Roman „Ich Ich Ich“ gehört auch deswegen zu einem der wichtigsten Prosatexte der 1980er Jahre, weil sich darin verschiedene Textformen zu einer großen Literatur-Collage verbinden.

Daneben verfasste Gernhardt Kinderbücher, die von seiner ersten Frau, der Malerin Almut Gernhardt, illustriert wurden – zu nennen sind hier vor allem „Mit dir sind wir vier“ (1976), „Was für ein Tag“ (1978) und „Der Weg durch die Wand“ (1982).

Gernhardt und Rühmkorf lasen auf der Expo 2000 - (c) Rowohlt Verlag

Nachdem Gernhardt gemeinsam mit Peter Rühmkorf auf der Expo 2000 in Hannover aufgetreten war, veröffentlichte der Rowohlt Verlag im Jahr 2002 unter dem Titel "In gemeinsamer Sache. Gedichte über Liebe und Tod, Natur und Kunst" das Buch zur Lesung.

Einen Höhepunkt in Gernhardts Alterswerk markiert der Lyrikband „Die K-Gedichte“, in denen er sich mit seiner Krebserkrankung und mit dem Krieg im Irak beschäftigt.

2004 wurde Gernhardt mit dem begehrten „Heinrich-Heine-Preis?“ der Stadt Düsseldorf ausgezeichnet. Die Jury? begründete ihr Urteil damit, dass Gernhardt ein kritischer Beobachter und Karikaturist? der deutschen Zustände sei. Weitere wichtige Literaturpreise in seinem Leben waren: „Erich-Kästner-Preis?“ (1999), „Deutscher Kleinkunstpreis?“ (2003) und „Wilhelm-Busch-Preis?“ (2006).

Robert Gernhardt starb am 30. Juni 2006. Wenige Tage vor seinem Tod schloss er den Gedichtband „Später Spagat“ (2006) ab. Sein literarischer Nachlass? ging an das Deutsche Literaturarchiv in Marbach.

Übrigens ...

…war Robert Gernhardt an den Drehbüchern von vier „Otto“-Filmen beteiligt.

Auszeichnungen

Werke (Auswahl)

  • Bücher von Robert Gernhardt bei Jokers
  • Wörtersee. EA 1981. Frankfurt am Main, S. Fischer Verlag 1996, ISBN: 978-3596132263
  • Es gibt kein richtiges Leben im valschen. Humoresken aus unseren Kreisen. EA 1987. Frankfurt am Main, S. Fischer Verlag 2002, ISBN: 978-3596129843
  • Die Toscana-Therapie. EA 1987. Frankfurt am Main, S. Fischer Verlag 2007, ISBN: 978-3596171460
  • Reim und Zeit. Gedichte. EA 1990. Ditzingen, Reclam Verlag 1990, ISBN: 978-3150086520
  • Lichte Gedichte. EA 1997. Frankfurt am Main, S. Fischer Verlag 1999, ISBN: 978-3596141081
  • Was deine Katze wirklich denkt. EA 2000. Frankfurt am Main, S. Fischer Verlag 2005, ISBN: 978-3596166541
  • Mit Robert Gernhardt. In gemeinsamer Sache. Gedichte über Liebe und Tod, Natur und Kunst. EA 2002. Reinbek, Rowohlt Verlag 2002, ISBN: 978-3499231544
  • Später Spagat. EA 2006. Frankfurt am Main, S. Fischer Verlag 2006, ISBN: 978-3100255099
  • Denken wir uns. EA 2007. Frankfurt am Main, S. Fischer Verlag 2007, ISBN: 978-3100255105

Hörbücher

  • Erna, der Baum nadelt. Und andere starke Stücke. CD. München, Random House Audio 2007, ISBN: 978-3898308403
  • Denken wir uns. 2 CDs. München, Dhv der Hörverlag 2007, ISBN: 978-3867171410
  • In Zungen reden. Stimmenimitationen von Gott bis Jandl. 2 CDs. München, Dhv der Hörverlag 2003, ISBN: 978-3899402674

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