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Odyssee

Die „Odyssee“ erzählt in etwa 12.000 Hexametern? die zehnjährigen Irrfahrten und die Heimkehr des Odysseus nach der Eroberung Trojas durch die Griechen. Stärker als die „Ilias“, die die wichtigsten Episoden des Trojanischen Krieges schildert, hat die „Odyssee“ die Entwicklung der abendländischen Kunst und Literatur beeinflusst.

Definition

Tempel von Delphi - (c) Christiane Schlüter

Die „Odyssee“ ist neben der „Ilias“ das zweite große Epos, das dem griechischen Dichter Homer zugeschrieben wird. In der Literaturwissenschaft ist Homers Autorenschaft umstritten, im 19. Jahrhundert galt er noch als fiktive Gestalt. Im späten 8. Jahrhundert vor Christus im ionischen Kleinasien entstanden, zählt die „Odyssee“ zu den ältesten und einflussreichsten Werken? der griechischen und abendländischen Literatur. Bis heute dient sie Künstlern, Schriftstellern, Theater- und Fernsehautoren als reiche Quelle der Inspiration. Das Epos schildert die Abenteuer des Königs Odysseus von Ithaka an der Seite anderer griechischer Könige und Heroen auf der Heimkehr aus dem Trojanischen Krieg, der nach zehnjähriger Belagerung der Stadt Troja siegreich von den Griechen beendet wurde.

In 24 Gesängen?, die insgesamt 12.200 Hexameterverse? umfassen, erzählt der Dichter in einer kunstvollen Sprache, wie Odysseus zehn Jahre umherirrt, bevor er als einziger Überlebender unter seinen Gefährten heimkehrt. Von der Göttin Athene in einen alten Bettler verwandelt, sucht er seinen Palast auf und sieht 88 Freier, die seit Jahren dort hausen, seine Reichtümer verprassen und seine Frau Penelope frech umwerben. Die Freier reden ihr ein, Odysseus sei im Kampf gestorben. Zugleich wollen sie Penelope, übrigens das Muster einer treuen Ehefrau, zwingen, nach einem Wettkampf einen von ihnen zum Mann zu nehmen. In einem letzten Abenteuer muss Odysseus den Kampf gegen die werbenden Freier bestehen. Kraft, Geschick und Klugheit verhelfen ihm wie in den vorangegangenen Abenteuern zum Sieg.

Eine der zahlreichen Parallelhandlung, die „Telemachie“, erzählt, wie sich Telemachos, der kluge und mutige Sohn des Odysseus und der Penelope, auf die Suche nach dem schon zwanzig Jahre abwesenden Vater begibt. Anders als in der „Ilias“ handeln in der „Odyssee“ auch Angehörige sozial niederer Schichten, z. B. Hirten, Diener, Mägde, Ammen und Bettler. Die Götterhandlung ist dagegen weniger ausgeprägt, so tragen etwa die Zauberinnen Kalypso und Kirke in ihrem Verhältnis zu Odysseus menschliche Züge. In vielen Sprachen ist der Begriff „Odyssee“ zu einem Synonym? für lange Irrfahrten geworden.

Kurzbeschreibung der 24 Gesänge

An der griechischen Küste - (c) Christiane Schlüter

Der Dichter des Epos, der Odysseus zu großen Teilen in der Ich-Perspektive berichten lässt, besingt in komplexer Verquickung der Handlungsstränge die Abenteuer der Seefahrt, die blutigen Kämpfe des Helden sowie märchenhaft anmutende Erlebnisse an fremden Küsten bis zum letzten Abenteuer des Heimkehrenden auf Ithaka. Ähnlich wie in der „Ilias“, die die wichtigsten Episoden des Trojanischen Krieges behandelt, werden die rund ein Jahrzehnt umfassenden Ereignisse der „Odyssee“ nicht fortlaufend geschildert, sondern in einem kurzen Zeitraum, der nicht mehr als 40 Tage umspannt, zusammengerafft. Von entscheidenden Geschehnissen wie z. B. Trojas Fall durch die legendäre List des Helden erfährt der Leser nur indirekt – durch eine längere Erzählung des Odysseus und in den Liedern des blinden Sängers Demodokos.

Der Beginn ...

der „Odyssee“ wurde als sogenannter Musenruf? zum beliebten Topos? für spätere Ependichter:

„Sage mir, Muse, die Taten des vielgewanderten Mannes,

Welcher so weit geirrt, nach der heiligen Troja Zerstörung,

Vieler Menschen Städte gesehn und Sitte gelernt hat,

Und auf dem Meere so viel unnennbare Leiden erduldet,

Seine Seele zu retten und seiner Freunde Zurückkunft.“

Der erste Teil ...

des Epos umfasst die Gesänge? 1-12

Gesang 1-4

Mykene - (c) Christiane Schlüter

Odysseus lebt bereits im achten Jahr auf Ogygia – der Insel der Nymphe Kalypso, die ihn zum Mann haben und unsterblich machen wollte. Athene, die Schutzgöttin des Helden, dringt auf einer Götterversammlung, an der Odysseus’ ärgster Feind, der Meergott Poseidon, nicht teilnimmt, auf die Rückkehr ihres Schützlings nach Ithaka. Telemachos, der kluge und mutige Sohn des Helden, fährt gegen den Willen der Volksversammlung, die von Penelopes Freiern beherrscht wird, aus, um Gewissheit über das Schicksal seines Vaters zu erlangen. Er spricht mit Nestor in Pylos und König Menelaos in Sparta. Als Penelopes Freier vom Aufbruch des Prinzen erfahren, beschließen sie, ihn bei der Rückkehr zu töten.

Gesang 5

Wieder auf Ogygia: Göttervater Zeus drängt Kalypso, ihren Geliebten endlich ziehen zu lassen. Sie gibt Odysseus frei, der ein Floß baut und bereits nach fünf Tagen die Segel setzt. Am achtzehnten Tag der Fahrt geht das Floß, kurz vor Ithaka, in einem schrecklichen Unwetter, das von Poseidon entfesselt wurde, zu Bruch. Odysseus wäre verloren, gäbe ihm nicht die Göttin Leukothea ihren Schleier. Mit dessen Hilfe erreicht Odysseus den Strand des Phaiakenlands, wo er in einen tiefen Schlaf fällt.

Gesang 6

Nackt und verwildert wird Odysseus hier von der Königstochter Nausikaa entdeckt. Sie verschafft ihm Kleidung und weist ihm den Weg zum Palast ihres Vaters, der den schiffbrüchigen Helden freundlich aufnimmt und königlich bewirtet. Die Phaiaken sind ein glückliches und gütiges Volk, das den Frieden und die Götter liebt.

Gesang 7-8

Der großzügige Phaiakenkönig Alkinoos, pikanterweise ein Enkel Poseidons, veranstaltet ein festliches Gastmahl für Odysseus. Der blinde Sänger Demodokos unterhält die Gäste des Königs mit seinen Liedern vom Streit des Aias und Odysseus, vom Trojanischen Pferd, Trojas Untergang und von der Liebschaft der Aphrodite und des Ares.

Gesang 9-12

Odysseus, durch die von Demodokos’ Liedern ausgelösten Erinnerungen überwältigt, bricht in Tränen aus und erzählt die Geschichte seiner Irrfahrten: z. B. von der Blendung des Polyphemos, durch die er sich den Zorn Poseidons zuzog; vom Aufenthalt bei der Zauberin Kirke, die seine Gefährten in Schweine verwandelte; vom frevelhaften Diebstahl der heiligen Rinder des Sonnengottes Helios, dem der Verlust der Gefährten und des Schiffes folgte; vom Aufenthalt im Hades, wo ihm ein Orakel die Heimkehr prophezeite und ihm die Schatten der trojanischen Helden begegneten; von den verführerischen Sirenen, den Seeungeheuern Skylla und Charybdis; und schließlich von der glücklichen Landung auf Ogygia.

Der zweite Teil ...

des Epos umfasst die Gesänge? 13-24 und erzählt die Rückfahrt und Heimkehr des Helden.

Gesang 13

Vom Phaiakenkönig Alkinoos reich beschenkt, verlässt Odysseus das gastfreundliche Land und gelangt in nächtlicher Fahrt nach Ithaka. Athene, die Helden beschirmt, die ihr durch Klugheit sympathisch sind, tritt in Gestalt eines Hirten aus dem Nebel und verleiht Odysseus das Aussehen eines alten Bettlers. Sie verrät ihm, wie er die 88 Freier, die in seinem Palast hausen und seine Frau umwerben, überlisten und besiegen kann.

Gesang 14

Odysseus sucht den treuen Schweinehirten Eumaios auf, der ihn, ohne ihn zu erkennen, großzügig mit Wein und Braten bewirtet und mit ihm die Nacht verplaudert.

Gesang 15

Telemachos, der in Sparta weilt, wird von Athene zur Heimkehr nach Ithaka gedrängt. Athene bewahrt ihn vor einem Hinterhalt der 88 Freier.

Gesang 16

Telemachos trifft bei dem Schweinehirten Eumaios ein. Als Vater und Sohn alleine und unbeobachtet sind, gibt Odysseus sich nach einigem Zögern zu erkennen. Sie beratschlagen das weitere Vorgehen. Gleichzeitig sinnen die 88 Freier, von Penelopes Treue zu Odysseus bis zur Wildheit angestachelt, auf die Beseitigung des Prinzen.

Gesang 17-18

Am nächsten Tag gehen Vater und Sohn getrennt in die Stadt. Als Odysseus seinen Palast aufsucht, erkennt ihn, sterbend, sein treuer Jagdhund Argos. Die 88 Freier, die Penelope frech umwerben und die Reichtümer des Königs verprassen, verhöhnen Odysseus, der noch immer die Gestalt eines alten Bettlers hat, und hetzen den Vagabunden Iros gegen ihn. Odysseus verprügelt ihn fürchterlich.

Gesang 19

Am Abend redet Odysseus wie ein Fremder mit Penelope und bereitet sie darauf vor, dass ihr Mann bald wieder komme. Penelope schenkt seinen Worten keinen rechten Glauben, doch plötzlich entdeckt die Amme Eurykleia, die Odysseus die Füße wäscht, jene alte Narbe, die er sich als junger Mann auf einer Eberjagd zuzog. Nur mit Mühe bringt er die freudig überraschte Amme zum Schweigen.

Gesang 20

In der Nacht liegt Odysseus schlaflos auf seinem Lager und hält sorgenvolle Zwiesprache mit Athene, seiner Schutzgöttin. Penelope sitzt und weint in ihrem Bett. Sie sieht mit Schaudern der auf den nächsten Tag festgesetzten Auswahl eines Freiers entgegen. Am nächsten Tag beginnt das Festmahl und es kommt zu einer grausigen Weissagung des Sehers Theoklymenos, über die die verblendeten und gierigen Freier lachen und Spottreden halten.

Gesang 21

Der Wettkampf der Freier um die Hand Penelopes beginnt. Sieger soll sein, wer den Bogen des Odysseus spannen und einen Pfeil durch die Löcher von zwölf eisernen Äxten schießen kann. Alle Freier treten an, doch keinem gelingt es. Der fremde Bettler (Odysseus) lässt sich unter dem Spott der Freier den Bogen reichen, spannt ihn und schießt durch sämtliche Äxte.

Gesang 22

Nach seinem Meisterschuss erschießt er mit einem zweiten Pfeil den frechsten der Freier, Antinoos, und gibt sich zu erkennen. In einem furchtbaren Rachgericht tötet er mit wenigen Verbündeten die Freier und die ungetreuen Mägde. Odysseus wird von seinen treuen Knechten und Mägden als König begrüßt.

Gesang 23

Penelope ist noch immer voller Zweifel und will nicht glauben, dass Odysseus wirklich heimgekehrt ist. Odysseus überzeugt sie erst mit einem genauen Bericht davon, wie er einst das eheliche Schlafzimmer und Bett selbst geplant und gezimmert hat. Der Bann der Fremdheit ist gebrochen und das glückliche Paar begibt sich zur Ruhe. Doch der nächste Morgen bringt Sorgen: Das Volk Ithakas protestiert gegen das grausame Rachegericht an den 88 Freiern, die dem jungen Adel der Insel entstammten.

Gesang 24

Die schwarzen Seelen der 88 getöteten Freier werden von Hermes in den Hades geleitet. Odysseus begibt sich zu seinem alten Vater Laertes auf dessen Landgut, wo er mit dem aufgebrachten Volk zusammentrifft. Athene schlichtet den Streit und stiftet dauerhaften Frieden auf Ithaka.

Odysseus – der listen- und einflussreiche Held des Epos

Odysseus ist König der Insel Ithaka, Sohn des Laertes oder des Sisyphos, der Antikleia, die Mutter des Odysseus, vor ihrer Heirat mit Laertes verführt haben soll. Als junger Prinz wurde Odysseus auf einer festlichen Eberjagd leicht verwundet und zog sich jene berühmte Narbe zu, an der ihn Jahrzehnte später seine alte Amme wiedererkannte (Gesang? 19). Von Tyndareos, König von Sparta, bekam er Penelope zur Frau, die ihm den Sohn Telemachos gebar. Als Odysseus in den Krieg gegen Troja ziehen sollte, stellte er sich wahnsinnig und pflügte mit einem Ochsen und einem Pferd das Feld um. Palamedes, der Erfinder von Buchstaben und Würfelspielen, zwang Odysseus den gespielten Wahnsinn aufzugeben, indem er den schreienden kleinen Telemachos vor den Pflug legte. Dafür nahm Odysseus später furchtbare Rache an Palamedes. Odysseus verließ die Heimat und zog in den Krieg gegen Troja. Der Sieg der Griechen ist im Wesentlichen das Werk des listenreichen Odysseus.

Stärker als die „Ilias“, die die wichtigsten Episoden des Trojanischen Krieges schildert, ist die „Odyssee“ auf die Geschichte eines einzelnen Helden ausgerichtet. Odysseus ist der zentrale Protagonist des Epos, dessen wechselhaftes Schicksal mit zahlreichen weiteren Figuren – Menschen, Göttern und Halbgöttern – verbunden ist. Dabei ist Odysseus weniger ein strahlender, unerreichbarer Held als die Protagonisten der „Ilias“. Er ist ein vorbildlicher, tugendhafter Charakter, der die lobenden Beinamen „der Listenreiche“, „der Erfindungsreiche“ und „der göttliche Dulder“ trägt. In der Forschung wird darauf hingewiesen, dass er sich eher durch menschliche und soziale als durch heroische Charaktermerkmale auszeichnet. Eben durch diese soziale und „moderne“ Individualität des Helden ist die „Odyssee“ vielleicht noch einflussreicher für die Entwicklung der gesamten abendländischen Literatur geworden als die „Ilias“. Vor diesem Hintergrund ist es kein Zufall, dass Goethes Werther die „Odyssee“ – nicht die „Ilias“ – liest, James Joyce den Roman „Ulysses“ schreibt und Stanley Kubrick den Science-Fiction-Film „2001 – Odyssee im Weltraum“ dreht.

Die Wirkung der „Odyssee“ auf die europäische Kunst und Literatur ist unabsehbar. Auch in der Philosophie spielt die „Odyssee“ eine nicht zu überschätzende Rolle – mit ganz unterschiedlichen Interpretationslinien. Der Philosoph Georg Wilhelm Hegel?, ein wichtiger Vertreter des Deutschen Idealismus, vertritt in seinen Schriften die These, dass Odysseus kein individuelles Schicksal, sondern das der Gemeinschaft trage. Er stellt das mit der Gesamtheit verbundene Schicksal des Odysseus dem modernen Weltzustand gegenüber, der vor allem durch die Entwurzelung des Subjekts, also des Menschen, gekennzeichnet sei. Theodor W. Adorno sah im Schicksal des Odysseus die „Urgeschichte der Subjektivität“, da sich der Held unablässig gegen mythische Naturgewalten behaupten müsse. Im Gegensatz zum modernen Subjekt gehe er jedoch als Sieger aus diesem Kampf hervor.

Die Sprache der Odyssee

Die Sprache, die der Dichter der „Odyssee“ verwendet, ist eine reine Kunstsprache, wie sie in dieser geschriebenen Form nie gesprochen wurde. Die Verssprache ist eine Mischung verschiedener griechischer Dialekte?, wobei der ionische den äolischen Dialekt überwiegt. Diese charakteristische Dialektmischung bildet eine untrennbare Einheit und ist das Ergebnis einer mehrere Jahrhunderte dauernden, bis in die mykenische Zeit reichenden Entwicklung.

Der Vers der „Odyssee“ ist der Hexameter?. Der Stil zeigt ohne Ausnahme die gleiche Höhe, alles Niedere wird gemieden. Um stets wiederkehrende, leitmotivisch aufgeladene Situationen (Zweikämpfe, Wappnungen, Mahlzeiten) darzustellen, verwendet der Dichter in großer Zahl formelhafte Verswiderholungen (Iteraten?). Weitere Besonderheiten des Stils sind die Gleichnisse und stehenden Beiwörter (Epitheta?) für Personen, Gegenstände, Eigenschaften und Fähigkeiten. Zudem nehmen die Reden der Figuren breiten Raum ein.

In der Literatur? der alten Griechen nahm die „Odyssee“ neben der „Ilias“ eine herausragende Stellung ein. Das Epos galt als beispielhaftes Dokument des griechischen Götter- und Menschenbildes und spielte bei der Erziehung der Jugend eine grundlegende Rolle. Während des gesamten Altertums nahm die „Odyssee“ den ersten Platz in der griechischen Schullektüre? ein und regte zudem antike Gelehrte wie Aristoteles? und Ovid zu Kritik an.

Die „homerische Frage“

Die „homerischen Frage“ sucht eine Antwort darauf, ob der Verfasser der „Odyssee“ eine einzelne Dichterpersönlichkeit (Homer) war oder ob sie aus verschiedenen Einzeldichtungen allmählich zusammengewachsen ist (Liedtheorie). Bis heute konnte die „homerische Frage“ nicht abschließend beantwortet werden, denn die Literaturwissenschaft ist wegen der schlechten Quellenlage? und der bescheidenen textkritischen Vorlagen zum großen Teil auf Spekulationen angewiesen. Im Allgemeinen neigen die Literaturwissenschaftler? jedoch der Homer-Theorie zu.

Die Vertreter der Homer-Theorie sagen, ein einzelner Dichter, entweder Homer oder ein jüngerer Dichter aus seiner Schule, muss das Epos in der Form, wie es in die Überlieferung einging, geordnet und zusammengestellt haben. Ein wichtiger Hinweis darauf ist z. B. die Einteilung des Werkes? in zwei gleich lange Hälften, die in jeweils 12 Gesängen? Irrfahrt und Heimkehr schildern. Die Vertreter der Liedtheorie sagen, das Werk? verdankt seine Entstehung vielen Generationen von Dichtern, die das Epos von der mykenischen Zeit bis zum 6. Jahrhundert vor Christus überliefert und ihm schließlich eine schriftliche Fixierung gegeben haben. Sie gehen außerdem davon aus, dass die uns bekannte Fassung der „Odyssee“ nur eine unter vielen sei – und mit großer Wahrscheinlichkeit nicht die endgültige.

Einigkeit besteht in der Annahme, dass das Epos drei große Stoff- und Motivkreise in sich aufgenommen hat: die Heimkehrergeschichte vom herumirrenden Seefahrer, die Geschichte vom totgeglaubten, wieder auftauchenden König und die Geschichte vom Sohn, der in die Welt zieht, um den verschwundenen Vater zu suchen. Hinzu kommen unzählige Kriegs-, Kampf- und Heldenlegenden sowie Olymp- und Hadesmythen.

Rezeption und Wirkung

Die schillernde Figur des Odysseus faszinierte Dichter und Philosophen? aller Epochen der abendländischen Geistesgeschichte. Die Rezeptions- und Wirkungslinien? verlaufen von der Antike bis in die unmittelbare Gegenwart. Frühe Zeugnisse des gewaltigen Einflusses der „Odyssee“ sind die Tragödien „Aias“ (450 v. Chr.) und „Philoktet“ (409 v. Chr.) des Sophokles? sowie „Hekabe“ (424 v. Chr.) des Euripides?. Auch das Werk? des römischen Dichters Ovid ist reich an Bezügen auf die „Odyssee“ und seinen Helden, wobei der Held Odysseus nicht nur gelobt, sondern auch getadelt und verspottet wird. So fragt Ovid in seinen „Metamorphosen“ (2-8 n. Chr.?): „Wozu soll ihm eine Rüstung taugen, da er immer nur heimlich, immer unbewaffnet seine Taten verrichtet und nur durch seine Ränke den arglosen Feind überlistet?“

In vielen mittelalterlichen Trojaromanen behielt Odysseus diese wenig schmeichelhafte, zwielichtige Rolle bei. Dante? verbannt ihn in seiner „Göttlichen Komödie“ (um 1320er) sogar in den achten Kreis der Hölle, wo er inmitten anderer „betrügerischer Ratgeber“ für seine frevelhaften Sünden büßt. Weitere wichtige Adaptionen sind das Schauspiel? „Der Bogen des Odysseus“ (1914) von Gerhart Hauptmann, das neugriechische Epos „Odissia“ (1938) von Nikos Kazantzakis und der Nachkriegsroman „Nekyia“ von Hans Erich Nossack?. Die bekannteste Bearbeitung des Stoffes stammt jedoch von James Joyce, der in seinem Roman „Ulysses“ (1922) die einzelnen Stationen der Irrfahrt und Heimkehr auf einen Durchschnittsmenschen an einem Durchschnittstag, den so genannten Bloomsday (16. Juni), im modernen Dublin überträgt.

Literatur

  • Homer: Odyssee. Reclam Verlag, Ditzingen 1986, ISBN: 978-3150002803
  • Joyce, James: Ulysses. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2008, ISBN: 978-3518458167
  • Sophokles: Philoktet. Insel Verlag, Frankfurt am Main 1999, ISBN: 978-3458342359

Hörbuch

  • Die Odyssee. In der Prosafassung von Christoph Martin. CD. Patmos Verlag, Düsseldorf 2006, ISBN: 978-3491912113

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