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Lektüre

Das Wort Lektüre hat verschiedene Bedeutungen. Es stammt ursprünglich aus dem Lateinischen, wurde in der Zeit der Aufklärung? jedoch ein zweites Mal aus dem Französischen entlehnt. Im Deutschen gibt es zahlreiche Redewendungen?, die um das Wort Lektüre kreisen.

Definition

Das Wort Lektüre hat im Deutschen verschiedene Bedeutungen. Es bezeichnet in erster Linie:

  • den Vorgang des Lesens, also das Lesen eines Buches, einer Zeitschrift? oder eines anderen Mediums
  • den Lesestoff?, also das gelesene Objekt selbst, wie z. B. ein Buch, eine Zeitschrift? oder ein anderes Medium
  • die Leseübung, z. B. im Unterricht oder in der Sprachschule. In diesem Bereich unterscheidet man weiter zwischen kursorischer (fortlaufender) und statarischer (durch Erklärungen unterbrochener) Lektüre.

Lesen - (c) Markus Hein/PIXELIO

Im Deutschen gibt es darüber hinaus zahlreiche Redewendungen?, die um das Wort Lektüre kreisen. So spricht man z. B. von einer „leichten Lektüre“, wenn der Leser das Buch sehr verständlich findet. Das Gegenteil davon ist eine „schwere Lektüre“ – mit dieser Redewendung? bringt der Leser zum Ausdruck, dass er das Buch sehr anspruchsvoll findet und manche Textabschnitte vielleicht mehrmals lesen muss, um sie zu verstehen. Andere Konstruktionen sind z. B. Bettlektüre, Urlaubslektüre oder Pflichtlektüre.

Eine besondere Stellung nimmt hier die Pflichtlektüre ein. Diese Bezeichnung ist vor allem an Schulen und Universitäten weit verbreitet. Sie markiert ein bestimmtes Lesepensum, das bis zum Ende des Schuljahres oder des Semesters absolviert sein muss – ansonsten drohen in den Prüfungen unangenehme Überraschungen ...

Entstehung

Das Wort Lektüre stammt etymologisch? vom Mittellateinischen lectura (das Lesen) ab. Das Mittelalter? verdoppelte die Bedeutung des Wortes lectura: Neben „das Lesen“ bezeichnete es nun auch den „Textkommentar“ oder die „kommentierende Vorlesung zu einem Text“. Wo wurden im Mittelalter überhaupt Texte kommentiert? Das geschah hauptsächlich an den berühmten Universitäten, an denen es hochkarätige theologische, philosophische und juristische Fakultäten gab. Daneben gab es aber auch zahlreiche Privatgelehrte, die sozusagen im stillen Kämmerlein ihr eigenes Kommentarsüppchen kochten und damit in die Annalen? ihrer Zeit eingingen. Die meisten Kommentare entstanden zu den Werken der antiken Philosophen und natürlich zur Bibel – dem Buch der Bücher, das seit vielen Jahrhunderten den Verstand und die Phantasie der Menschen zu Höchstleistungen anspornt.

Martin Luthers Bibelübersetzung

Martin Luther, Ausschnitt aus einem DVD-Cover - (c) Region 2

Im Spätmittelalter? kam es zu einer interessanten Abwandlung der Wortbedeutung. Die Menschen dieser Zeit sprachen eine frühe Form des heutigen Neuhochdeutsch?. In diesem Frühneuhochdeutsch trat neben das lateinische lectura der Latinismus Lectur. Das Wort Lectur bezeichnete fortan eine bestimmte Lesart?, also die Auslegung oder Deutung? eines ganzen Textes oder einer einzelnen Textstelle. Martin Luther?, der mit seiner Bibelübersetzung von 1545 das bekannteste Textzeugnis des Frühneuhochdeutsch verfasste, ging sogar noch einen Schritt weiter. Während er die Bibel übersetzte, musste er sich immer wieder die Frage stellen, welcher Lectur er den Vorzug geben sollte. Lectur bedeutete in Luthers? Fall, ob er die hebräische oder die griechische Bibelversion als Grundlage für seine Übersetzung nehmen sollte. Diese Entscheidung, die Luther? und seine Mitstreiter viele schlaflose Nächte kostete, war nicht einfach und fiel von Fall zu Fall unterschiedlich aus.

Die zweite Entlehnung

Doch damit nicht genug. Den deutschen Gelehrten in der Zeit der Aufklärung? gelang ein Kunststück, das hin und wieder vorkommt in der langen Geschichte der Wörter und ihrer Bedeutungen: Sie entlehnten das Wort Lektüre ein zweites Mal. Diesmal jedoch aus dem Französischen, das damals in Europa eine wichtige Sprache war und von den meisten weltlichen und kirchlichen Würdenträgern wie selbstverständlich gesprochen wurde. Das Deutsche galt ihnen dagegen als vulgär und sollte dem einfachen Volk auf den Marktplätzen und in den Gossen vorbehalten bleiben. Die Mächtigen des Geistes und des Geldes führten nun also häufig das Wort lecture im Munde. Mit dieser zweiten Entlehnung aus dem Französischen erhielt das Wort Lektüre auch seine moderne Bedeutung, nämlich im Sinne von Lesen, Lesestoff und Leseübung.

Literatur

  • Duden 07. Das Herkunftswörterbuch. Etymologie der deutschen Sprache. Die Geschichte der deutschen Wörter bis zur Gegenwart. Mannheim, Bibliographisches Institut 2006, ISBN: 978-3411040742
  • Gutknecht, Christoph: Lauter böhmische Dörfer. Wie die Wörter zu ihrer Bedeutung kamen. München, C. H. Beck 2000, ISBN: 978-3406459894
  • Legros, Waltraud: Was die Wörter erzählen. Eine kleine etymologische Fundgrube. München, dtv 2003, ISBN: 978-3423206426

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