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Geschichte der deutschen Literatur

von<br> Helmuth Nürnberger

Geschichte der deutschen Literatur - (c) Bayerischer Schulbuch Verlag

Freilich: Dieser Literaturgeschichte fehlt jede Form von Einleitung?, Vor-? oder Nachwort?. Dabei wäre es interessant gewesen nachzulesen, welchen Richtungen sich der Autor bei seiner Darstellung der deutschen? Literatur verpflichtet fühlte, welche Ziele er verfolgte, wie er die Einteilung der Epochen setzte oder die Auswahl der Dichter und Schriftsteller traf. Andererseits ist der Benutzer dieser Literaturgeschichte vielleicht schon so vertraut, dass er diese Informationen nicht mehr benötigt – da es sich immerhin um die 25. Auflage? des Werks handelt.

Das Buch beginnt im 9. Jahrhundert bei der germanischen Dichtung? und führt die deutsche Literatur in einem Ausblick bis in die Zeit vor der Jahrtausendwende. Vom Spätrealismus Ende des 19. Jahrhunderts an wird zusätzlich die Literatur der österreichischen Republik und später (ab 1945) auch Südtirols und der Schweiz aufgegriffen.

Besonders für die ältere Zeit, aber auch immer wieder eingeschoben in die letzten beiden Jahrhunderte stützt sich Nürnberger auf die gängigen Epochenbezeichnungen wie Renaissance? und Humanismus?, Klassik und Romantik, Sturm und Drang, nicht ohne immer wieder auf die Problematik einer solchen einengenden Benennung hinzuweisen. Vor allem für die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg wird seine Etikettierung eindeutig politischer: "Von den Kaiserreichen zur Diktatur: Weimarer und Österreichische Republik", "Literatur im Exil (Der Exodus 1933 und danach)", "Literatur im Dritten Reich und der frühen Nachkriegszeit". Diese Kapitel werden zunehmend durch literarische Gattungen?, Lyrik, Drama, Prosa, Sachliteratur?, Essayistik? untergegliedert.

Die solcherart chronologisch gegliederten Kapitel haben alle die gleiche Struktur. Literatur ist zeitgebunden und spiegelt – bewusst und unbewusst – die allgemeinen historisch-politisch-sozialen Grundlagen, die Kultur, die Ideengeschichte der Zeit ihres Entstehens. Um Literatur über das rein Werkimmanente hinaus zu ver-stehen, ist es nötig, die geistigen Zusammenhänge zwischen Literatur und geschichtlicher Wirklichkeit zu erhellen.

Jedes Kapitel beginnt daher mit einer stichwortartigen Einleitung zur politischen Geschichte, umreißt das Bild von Gesellschaft und Kultur im behandelten Zeitraum und skizziert zudem die zeitgenössische europäische Literatur. In diesen knappen Kontext wird die entsprechende deutsche Literatur eingeordnet, auch dies immer wieder mit den politischen und sozialen Strömungen der Zeit verknüpft und aus ihnen heraus erklärt.

Das großformatige? Buch bietet den Text in Spaltenform?; dadurch entsteht rasch der Eindruck eines typischen Lexikons? oder Nachschlagewerks, zusätzlich durch die vielen fett hervorgehobenen Unterüberschriften wie Werktitel und Dichternamen. Diese Strukturierung verleitet dazu, das Buch auch wie ein Lexikon nur zum gezielten Nachschlagen zu benutzen und den Text nicht kontinuierlich zu lesen. Beides hat Vor- und Nachteile. Der Lexikoncharakter ermöglicht eine schnelle überblickartige Information, die sich aus einzelnen Punkten zusammensetzt, erlaubt aber nicht unbedingt ein größeres zusammenhängendes Bild. Die Informationen sind jedoch in ihrer Knappheit hervorragend aus-gewählt, präzise und – soweit in dieser Fülle überhaupt überprüfbar – stimmig. Der Autor zeigt ein profundes Verständnis für die Zusammenhänge von Zeitgeschichte und Literatur sowie für "Innerliterarisches".

Er erhellt die künstlerische Eigenart der Dichter und Schriftsteller, zeigt auf, was aus ihrem Werk typisch für die Zeit oder Gattung ist und erarbeitet daran ihre Zugehörigkeit zu der jeweiligen Epoche oder Strömung?. Dabei legt er generell Wert auf größte Quellennähe?. Die einzelnen Werke werden nicht nur literaturgeschichtlich betrachtet und gewürdigt, sondern oft in Textproben dargestellt und durch Interpretationen erläutert. Aus diesen Bausteinen setzt sich der Überblick über Personen, Gattungen, Zeitströmungen der deutschen Literaturgeschichte mosaikartig zusammen. Dabei findet auch die Kinder- und Jugendliteratur immer wieder in ihren bekanntesten Vertretern Berücksichtigung.

Reiches Bildmaterial ergänzt auf nahezu jeder Doppelseite die Texte und trägt zur Veranschaulichung bei: In den frühen Zeitabschnitten überwiegen Abbildungen von Gemälden, zeitgenössischen Stichen, frühen Drucken?, Titelbildern?, Flugblättern?; mit der Klassik treten verstärkt plastische und figürliche Darstellungen hervor, später auch Federzeichnungen. Oft ergänzen Schwarzweiß- und Farbfotografien die Texte, sei es durch Abbildungen von Gebäuden, Landschaften oder Denkmälern, Porträts der Dichter selbst, Bühnenbilder einer Aufführung, Aufnahmen aus Inszenierungen und Verfilmungen.

Es ist nicht möglich zu zählen, wie viele Namen von Autoren und Personen, die sich anderweitig mit Literatur befasst haben, in das Werk aufgenommen sind. Das jeweils vierspaltige Personenregister? nennt pro Seite im Durchschnitt 120– 130 Namen und erstreckt sich über elf Seiten?. Nicht weniger umfangreich ist das dreispaltige fünfzehnseitige Werkregister, das nur die wichtigeren und ausführlicher behandelten Werke auflistet.

Das Verzeichnis? weiterführender Literatur samt Quellenausgaben gliedert sich den Zeitabschnitten und Kapiteln entsprechend und beschränkt sich (sinnvollerweise!) auf grundlegende Werke, die umfassende Übersichten geben wollen. Literatur zu einzelnen Autoren oder Problemstellungen bleibet ausgeklammert.

Fazit: Die Literaturgeschichte von Helmuth Nürnberger? ist ein ausgesprochen gelungener Versuch, die deutsche Literatur für ein interessiertes Lesepublikum mit Vorkenntnissen und einem grundlegenden Fachvokabular darzustellen. Es eignet sich für Schüler und Studenten ebenso wie für alle, die an der nationalen und weit darüber hinausgehenden Literatur interessiert sind, Phänomenen auf den Grund gehen oder Anregungen für eine eigene weitere Auseinandersetzung haben wollen. Das Buch gehört in jede Schüler- und Lehrerbibliothek und eignet sich vor allem in der Darstellung des Hintergrundwissens ganz besonders zum Erarbeiten von Hausarbeiten und Referaten, über das Fach Deutsch hinaus, jeweils ab Sekundarstufe II.

Originalbeitrag unter www.alliteratus.com

Literaturangaben

  • Nürnberger, Helmuth: Geschichte der deutschen Literatur, Bayerischer Schulbuch Verlag, München 2006, 864 S., 31 €, ISBN: 978-3-7627-2531-2

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