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Kunert, Günter

Günter Kunert (geb. 6. März 1929 in Berlin) ist ein deutscher Schriftsteller. Sein vielseitiges literarisches Werk? umfasst zahlreiche Erzählungen, Gedichte, Essays und Reiseberichte? sowie Kinderbücher? und einen Roman. Kunert gilt als einer der meistgelesenen Autoren seiner Generation. Er lebt in Kaisborstel in Schleswig-Holstein.

Leben und Schreiben

Günter Kunert wurde am 6. März 1929 als Sohn eines Kaufmanns in Berlin geboren. Seine Mutter war Jüdin. Die Nationalsozialisten schlossen Kunert wegen seiner jüdischen Abstammung vom Besuch der Oberschule aus und erklärten ihn später für „wehrunwürdig“. 1943 begann Kunert eine Lehre in einem Bekleidungsgeschäft. Nach dem Zweiten Weltkrieg studierte er fünf Semester an der Hochschule für Angewandte Kunst in Berlin-Weißensee. 1949 trat Kunert in die SED (Sozialistische Einheitspartei Deutschlands) ein.

Günter Kunert auf einem Buchcover - (c) Carl Hanser Verlag

Seit 1947 schrieb Kunert satirische Gedichte und Kurzgeschichten, die ab 1948 in der Satirezeitschrift?Ulenspiegel?“ veröffentlicht wurden. Der frühere expressionistische Dichter und DDR-Kulturfunktionär Johannes R. Becher? wurde auf den jungen Autor aufmerksam und ebnete ihm den Weg in die Schriftstellerei. 1950 nahm Kunert am ersten Schriftsteller-Lehrgang des Deutschen Schriftstellerverbandes in Bad Saarow teil, im gleichen Jahr erschien sein Lyrikdebüt? „Wegschilder und Mauerinschriften“. In diesem Band? warnt Kunert, der von der Lyrik Bertolt Brechts fasziniert war, vor dem Faschismus und seiner Wiederkehr in verändertem Gewand.

In der DDR ein populärer Autor

Bis zu seiner Übersiedlung in die Bundesrepublik lebte Kunert als freier Schriftsteller in der DDR. Sein literarisches Werk? umfasst zahlreiche Erzählungen, Gedichte, Essays, Glossen? und Reiseberichte? sowie Kinderbücher? (u. a. „Josephine im Dunkeln“, 2006) und einen Roman („Im Namen der Hüte“, 1967). Kunert gehörte in der DDR zu den meistgelesenen Autoren seiner Generation und wurde mit verschiedenen Literaturpreisen (u. a. Heinrich-Mann-Preis?, 1962) ausgezeichnet. Daneben verfasste Kunert zahlreiche erfolgreiche Beiträge für Film, Funk und Fernsehen, die ihn auch außerhalb der Literaturszene populär machten.

Wegen seiner Skepsis und seines Kulturpessimismus geriet Kunert ab Mitte der 1960er Jahre in Konflikt mit den DDR-Kulturbehörden – was 1979 zu seiner Übersiedlung nach Westdeutschland führte. Auch hier erhob er weiter seine Stimme für den Umweltschutz, der ihm ein Anliegen war, seit er Ende der 1940er Jahre einen Artikel über eine Umweltkatastrophe in den USA gelesen hatte. Wegen dieser Haltung gelte er als "männliche Kassandra von Kaisborstel", merkte er in einem Inteview anlässlich seines 80. Geburtstages selbstironisch an.

„Abtötungsverfahren“ (1980)

Auf sein Lyrikdebüt? „Wegschilder und Mauerinschriften“ (1950) folgten weitere Gedicht-, Lieder- und Balladensammlungen, u. a. „Unter diesem Himmel“ (1955), „Das kreuzbrave Liederbuch“ (1961), „Abtötungsverfahren“ (1980) und „Berlin beizeiten“ (1987). In diesen Bänden erweist sich Kunert als politisch engagierter Chronist und Aufklärer seiner Zeit. Während er in seinem lyrischen Frühwerk die Erinnerung an die jüngste deutsche Vergangenheit wach hält und den Aufbau der sozialistischen Gesellschaft unterstützt, warnt er in seinen späteren Publikationen vor der industriellen und intellektuellen Selbstzerstörung des Menschen. Seine wichtigsten literarischen Vorbilder sind Heinrich von Kleist, Nikolaus Lenau und Heinrich Heine, denen er sich auch in literaturtheoretischen Arbeiten angenommen hat.

„Im Namen der Hüte“ (1967)

In seinem 1967 erschienenen Roman „Im Namen der Hüte“ kehrt Kunert in das zerbombte Berlin des Jahres 1945 zurück. Im Mittelpunkt der Geschichte, die während der letzten Tage des Zweiten Weltkriegs spielt, steht der minderjährige Anti-Held Henry. In der literarhistorischen Tradition des Schelmenromans zeigt Kunert, wie Henry durch die Wirren der „Stunde Null“ havariert. Dabei ist der tragikomische Henry mit einer magischen Begabung gesegnet: Er kann die Gedanken derjenigen Menschen lesen, deren Hut er trägt. Das bringt ihm im Kampf ums Überleben beträchtliche Vorteile, enthüllt ihm aber auch ein schreckliches Geheimnis … Kunert erzählt nicht chronologisch, er arbeitet mit eingeschobenen Rück- und Vorausblenden, die dem Leser eine rasante und spannende Lektüre bescheren. Vollständig wurde „Im Namen der Hüte“ erstmals 1967 in der BRD veröffentlicht, zuvor waren Auszüge in dem offiziellen Publikationsorgan des DDR-Schriftstellerverbandes, „Neue deutsche Literatur“, erschienen.

„Camera Obscura“ (1978)

Seit den frühen 1960er Jahren machte Kunert zunehmend als wortverspielter Essayist? und fabulierfreudiger Erzähler auf sich aufmerksam, der seine zahlreichen Leser mit verblüffenden Pointen in Atem hält. Er veröffentlichte unter anderem die Erzählbände „Die Beerdigung findet in aller Stille statt“ (1968), „Tagträume in Berlin und andernorts“ (1972), „Camera Obscura“ (1978) und „Der alte Mann spricht mit seiner Seele“ (2006). Vor allem der Band „Camera Obscura“ zeigt Kunert auf dem Gipfel seiner Erzählkunst. In 78 Stücken Kurz- und Kürzestprosa präsentiert Kunert dem Leser packende Momentaufnahmen, die den wahren Schrecken der menschlichen Existenz im Alltäglichen und Nebensächlichen aufspüren. 2006 erschien der Sammelband „Irrtum ausgeschlossen. Geschichten zwischen gestern und morgen“, der Bekanntes und Neues enthält. Die Literaturkritik war begeistert und bescheinigte Kunert eine vollendete Sprachkunst.

„Verspätete Monologe“ (1981)

1976 gehörte Kunert zu den Erstunterzeichnern des Protestbriefes einer Reihe von DDR-Schriftstellern gegen die Ausbürgerung des Liedermachers Wolf Biermann?. Daraufhin wurde Kunert aus der SED ausgeschlossen. 1979 ging er gemeinsam mit seiner Frau in die Bundesrepublik, wo er seine Arbeit als Schriftsteller fortsetzte und zu einer gewichtigen Stimme im deutsch-deutschen Dialog avancierte. Von 1976 bis 1992 war Kunert Mitglied der Berliner Akademie der Künste?.

Kunert veröffentlichte eine Reihe weiterer Titel wie „Verspätete Monologe“ (1981), „Diesseits des Erinnerns“ (1982) und „Vor der Sintflut. Das Gedicht als Arche Noah“ (1985), in denen er unter anderem die Selbstentfremdung des modernen Menschen thematisiert. Seine Weltsicht wurde zusehends düsterer. Insbesondere die Prosastücke in „Verspätete Monologe“ sind von einer apokalyptischen Endzeitstimmung geprägt. Die Literaturkritik wies in diesem Zusammenhang häufig auf Kunerts gedankliche Nähe zu Gottfried Benn? hin.

Mit „Baum. Stein. Beton. Reisen zwischen Ober- und Unterwelt“ legte Kunert 1994 einen Band mit Reiseberichten? vor, der im Feuilleton? großes Lob erhielt. Vor allem gefiel der aufklärerische und kosmopolitische Tenor dieser Texte. Zuvor waren die Reisebücher? „Der andere Planet“ (1974) und „Ein englisches Tagebuch“ (1978) erschienen, in denen Kunert unter anderem auf die zerstörerische Macht des Zivilisationsprozesses hinweist.

„Günter Kunert entdeckt Nikolaus Lenau“ (2001)

Unter dem Titel „Erwachsenenspiele“ legte Günter Kunert 1997 seine Lebenserinnerungen vor, die vom Feuilleton? als ebenso melancholische wie scharfsinnige Rückschau auf ein bewegtes Leben gewertet wurden. Weitere Werke in jüngster Zeit waren „Günter Kunert entdeckt Nikolaus Lenau“ (2001), „Die Botschaft des Hotelzimmers an den Gast. Aufzeichnungen“ (2004) und „Auskunft für den Notfall. Essays, Aufsätze, Reden“ (2008).

1996 trat Günter Kunert aus Protest gegen die Vereinigung der Autorenverbände von P.E.N.-West? und P.E.N.-Ost? aus dem Schriftstellerverband aus. Er lebt in Kaisborstel in Schleswig-Holstein.

Übrigens ...

wurde Günter Kunert bei seiner Ausreise aus der DDR nicht nur von seiner Frau Marianne begleitet, sondern auch von sieben Katzen, die für die Reise eigens betäubt worden waren. Mit 80 Jahren besaß der Schriftsteller wieder sieben Katzen. Er fühle sich mit ihnen als "Tier unter Tieren", gestand er in einem Interview der "Frankfurter Rundschau".

Auszeichnungen

Werke (Auswahl)

  • Bücher von Günter Kunert bei Jokers
  • Tagträume in Berlin und andernorts. EA 1972. München, Carl Hanser Verlag 1972, ISBN: 978-3446114838
  • Verspätete Monologe. EA 1981. München, dtv Verlag 1984, ISBN: 978-3423102247
  • Stilleben. EA 1983. München, dtv 1992, ISBN: 978-3423190107
  • Fremd, daheim. EA 1990. München, Carl Hanser Verlag 1990, ISBN: 978-3446160415
  • Erwachsenenspiele. EA 1997. München, dtv 2003, ISBN: 978-3423204729
  • Günter Kunert entdeckt Nikolaus Lenau. EA 2001. Hamburg, Europa Verlag 2001, ISBN: 978-3203843018
  • Kopfzeichen vom Verratgeber. EA 2002. Berlin, Ullstein Verlag 2002, ISBN: 978-3550083921
  • Die Botschaft des Hotelzimmers an den Gast. Aufzeichnungen. EA 2004. München, Carl Hanser Verlag 2004, ISBN: 978-3446204607
  • Der alte Mann spricht mit seiner Seele. EA 2006. Göttingen, Wallstein Verlag 2006, ISBN: 978-3835300439
  • Irrtum ausgeschlossen: Geschichten zwischen gestern und morgen. EA 2006. München, Carl Hanser Verlag 2006, ISBN: 978-3446199125
  • Josephine im Dunkeln. EA 2006. Espenhain, Leiv Buchhandels- und Verlagsanstalt 2006, ISBN: 978-3896032560
  • Der alte Mann spricht mit seiner Seele. Gedichte und Zeichnungen. EA 2006. Göttingen, Wallstein Verlag 2006
  • Auskunft für den Notfall. Essays, Aufsätze, Reden. Hg. v. Hubert Witt. EA 2008. München, Carl Hanser Verlag 2008
  • Als das Leben umsonst war. Gedichte. EA 2009. München, Carl Hanser Verlag 2009
  • Das letzte Wort hat keiner. Über Schriftsteller und Schriftstellerei. Aufsätze, Essays, Reden und Notate. EA 2009. Göttingen, Wallstein Verlag 2009
  • Die Geburt der Sprichwörter. Notate. EA 2011. Göttingen, Wallstein Verlag 2011
  • Kunerts Katzen. Gedichte, Reflexionen, Zeichnungen. EA 2012. Berlin, Aufbau Verlag 2012
  • Tröstliche Katastrophen. Aufzeichnungen 1999-2011. Reflexionen. Notate. Erinnerungen. Aphorismen. EA 2013. München, Carl Hanser Verlag 2013

Hörbücher

Sekundärliteratur

Links

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