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Geschichte des Lesens in China

Schriftträger vor der Erfindung des Papiers

Bronze

Peking, Verbotene Stadt - (c) Dieter Schütz/PIXELIO

Die Verwendung der Bronze als Schriftträger hat eine große Bedeutung in der Geschichte der Schrift in China. In der Shang Dynastie (16-14. Jh. v. Chr.) wurden ganze Schriften in Bronzegefäße geschnitzt. Diese enthielten den Name des Herstellers oder Besitzers und den Verwendungszweck. Später wuchs die Anzahl der Schriften und deren Inhalt. Die Schriften werden ming wen oder geschnitzte Schriften genannt.

Foto: Dieter Schütz/pixelio.de

Holz

Die chinesischen "Holz-Bücher" heißen Ban Du. Die Ban Du haben unterschiedliche Länge und Breite. Es gab sehr schmale Ban Du, auf welchen die Schriftzeichen? untereinander angeordnet wurden. Aufgrund der Tatsache, dass im Chinesischen ganze Wörter durch einzelne Zeichen dargestellt werden, ist es möglich, diese untereinander auf schmalen Hölzern anzuordnen.

Bambus

Wenn man von Ban Du spricht, so denkt man an Jian Ce. Jian Ce steht für Bücher aus Bambus. Ein Bambustäfelchen bezeichnet man als Jian. Ein Jian hat, je nach Wichtigkeit eines Buches, eine bestimmte Länge. Jedes Jian besteht aus einer von oben nach unten geschrieben Zeichenreihe. Um ein Werk? zu schreiben, brauchte man daher viele Jian. Man verband die Jian meistens mit Flachs. Die zusammen gebundenen Jian bezeichnet man Ce, weshalb dieses Buchsystem auch Jian Ce-System genannt wird. Hier liegt auch der Ursprung dafür, dass die Chinesen bei der Bezeichnung eines Buches das Wort „Ce“ stets mitverwenden.

Seide

In China hatte man mehr und mehr das Problem, dass Bambus-und Holz-Bücher sehr schwer wurden und viel Platz benötigten. Wenn zudem der verwendete Flachs verfaulte, fielen die Täfelchen auseinander und es war schwer, die Reihenfolge der Täfelchen wieder herzustellen. Deshalb wurden Bambus und Holz durch die Verwendung von Seide verdrängt. Diese war allerdings für das gemeine Bürgertum zu teuer, was letztlich mit zu der Erfindung des Papiers beitrug.

Leser

In der Geschichte waren es zunächst hochgestellte Männer, die der Leserschaft angehörten. Vor der Erfindung des Buchdrucks? mussten die sogenannten Büchersammler Bücher selbst abschreiben?. Jedoch war der Bedarf so hoch, dass ein neuer Beruf, der des Abschreibers?, entstand. Männer aus ärmlicheren Familien, die von Beruf Abschreiber waren, lasen sehr viel, um dadurch unter Umständen sozial aufsteigen zu können. Männer, die im Kaiserhaus arbeiteten, hatten weitaus bessere Chancen, da viele Bücher nur im Kaiserhaus gelesen werden durften.

Seitdem Konfuzius? im Volk lehrte, wurden die Bücher vom Kaiserhaus auch dem Volk zugänglich. Die Schüler des Konfuzius waren stets Männer und stammten aus jeder Klasse der Gesellschaft. Das heißt aber nicht, dass Frauen überhaupt nicht lasen. Frauen in wohlhabenderen Häusern, im Kaiserhaus und aus Familien mit einem literarischen Hintergrund lasen Werke? für Frauen wie "Gespräche für Frauen", "Der Klassiker der Kindespietät für Frauen" oder den "Vier-Zeichen-Klassiker für Frauen". Hierzu gibt es noch ein erwähnenswertes Phänomen in Südchina. Und zwar die Frauenschrift aus Jiangyong, einem kleinen Dorf in der Provinz Hunan. Diese Schrift wird von den dort lebenden Frauen selbst entwickelt und auch nur von ihnen verstanden. Durch die eigene Schriftsprache können die Leserinnen miteinander kommunizieren und ihr eigenes Leid, ihre Gefühle und Gedanken darlegen, ohne dass die Männer dies verstehen können. Somit haben diese Frauen, was die Kommunikation angeht, quasi den Männern gleichgestellt und haben auch das Recht, sich zu äußern.

Lesestoff

Im chinesischen Altertum mussten die Gelehrten "Vier Bücher" lesen, die klassischen Werke des Konfuzianismus, nämlich Daxue (Das Große Lernen), Lunyu (Die Analekten des Konfuzius), Zhongyong (Maß und Mitte) und Mengzi. Andere berühmte Bücher sind die "Fünf Klassiker", nämlich Yijing? (das Buch der Wandlungen), Shijing (das Buch der Lieder), Shujing (Das Buch der Urkunden), Liji (das Buch der Riten) und Chunqiu (Die Frühlings- und Herbstannalen). In der Tang Dynastie (618-907) wurden Gedichte, Zeichenbücher?, Bücher für den alltäglichen Gebrauch, Schulbücher und kanonische? Schriften des Buddhismus gedruckt. In der Song und Yuan Dynastie (1279-1386) wurden zudem Werke aus ehemaligen Dynastien, Nachschlagewerke? für den alltäglichen Gebrauch, Prüfungen und Volksliteratur gedruckt. In der Ming Dynastie (1386-1644) waren nun Bücher mit Bildern sehr populär.

Motivation

Das Lesen in China hatte meist mit Bildung zu tun. Ein entscheidendes Moment konnte zum Beispiel das Bestehen der Beamtenprüfung sein. Das System der Beamtenprüfung war ein Mittel des Kaisers, die Kandidaten für den amtlichen Dienst auszuwählen, egal ob man reich oder arm war. Deshalb bot die Prüfung für das gemeine Volk die Chance, den sozialen Aufstieg zu realisieren. Die Inhalte der bereits genannten "Vier Bücher" wurden immer in der Prüfung abgefragt. In China sagt man: "Man lernt zehn Jahre hart, um auf die Goldene Liste zu kommen" oder "Man findet das Goldene Haus im Buch". Die Goldene Liste steht für die Namensliste der Kandidaten, die die Beamtenprüfung bestanden hatten. Das Goldene Haus bedeutet, dass man durch Lernen und Lesen irgendwann die Beamtenprüfung bestehen und durch den sozialen Aufstieg ein eigenes Vermögen aufbauen konnte.

Lautes Lesen

Im alten China war das laute Lesen sowohl beim individuellen Lesen als auch beim Vorlesen? üblich. Normalerweise las man laut, wobei man den Kopf mit dem Rhythmus eines Textes bewegte, damit man das Tempo und den Klang verbessern konnte. Als Folge geriet man in einen Freudentaumel aufgrund des Inhalts und Klangs der chinesischen Sprache. Das laute Lesen ist bis heute noch eine pädagogische Methode. In der alten und heutigen chinesischen Schule sollen die Schüler berühmte Texte und Gedichte der Klassiker im "Kopf behalten". Wenn man einen Text gleichzeitig sieht, ausspricht und hört, werden alle Sinne angesprochen. Somit ist es leichter, den Text zu verinnerlichen.

Lesen "gehörte" den Mächtigen

In China war das Kaiserhaus eine mächtige Institution. Vor Konfuzius gab es Bücher nur im Kaiserhaus. In der Han Dynastie (206 v. Chr.-220 n. Chr.) im Westen Chinas durften außer dem Kaiser nur Beamte, die die Bücher verwalteten, und Personen, die die Genehmigung des Kaisers zu Arbeits- oder Forschungszwecken bekamen, die staatlichen Bücher lesen. Erst in der Weijin Dynastie (220-589) durften private Personen die staatlichen Bücher ausleihen.

Klassisches Chinesisch dominierte die Welt des Lesens

In China war die Schriftsprache? das Klassische Chinesisch. Sie unterscheidet sich sehr von der gesprochenen Sprache. Ohne die Schriftsprache zu erlernen, kann man sie auch fast nicht verstehen. Im alten China wurde die Schriftsprache nur von wenigen Menschen beherrscht. Diese stammten nämlich aus der Oberschicht der Gesellschaft oder waren diejenigen, die durch viel Lesen und Lernen die Sprache für die Beamtenprüfung beherrschten. Aus diesem Grund hatten die gemeinen Bürger sehr wenig Lesestoff, besonders was literarische Texte betraf. Diese Situation hatte Jahrhunderte angedauert. Erst seit der Song Dynastie (960-1279) sind literarische Werke in der Alltagsprache entstanden. Es gab allerdings nur wenige Werke in der Alltagsprache, da diese weniger galt als das Klassische Chinesisch. Die Schriftsprache dominierte immer noch die Welt des Lesens.

Die bedeutende Wende war die Bewegung des vierten Mai zwischen 1915 und 1925. Es handelt sich um eine politische, literarische und geistige Strömung in der chinesischen Geschichte. Infolge deren wurde die Schriftsprache (Klassisches Chinesisch) häufiger durch die nun stark geförderte Alltagsprache ersetzt. Seitdem dominiert das klassische Chinesisch die Kultur des Lesens immer weniger.

Bücherverbrennungen

In der Qin Dynastie (221 v. Chr.-207 v. Chr.) ließ der Kaiser fast alle Schriften bis auf u.a. medizinische Bücher Buedherverbrennung < verbrennen? und ca. 460 Intellektuelle lebend begraben, um die Ideologie der anderen Strömungen zu zerstören und seine Diktatur zu sichern. Andere Beispiele im alten China sind die „Literarische Inquisition“ und die Bücherverbrennungen in der Qing Dynastie (1616-1912). Die Literarische Inquisition war ein Mittel der politischen Verfolgung Intellektueller, die Werke gegen die Qing geschrieben oder sich durch Reden geäußert hatten, zum Beispiel Zhuang Tinglongs Schriften über die Geschichte der Ming Dynastie (vor Qing Dynastie). Weil es verboten war, sich über die ehemalige Dynastie zu äußern, wurden seine Angehörigen und alle Leute, die damit zu tun hatten, getötet. Die Diktatoren verfolgten durch Bücherverbrennungen und Uminterpretierungen der literarischen Schriften ihre eigenen Zwecke. In der modernen chinesischen Geschichte war die Kulturelle Revolution (1966-1976) sozusagen die moderne Literarische Inquisition. Zahllose Intellektuelle wurden politisch verfolgt. Viele historische Sehenswürdigkeiten, Kulturgegenstände und Antiquitäten wurden zerstört.

Literatur

  • Führer, Bernhard: Aspekte des Lesens in China in Vergangenheit und Gegenwart. Hrsg. von Bernhard Führer. Bochum: Projekt Verlag 2005.
  • Jin, Zheng: Keju zhidu yu zhongguo wenhua (Das System der Beamtenprüfung und die chinesische Kultur). Shanghai: Shanghai Volksverlag 1990. (In Chinesisch)
  • Lai, Xinxia u. a.: Zhongguo gudai tushu shiye shi (Die Geschichte des chinesischen Buchwesens in der Antike). Shanghai: Shanghai Volksverlag 1990. (In Chinesisch)
  • Liu, Guojun und Zheng, Rusi: The Story of Chinese Books. Beijing: Foreign Language Press 1985.
  • Liu, Guojun: Zhongguo gudai shuji shihua (Die Geschichte des chinesischen Buches in der Antike). Hongkong: Zhonghua Buchverlag 1972. (In Chinesisch)
  • Luo, Xiaoge: Women’s writing and women in Chudi. Beijing: Jiuzhou Verlag 2004.
  • Xiao, Dongfa: Zhongguo bianji chuban shi (Die Geschichte der chinesischen Edition und Publikation). Shenyang: Liaozhong Bildungsverlag 1996. (In Chinesisch)
  • Zhou, Youguang: The Historical Evolution of Chinese Languages and Scripts. Columbus: Foreign Language Publications & Services 2003.

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