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Kaminski, André

André Kaminski (geb. 19. Mai 1923 in Genf; gest. 12. Januar 1991 in Zürich) war ein Schweizer Schriftsteller, Fernsehregisseur und Dramaturg. Seine bekanntesten Romane sind „Nächstes Jahr in Jerusalem“ (1986) und „Kiebitz“ (1988).

Leben und Schreiben

André Kaminski wurde am 19. Mai 1923 als Sohn eines Psychiaters und einer Apothekerin geboren. Der polnische Vater und die aus Österreich-Ungarn stammende Mutter waren nach dem Ersten Weltkrieg in die Schweiz emigriert. Dort wuchs André Kaminski auf und wurde von seinen Eltern zum Kommunisten erzogen. Er studierte an den Universitäten in Genf und Zürich Geschichte, promovierte 1947 mit einer Arbeit zur Kirchengeschichte und habilitierte anschließend mit einer Schrift zur Agrargeschichte.

André Kaminski - (c) Suhrkamp Verlag

André Kaminskis berufliche Laufbahn begann als Privatdozent an der Universität in Genf. 1950 legte er seine Dozentur nieder und ging nach Polen, wo er als überzeugter Kommunist beim Wiederaufbau des Landes helfen wollte. In einem Interview begründete er diesen Schritt damit, dass er sich geschämt habe, den Krieg in der Schweiz auf dem Trockenen in der Prominentenloge betrachtet zu haben. In Polen war Kaminski als Produzent und Dramaturg für Theater, Rundfunk und Fernsehen tätig. Es entstanden mehr als 30 Theater- und Fernsehspiele in polnischer Sprache.

In den 50er und 60er Jahren arbeitete er als Auslandskorrespondent für das polnische Fernsehen in Algerien und Marokko. Als Dissident wurde Kaminski 1968 aus Polen ausgebürgert und musste wie 20.000 weitere Juden in jenem Jahr das Land verlassen. Er lebte ein Jahr in Israel, kehrte dann in die Schweiz zurück, wo er bis zu seiner Pensionierung als Dramaturg beim Schweizer Fernsehen arbeitete.

André Kaminski als Schriftsteller

Nächstes Jahr in Jerusalem - (c) Insel Verlag

André Kaminskis autobiographische Romane und Erzählungen waren große Publikumserfolge und ermöglichten ihm ab 1986 eine Existenz als freier Schriftsteller. Nach seinen Lieblingsautoren befragt, nannte er in einem Interview so unterschiedliche Schriftsteller wie Gottfried Keller, Mark Twain und John Dos Passos. Diese prominente Patenschaft ist Kaminskis literarischen Arbeiten deutlich anzumerken: Es gab in den 80er Jahren im deutschsprachigen Raum nur wenige Autoren, deren Bücher von einer derartig ungebändigten Fabulierlust sprühten wie die Romane und Erzählungen André Kaminskis. Fiktion und Realität, Privates und Gesellschaftliches gingen in seinem Werk? durchgängig eine enge Verbindung ein. Dabei stellte Kaminski immer das allgemein Menschliche in den Mittelpunkt seiner Texte.

„Nächstes Jahr in Jerusalem“ (1986)

Nach dem erotischen Erzählband „Herzflattern“ (1984) veröffentlichte André Kaminski den humorvollen Familienroman „Nächstes Jahr in Jerusalem“ (1986), der von Kritik und Publikum? mit Lobeshymnen aufgenommen wurde. Mit Witz, Ironie? und überbordender Fabulierfreude spürt Kaminski den Wurzeln seiner Vorfahren nach. Die Handlung beginnt Ende des 19. Jahrhunderts und endet mit der Geburt des Ich-Erzählers Andrzej. Am Schluss des Buches erfährt der Leser, der dem Erzähler von Warschau nach Berlin, von London nach Rom, von Wien nach New York gefolgt ist, dass sich diese Familiengeschichte vielleicht auch ganz anders zugetragen hat. Denn für Daten, Orte und biographische Details möchte Andrzej lieber keine Verantwortung übernehmen. Ein Rezensent lobte: Für tief schürfende Überlegungen sei in diesem Familienroman glücklicherweise kein Platz, denn alle Widrigkeiten, so lehre Kaminski den Leser, gleichgültig ob politischer oder privater Natur, seien nur farbige Anekdoten im menschlichen Leben, das so oder so weitergehe. Durch den Roman „Nächstes Jahr in Jerusalem“ wurde André Kaminski im deutschsprachigen Raum zum Bestsellerautor.

„Kiebitz“ (1988)

Eine Lesereise? führte André Kaminski im Sommer und Herbst 1986 durch 102 deutsche Städte. Es war das erste Mal, dass Kaminski Deutschland besuchte. Die auf dieser Reise entstandenen Aufzeichnungen und Notizen? veröffentlichte er wenig später in dem Reisetagebuch? „Schalom allerseits“ (1987). Der Band? enthält unter anderem Reflexionen über den deutsch-jüdischen Alltag und über Kaminskis eigene Klischeevorstellungen von Deutschland.

1988 folgte André Kaminskis zweiter, autobiographisch gefärbter Roman „Kiebitz“, in dessen Mittelpunkt der heimatlose Jude Gideon Esdur Kiebitz (der Name bedeutet „Schaulustiger“) steht. In der Schweiz geboren, ist Kiebitz seit seiner frühsten Jugend von der Sehnsucht erfüllt, „ein Leben aus erster Hand“ zu führen. Kiebitz geht nach Polen, wo er ein Opfer der Ausbürgerungswelle von 1968 wird. Seine Familie in Polen zurücklassend, emigriert er nach Wien und verliert dort durch die Wucht der Ereignisse seine Sprache. In seiner Not entsinnt sich Kiebitz eines Schulfreundes, der in Zürich als Psychoanalytiker tätig ist. Der radikale Antisemitismus des Schulfreundes stört Kiebitz wenig. Beide beginnen einen Briefwechsel?, in dem Kiebitz seine turbulente Lebensgeschichte erzählt und ihn der Psychiater analysiert. Am Ende steht der gewünschte Erfolg: Kiebitz findet seine Sprache wieder. Und nicht nur das! Er kommt auch zu der Einsicht, dass er – gerade wegen der Irrungen und Wirrungen, die auf seinem Lebensweg lauerten – von Anfang an, das ersehnte Leben aus erster Hand geführt hat. Im Feuilleton? wurde der Roman kontrovers diskutiert, wobei die lobenden Stimmen deutlich überwogen. Besonders überzeugt waren die Rezensenten vom bunten Figurenensemble, das dem Roman einen eigentümlichen Charme verleiht.

„Flimmergeschichten“ (1990)

1990 folgte der Erzählband „Flimmergeschichten“, in dem Kaminski seine Erfahrungen beim Fernsehen und mit der polnischen Zensur und Propaganda behandelt.

Im Alter von 67 Jahren ist André Kaminski am 12. Januar 1991 in Zürich gestorben.

Übrigens …

lautete der Titel von André Kaminskis Doktorarbeit „Der Niedergang der städtischen Hoheitsrechte des Bischofs von Genf“ (1947).

Ehrungen

Werke (Auswahl)

  • Bücher von André Kaminski bei Jokers
  • Die Gärten des Mulay Abdallah. Neun wahre Geschichten aus Afrika. EA 1983. Frankfurt am Main, Suhrkamp Verlag 1983, ISBN: 978-3518374306
  • Herzflattern. EA 1984. Frankfurt am Main, Suhrkamp Verlag 1984, ISBN: 978-3518375808
  • Nächstes Jahr in Jerusalem. EA 1986. Frankfurt am Main, Suhrkamp Verlag 2007, ISBN: 978-3518380192
  • Schalom allerseits. Tagebuch einer Deutschlandreise. EA 1987. Frankfurt am Main, Insel Verlag 1998, ISBN: 978-3458145820
  • Kiebitz. EA 1988. Frankfurt am Main, Insel Verlag 1988, ISBN: 978-3458146186
  • Flimmergeschichten. EA 1990. Frankfurt am Main, Insel Verlag 1990, ISBN: 978-3458160946

Hörspiele

Sekundärliteratur

Links

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