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Klaus und Erika Mann im Spanischen Krieg

Klaus Mann?, der älteste Sohn des Nobelpreisträgers von 1929, Thomas Mann, verließ mit seiner Schwester Erika? am 13. März 1933 Nazideutschland. In seiner Autobiographie "Der Wendepunkt" bekennt er: "Wir konnten nicht zurück. Der Ekel hätte uns getötet ... Hitler - ein Schicksal? Hitler - ein Problem? Eine Pest war er, die man meidet. Freilich auch eine Gefahr, die man bekämpft." Und er tat es, von Anfang an, ohne zu zögern und bewusst, wenn auch begleitet von Depressionen, Verzweiflung und Todessehnsucht. Bereits im September 1933 redigierte er eine der angesehensten Exil-Zeitschriften?, die „Sammlung“. Nach Aufenthalten in Paris und Amsterdam ging er in die USA.
Als bewusst handelnder antifaschistischer Schriftsteller sah Klaus Mann für sich zwei Aufgaben: zum einen über den wahren Charakter des Naziregimes aufzuklären und zum anderen den Widerstand gegen dieses zu unterstützen. Nicht nur seine umfangreiche publizistisch-literarische? Arbeit beweist das, sondern auch sein offenes Engagement auf dem Pariser Schriftstellerkongress? 1935 für das Bündnis aller antifaschistischen Intellektuellen (Schriftstellerkongress von 1935 in Paris). Das Eintreten für die Verwirklichung der Volksfrontpolitik und die Arbeit als Berichterstatter für die Pariser Tageszeitung, gemeinsam mit seiner Schwester, legen Zeugnis davon ab. Sechs Jahre war für ihn die Volksfrontdiskussion von zentraler Bedeutung. Selbst zu einem Zeitpunkt, als die Gegensätze zwischen den politischen Gruppierungen des deutschen Exils bereits unüberbrückbar geworden waren, im April 1939, bekannte er in einem Kommentar zur Resolution der Berner Parteikonferenz der KPD sein Einverständnis mit der Position der deutschen Kommunisten "in fast allen Punkten".

Es ist schon erstaunlich, wie und mit welchen Ergebnissen sich die geistig-politische Annäherung an die Kommunisten vollzog. Man sollte nicht vergessen: Klaus Mann war kein Kommunist und wollte es auch nicht sein, sondern ein linksbürgerlicher Intellektueller. Gemeinsam mit seiner Schwester Erika hatte er wesentlichen Anteil daran, dass der Vater Thomas Mann 1936 den öffentlichen Bruch mit dem Hitlerregime vollzog und sich zur antifaschistischen Emigration bekannte. Es war folgerichtig, dass Klaus Mann die Vorgänge in Deutschland, den sozialen Charakter des Faschismus, den Platz Hitlers und das Wesen der Nazidemagogie fast wie die Kommunisten beurteilte.
Untersucht man seine Äußerungen über den Faschismus von 1933 bis 1936, so ist eine weitgehende Identität selbst in der sprachlichen Diktion mit KPD-Dokumenten feststellen. Wenn es Differenzen zu diesen gab, dann in der Einschätzung, dass der "echte sozialistische Humanismus" noch in keinem Land verwirklicht sei. Dringlich sei die "Unantastbarkeit der "individuellen Freiheit". Ein Sozialismus ohne persönliche Freiheitsrechte war für ihn "autoritär" und unannehmbar. Er forderte die Kommunisten auch zur ernsten Selbstkritik auf, und nicht nur diese, sondern überhaupt alle antifaschistischen Kräfte, denn er sah in den politischen Fehlern der Hitlergegner eine wichtige Ursache für die Errichtung einer verbrecherischen Diktatur.

Reisen waren für Klaus und Erika Mann nichts Besonderes. Sie hatten viele Länder, auch schon Spanien, besucht. Diesmal jedoch war das Fazit ganz anders. Die Mann-Geschwister verließen am 22. Juni 1938 Paris und reisten über Perpignan zunächst nach Barcelona, von dort mit dem Flugzeug weiter nach Alicante, Valencia, Tortosa an der Ebrofront und schließlich nach Madrid. In dem Aufsatz "Zurück von Spanien" heißt es: "Dies Erlebnis, das spanische Volk im Kampf zu sehen gegen die Feinde seiner Freiheit, die die u n s e r e n sind, - dies Erlebnis ist unaustilgbar und es ist das schönste, was uns in der Verbannung begegnet ist."
Doch bald zeigten sich die Schatten neuer, tragischer Ereignisse: das Münchner Abkommen vom 29. September 1938 und die sich abzeichnende Tragödie der Spanischen Republik. Und dennoch hat das Spanienerlebnis bei den Geschwistern Mann, wie übrigens bei so vielen Schriftstellern, tiefe Wirkung hinterlassen, sowohl politisch als auch künstlerisch. Einige seien genannt: Ernest Hemingway ("Wem die Stunde schlägt"), André Malraux?, George Orwell?, Arthur Koestler, Alfred Kantorowicz?, Rodrigo dos Passos? und Pablo Neruda?, nicht zu vergessen auch Ilja Ehrenburg und Michael Kolzow? ,die deutschen Schriftsteller Ludwig Renn?, Willi Bredel?, Hans Marchwitza?, Peter Kast? und Bodo Uhse?. Viele von ihnen waren Offiziere der Interbrigaden, wie Bredel, Renn, Kantorowicz, Regler und Janka.

In den Reportagen? ,die Klaus Mann für die „Pariser Tageszeitung“ schrieb (später zusammengefasst im Essay-Band "Das Wunder von Madrid") werden die entscheidenden Gesichtspunkte der antifaschistischen Spanien-Publizistik? deutlich: 1. der Zusammenhang zwischen dem Krieg und den deutschen Volksfrontaktivitäten, 2. die internationalen Aspekte des Krieges, einschließlich des deutschen Aspekts (Legion Condor/Interbrigaden), 3. die Rolle des Krieges bei der Verteidigung der Demokratie einerseits, zum anderen bei der Vorbereitung des Weltkrieges durch den deutschen Faschismus.
Worum es in diesem Krieg ging und worin ihre Aufgabe als antifaschistische Reporter bestand, wussten die Geschwister genau. Die Wertungen, die Schwerpunktsetzung, die Analyse, der hohe Grad der Informiertheit und nicht zuletzt das politische Denk- und Urteilsvermögen, der Blick für die weltgeschichtliche Situation beweisen das. Erika und Klaus fühlten sich in ihren Entscheidungen bestätigt. Und das sollte lebenslang so bleiben. Besonders seit dem Wahlerfolg der NSDAP im September 1930 hatten beide das Unheil kommen sehen. In der Reportage "Das Wunder von Madrid"(Madrid ist nie im Kampf gefallen, es wurde erst im März 1939 im Innern gelähmt durch den Putsch Oberst Casados) schreibt Klaus: "Schwer geprüft ist die große Stadt Barcelona; Furchtbares hat Valencia auszustehen. Aber die härteste Prüfung war Madrid vorbehalten. Dort liegt u n s e r Feind ..."
Spanien gab ihnen eine neue Vorstellung faschistischer Verbrechen, ohne eine Dualität zu übersehen, nämlich einerseits die Leiden des Volkes, die Grauenhaftigkeit des Krieges, andrerseits die Beispielhaftigkeit, das Hoffnungsvolle, das trotz alledem keinen Raum für das Depressive ließ. Erika fesselte geradezu das "Wunder der antifaschistischen Einheit".

Nun wäre es durchaus legitim gewesen, die inneren Widersprüche und Auseinandersetzungen im Lager der Antifaschisten aufzuzeigen. Das war für die Mann-Kinder aber nicht das Entscheidende. Das Spanienerlebnis zwang sie zur Überprüfung der bisherigen Standpunkte und Haltungen. Das kämpfende Volk von Madrid verfestigte die antifaschistischen Überzeugungen, ja es erschütterte geradezu: "... ein bedeutendes, unvergängliches, nie-wieder-zu-vergessendes Stück Geschichte. Sie haben die Barbaren zurückgeschlagen in zwölfter Stunde, als schon beinahe alles verloren schien".
Verantwortlich-menschlich zu handeln, hieß für die Manns, als Antifaschisten tätig zu werden, Kultur zu retten und Erbe zu bewahren. Fast beschämt stellten sie fest, nicht in Spanien bleiben zu können. Nicht nur in den Reportagen zeigte sich der politische Standpunkt Klaus Manns. Die Spanienerfahrungen fanden nicht zuletzt in seinem wohl besten Exil-Roman "Der Vulkan" ihren Niederschlag, auch im berühmten "Mephisto". Nicht unerwähnt soll sein, dass insbesondere die Begegnung mit Oberst Hans Kahle (Kommandeur der XI. Brigade, dann Divisionskommandeur) großen Eindruck bei Erika und Klaus hinterließ. Davon zeugen nicht nur die schriftlichen Äußerungen von Klaus Mann. Im Anhang? des "Spanischen Kriegstagebuchs" von Kantorowicz, einem Dokument von hoher literarisch-dokumentarischer? Qualität, findet sich ein Gedicht von Erika Mann für "ihren "Hans Kahle. Es erklärt alles, wenn es da heißt: "Lieber Hans, in Deinen Nächten wär ich bitterlich allein, wenn die zärtlichen Gedanken nicht so häufig Dein gedächten, und Dich brächten, - Du trittst ein ... Du bist hier, ich lebe gerne, und ich liege Dir im Arm... Gefahr droht unsren Welten, allem, was wir je geliebt. Ist es bitter, so zu leben? Aber herrlich, zu vergelten, wenn die Stunde sich uns gibt." Das Gedicht wurde im Juli 1938 in Paris geschrieben.

Als Klaus und Erika wieder beim "Zauberer" im amerikanischen Exil waren, muss das Thema Spanien eine bedeutende Rolle gespielt haben. Und Vater Thomas, dessen ganze Sympathie Volksfrontspanien ebenso gehörte, schrieb am 24.12.1938 einen sehr herzlichen, in warmen Worten gehaltenen Brief an "General Hans". Er lud ihn ein, nach Princeton in sein "geräumiges Haus" zu kommen, "recht bald" und "wann immer für wie lange immer es ... passt." Zu diesem Besuch ist es nicht gekommen, denn Hans Kahle wurde 1940/41 in Kanada und Großbritannien interniert. Er gehörte der Leitung der KPD in Großbritannien an, arbeitete journalistisch und kehrte im Februar 1946 nach Deutschland zurück. Bis zu seinem frühen Tod am 1.9.1947, gerade 48 Jahre alt, war Hans Kahle Chef der Volkspolizei in Mecklenburg und Mitglied der SED-Landesleitung.

Am 21.Mai 1949 schied Klaus Mann freiwillig aus dem Leben geschieden, verzweifelt über die Nachkriegsentwicklung, getrieben von vielen Widerständen. Inzwischen feierte man wieder die Gründgens’, Furtwänglers und Hauptmanns. Auch wenn diese es behaupteten, zur "inneren Emigration" hatten sie niemals gezählt. Dies zu verstehen war Klaus außerstande. Auf seinem Grabstein stehen in englischer Sprache die Worte aus Lukas 9,24, das Motto seines geplanten Romans "The last Day": "Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben verliert, wird es retten." Zu vermuten ist, dass Klaus Mann sich selbst im Tode von diesem Deutschland distanzieren wollte. Bis zu seinem tragischen Ende wurde von ihm keine Zeile mehr gedruckt.

Sekundärliteratur

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