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Ondaatje, Michael

Michael Ondaatje (geb. 12. September 1943 in Colombo/Sri Lanka) ist ein kanadischer Schriftsteller und Filmregisseur. Zu seinen größten literarischen Erfolgen zählen die Romane „Der englische Patient“ (1992) und „Anils Geist“ (2000).

Leben und Schreiben

Philip Michael Ondaatje wurde am 12. September 1943 in Colombo/Sri Lanka (damals Ceylon) geboren. Sein Vater war Besitzer einer Teeplantage, seine Mutter Leiterin einer Theater- und Tanzschule. Die Ehe der Eltern wurde geschieden, als Ondaatje fünf Jahre alt war. Sechs Jahre später ging er mit seinen Geschwistern nach London, wo seine Mutter lebte.

In London besuchte er von 1953 bis 1962 das Dulwich College. 1962 verließ er England und folgte seinem Bruder nach Kanada, wo er an den Universitäten von Lennoxville, Toronto und Kingston studierte. Neben dem Studium verfasste er erste literarische Arbeiten, unter denen insbesondere die lyrischen Texte durch die virtuose Sprachbeherrschung hervorstechen und in denen bereits Motive aus Ondaatjes späteren Werken anklingen.

Nach dem Studium war Michael Ondaatje für den renommierten kanadischen Kleinverlag „Coach House Press“ tätig, dem er über einen Zeitraum von mehr als 25 Jahren als Mitherausgeber? angehörte. In dieser Zeit erwarb er sich als Mentor und engagierter Förderer von jungen Autoren einen glänzenden Ruf. Neben der Tätigkeit als Herausgeber? schlug er die akademische Laufbahn ein, die ihn als Dozent für Englisch von der University of Western Ontario an die New York University/Toronto führte.

„the man with seven toes“

Mit der Veröffentlichung der beiden Lyrikbände „The Dainty Monsters“ (1967) und „the man with seven toes“ (1969) galt Ondaatje in der kanadischen Literaturszene als Flüstertipp. Der Erfolg beim breiten Publikum blieb ihm jedoch noch verwährt, denn seine frühen Gedichte waren in einer schwer verständlichen, kryptischen Sprache geschrieben. Der Durchbruch bei Kritik und Publikum gelang ihm mit der experimentellen? Textcollage „The Collected Works of Billy the Kid: Left Handed Poems“ (1970). Der Band, der 1970 mit dem begehrtesten kanadischen Literaturpreis Governor General’s Award ausgezeichnet wurde, ist eine schillernde Mischung aus Lyrik und Prosa unter Verarbeitung von Bilddokumenten, Zeitungsnotizen und Augenzeugenberichten. Auf diese Weise gelingt es Ondaatje, ein authentisches Bild vom legendenumwobenen Leben des Outlaws William H. Bonney, alias Billy the Kid, zu zeichnen. Die Adaption für die Bühne feierte am 23. April 1971 im St. Lawrence Centre/Toronto Premiere.

Weitere lyrische Arbeiten waren „Rat Jelly“ (1973), „There’s a Trick with a Knife I’m Learning to Do“ (1979) und „Running in the Familiy“ (1982). Im zuletzt genannten Werk, in dem Ondaatje die bruchstückhaften Erinnerungen an seine Kindheit aufarbeitet, greift er noch einmal auf die Collagetechnik zurück. Der Band ist eine farbenfrohe Mischung aus intimer Familienchronik? und liebevoller Reisebeschreibung – darüber hinaus gewinnt der Leser Einblick in die multikulturelle Herkunft Ondaatjes, in dessen Familie sich holländische, tamilische und singhalesische Einflüsse kreuzten.

Als Romanautor debütierte? Michael Ondaatje mit „Coming through Slaughter” (1976; dt. Buddy Boldens Blues). Darin schildert er das Leben der amerikanischen Jazzlegende Charles („the eternal Buddy“) Bolden aus New Orleans. Auch in diesem Werk verwendet Ondaatje die von ihm bevorzugte Collagetechnik und perfektioniert sie soweit, dass neben dem wechselvollen Lebensweg eines der beliebtesten schwarzen Musiker seiner Zeit auch die spannungsgeladene Atmosphäre einer bewegten Epoche lebendig wird. Das Buch sei die reinste Musik, lobte Michael Althen in einer Rezension. Denn das, so schreibt der Rezensent weiter, könne Ondaatje wie nur wenige andere Autoren: den Dingen ihre Melodie entlocken. 1997 fand am Wuppertaler Schillertheater die Europapremiere der Bühnenfassung von „Buddy Boldens Blues“ statt. Die dramatische Bearbeitung hatte der Autor selbst besorgt.

„Der englische Patient“

1992 legte Ondaatje seinen Roman „The English Patient“ (dt. Der englische Patient) vor. Das Buch, das auf dem englischsprachigen Literaturmarkt ein grandioser Verkaufserfolg war und mit mehreren bedeutenden Preisen (darunter dem begehrten Booker Prize?) bedacht wurde, bescherte Ondaatje auch beim deutschen Publikum den Durchbruch. Die Geschichte spielt am Ende des Zweiten Weltkriegs. Europa liegt in Trümmern. In den Ruinen einer Villa nahe Florenz treffen vier Menschen aufeinander, die ein gnadenloses Schicksal komplett aus der Bahn geworfen hat. Entwurzelt, vereinsamt, in der traumhaft-unwirklichen Atmosphäre erlöschender Erinnerungen lebend – so stehen die vier voreinander: ein Dieb, ein Minenräumer, eine kanadische Krankenschwester und der englische Patient Almásy, ein Flieger, der über der nordafrikanischen Wüste abgeschossen wurde.

Aus dieser delikaten Konstellation entwickelt Ondaatje ein beziehungsreiches und konfliktgeladenes Handlungsgeflecht, in dem Realität und Traum, Idylle und Aufruhr, Ironie und Idealismus eng miteinander verwoben sind. In einer Rezension des Literaturmagazins? „Bücher“ hieß es, dass in Ondaatjes Bestseller „Der englische Patient“ die Zeit aufgehoben sei, und doch erzähle der Autor vom Ende der alten und dem Entstehen einer neuen Welt. 1996 wurde der Roman unter der Regie von Anthony Minghella verfilmt und mit mehreren Oscars prämiert. Die Hauptrollen spielten Ralph Fiennes, Juliette Binoche und Willem Dafoe.

„Anils Geist“

Ebenfalls ein großer Erfolg bei Kritik und Publikum war der Roman „Anils Geist“, den Ondaatje im Jahr 2000 veröffentlichte. Die deutsche Wochenzeitschrift „Zeit“ sprach von einem nach allen Seiten funkelnden literarischen Rohdiamanten. Der „Rheinische Merkur“ bezeichnete Ondaatje als großen Erzähler, der in „Anils Geist“ eindringlich vorführe, wie wenig Menschen in einer inhumanen Welt leben und überleben könnten. Der Roman spielt in Sri Lanka. Im Mittelpunkt steht die Rechtsmedizinerin Anil, die nach Jahren des Bürgerkriegs in ihre zerrissene Heimat zurückkehrt. Dort ist sie im Auftrag einer Menschenrechtskommission unterwegs. Sie soll Beweise dafür sammeln, dass im Namen der Regierung Menschen verschleppt, gefoltert und ermordet wurden. Eine gefährliche Aufgabe, die auch das eigene Leben kosten könnte. Denn der Geheimdienst und die Folterknechte des Regimes sind ihr bereits auf den Fersen. Aber Anil hat Verbündete, die ihr bei der Recherche behilflich sind. Zu diesen Verbündeten gehören der Archäologe Sarath und der Künstler Ananda. Doch plötzlich muss sich Anil die Frage stellen, auf welcher Seite Sarath und Ananda wirklich stehen.

„Divisadero“

Im Jahr 2007 legte Ondaatje seinen AußenseiterromanDivisadero“ vor, der in der internationalen Literaturszene einerseits auf große Resonanz stieß. Vor allem von der deutschen Buchkritik wurde der Roman überschwänglich gefeiert. Die Literaturkritikerin Elke Heidenreich sprach im ZDF von einem Buch für geübte, süchtige Leser. Im Urteil eines Rezensenten markierte „Divisadero“ einen Höhepunkt in Ondaatjes Schaffen. Doch es gab auch kritische Stimmen: Ondaatje habe "Kunstgewerbe" produziert, urteilte ein anderer Rezensent, und ein dritter sprach sogar von einer "Totgeburt".

Anna, Claire und Cooper sind halbe Waisen. Sie wachsen zusammen auf und denken nicht im Traum daran, dass sich ihre Lebenswege jemals trennen könnten – bis die Liebe dazwischen kommt und alle Illusionen zerstört. Anna verliebt sich in Cooper – als ihr Vater die beiden ertappt, geht er auf den Ziehsohn los und schlägt ihn fast tot. Das ist das Ende der Liebe, das Ende aller gemeinsamen Illusionen. Anna, Claire und Cooper trennen sich und leben fortan in völlig verschiedenen Welten. Aus der Liebesgeschichte wird eine Lebensgeschichte und zeigt, wie nahe Glück und Leid im Leben der Menschen beieinander liegen können.

Michael Ondaatje lebt in Toronto/Kanada. Er ist in zweiter Ehe mit der Schriftstellerin Linda Spalding? verheiratet.

Übrigens ...

war Michael Ondaatje der erste kanadische Schriftsteller, der mit dem Booker Prize? ausgezeichnet wurde (1992 für „Der englische Patient“).

Auszeichnungen

Werke (Auswahl)

  • Bücher von Michael Ondaatje bei Jokers
  • Die gesammelten Werke von Billy the Kid. EA 1970. München, Dtv 1999, ISBN: 978-3423126625
  • Buddy Boldens Blues. EA 1976. München, Dtv 1997, ISBN: 978-3423123334
  • Es liegt in der Familie. EA 1982. München, Dtv 1998, ISBN: 978-3423124256
  • In der Haut eines Löwen. EA 1987. München, Dtv 1993, ISBN: 978-3423117425
  • Der englische Patient. EA 1992. München, Dtv 1996, ISBN: 978-3423121316
  • Anils Geist. EA 2000. München, Dtv 2001, ISBN: 978-3423129282
  • Divisadero. EA 2007. München, Carl Hanser Verlag 2007, ISBN: 978-3446209237
  • Die Kunst des Filmschnitts. Gespräche mit Walter Murch. München, dtv 2008, ISBN: 9783423136907
  • Katzentisch. EA 2011. München, Hanser Verlag 2012, ISBN 978-3446238589

Hörbücher

  • Der englische Patient. 4 CDs. Bochum, Roof Music/Tacheles 2006, ISBN: 978-3938781111
  • Divisadero. 8 CDs. Hamburg, Audiobuch (edel), ASIN: 3899642651

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