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Kettenbuch-Bibliothek

Kettenbuch, Bibliothek des Hamburger Christianeums - (c) Michail Jungierek

Mittelalterliche Buchbestände wurden in einfacher, aber effektiver Weise vor Diebstahl geschützt: an kettete sie an die Lesepulte? an.

Als Beispiele für die ältesten Bibliotheken mit Kettenbüchern sind die Buchbestände in Cesana (1450), in Florenz (1571), in Goldberg/Schlesien (15.Jh.), in Paris (1330) und in Cambridge (1350) überliefert. Neben den Universitäten waren derartige Bibliotheken häufig Kernstück von Kirchen- oder Klosterbibliotheken.

Kettenbuch-Bibliotheken fanden bis in das 18. Jahrhundert hinein Verwendung, durch die Ausbildung eines breiten Bibliothekswesens in Europa aber waren sie ab dem Ende des 17. Jahrhunderts eher die Ausnahme.

Kettenbücher sowie Teile von Kettenbuch-Bibliotheken sind heutzutage noch in Klöstern, Stadtarchiven, Heimatmuseen usw. zu besichtigen:

  • Die Kettenbuch-Bibliothek in Leyden befindet sich in einem noch ursprünglichen Zustand.
  • Weitere umfangreiche alte Bestände an Kettenbüchern im Originalzustand sind in der 1452 gestiftete Biblioteca Malatestiana im italienischen Cesena, in Zutphen (Niederlande) und in Hereford (Großbritannien) erhalten.
  • Im Benediktinerkloster Schaffhausen sind rund 40 Kettenbücher in der Ministerial-Bibliothek aufbewahrt.

Digesten des Kaisers Justinian, Wiegendruck vor 1500 aus der einstigen Bibliothek des Franziskanerklosters in Saalfeld - (c) Stadtmuseum Saalfeld

  • Die wissenschaftliche Bibliothek des Stadtarchivs Hildesheim beherbergt sechs Kettenbuchbände einer neunteiligen Gesamtausgabe der Schriften Martin Luthers, die in Jena von 1560 bis 1563 gedruckt wurden.
  • Auch im Besitz der Stadtbibliothek Schaffhausen befinden sich noch eine Reihe von gut erhaltenen Kettenbüchern.
  • In der Dauerausstellung des Stadtmuseums im thüringischen Saalfeld kann ein ganzes Pult mit angeketteten Büchern besichtigt werden.

Kettenbuch-Bibliothek als Pultbibliothek

Die Kettenbuch-Bibliotheken waren aufgrund ihres Aufbaus Pultbibliotheken?: Der Bestand musste ja an die Pulte angekettet werden. Die Lesepulte bestanden zumeist aus schwerem und stabilem Eichenholz.

Allen bekannten Pultbibliotheken gemeinsam war die Anordnung der Lesepulte. Diese standen jeweils rechtwinklig zu den Außenwänden. Eine solche Anordnung erlaubte die optimale Nutzung des Tageslichtes an allen Arbeitsplätzen.

Pultbibliothek im Stadtmuseum Saalfeld - (c) Stadtmuseum Saalfeld

Unterschiede gab es in der Bauform der Pultbibliotheken und somit in der Art der Benutzung, in der jeweiligen Befestigung der Bücher selbst und in den Ablagemöglichkeiten, sprich der Zahl an unterzubringenden Bänden.

Es gab Pultbibliotheken, in denen die Nutzer hintereinander saßen. Und es gab solche mit Doppelpulten, also gegenüberliegenden Leseplätzen. Einige dieser Bibliotheken waren für das Lesen im Sitzen und wieder andere für die stehende Benutzung konzipiert. Vorteil der höheren Pulte zum stehenden Lesen war das größere Platzangebot für Bücher durch eine meist weitere Ablagefläche in Beinhöhe.

Die in schwerem Leder eingebundenen Bücher besaßen für die Aufnahme des ersten Kettengliedes am oberen Bund entweder einen Lederlappen oder aber einen Anschlag aus Metall. Das andere Ende der Kette war besonders in kleineren Bibliotheken direkt am Pult befestigt. In größere Bibliotheken mit einem umfangreicheren Bestand verfügten die Pulte am oberen Ende über eine durchgehende Metallstange, an der die Kettenbücher wie an einer Perlenschnur aufgefädelt waren. Die Stangen waren am Ende mit einem Schloss gesichert.

Wozu Kettenbücher?

Im Wesentlichen gibt es drei Gründe für diese Form der Buchaufbewahrung oder besser der Buchbereithaltung zur Benutzung.

Zum einen waren die kostbaren Bände durch das Anketten vor dem Herunterfallen geschützt und zum anderen war die innere Ordnung des Bibliotheksbestandes auf einfache Weise gesichert. Der hauptsächliche Grund aber liegt gewiss in der Absicherung vor Diebstahl.

Beispielsweise kostete im 15. Jahrhundert eine gedruckte? lateinische Bibel 10 Gulden. Ein solcher Preis war für den durchschnittlichen Bürger kaum aufzubringen, entsprach er doch in etwa dem Preis von drei ausgewachsenen Ochsen. Es ist verständlich, dass Bücher somit als Diebesgut recht attraktiv waren. Hinzu kamen wandernde Gelehrte, die sich ab und an aus den reichen Beständen der Klosterbibliotheken das eine oder andere Buch ausliehen? und dann die Rückgabe „vergaßen“.

Also ersann man die Sicherung der kostbarsten Exemplare bzw. der am häufigsten nachgefragten Bände durch das beschriebene Anketten an Lesepulte. Die auf solche Art und Weise gesicherten Stücke verblieben über längere Zeit an Ort und Stelle und bildeten somit als Pultbibliothek den Präsenzbestand? der jeweiligen Bibliotheken in ihrer Gesamtheit.

An den Statuten der Universität Cambridge lässt sich die zeitlich ausgedehnte Beibehaltung der einmal hergestellten Ordnung einer Pultbibliothek gut nachvollziehen. Eine Auswahl der Regeln zur Benutzung besagt: In die Bibliothek dürfen keine weiteren Bücher eingestellt und dort angekettet werden. Als Ausnahmen gelten besonders wertvolle Bücher. Eine weitere Ausnahme ist möglich, wenn man dem Willen des Schenkers entsprechen möchte. Natürlich darf kein Buch aus der Bibliothek entfernt werden. Erste Ausnahme ist hier, wenn es zu einem Thema eine bereits beträchtliche Anzahl von Bänden gibt. Zweite Ausnahme ist der Ersatz durch ein Buch in besserer Qualität.

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