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Preußen. Geschichte eines Mythos

von<br> Julius H. Schoeps (Hrsg.)

Parade unter den Linden in Berlin im Jahre 1837. Gemälde von Franz Krüger, 1839 - (c) Berlin, Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, Schloss Charlottenburg

Preußen und Deutschland, Deutschland und Preußen: Das ist eine unendliche, absonderliche Geschichte, die gespickt ist mit Widersprüchen und zahllosen – meist polemisch geführten – Debatten. Es liegt wohl in der Natur der Dinge, historisch gewachsene Gebilde wie das preußische Staatswesen von ihrem geschichtlichen Ende her zu beurteilen. Die Katastrophe zweier Weltkriege vor Augen, fällt das Urteil über Preußen-Deutschland, dessen historische Quintessenz meist in einem sadistisch anmutenden Militarismus gesehen wird, für gewöhnlich äußerst negativ aus. Demgegenüber können „preußische Tugenden“ wie Sparsamkeit, Pünktlichkeit, Schlichtheit, Formsinn und Pflichtgefühl nur mit Mühe punkten.

Preußen ist seit 1947 von der Landkarte Europas verschwunden. Vom dynamischsten deutschen Staatswesen des 18. und 19. Jahrhunderts haben vor allem viele bedeutende Bau- und Kulturdenkmäler die Zeiten überdauert, wie das Brandenburger Tor in Berlin, das Schloss Sanssouci in Potsdam oder die Blumengärten vor dem Schloss von Muskau. Überlebt hat zudem ein häufig zitierter, im Ganzen jedoch völlig diffuser Preußen-Mythos.

Diesem Mythos, gespeist aus ungezählten historischen, kultur-, kunst-, militär- und mentalitätsgeschichtlichen Quellen?, spürt nun ein vorzüglich gestalteter Text- und Bildband aus dem Berliner be.bra verlag nach. Er wurde herausgegeben von Julius H. Schoeps?. Zwölf Autoren erzählen die wechselvolle Geschichte des preußischen Staatswesens weitab von Dämonisierung und Verherrlichung. Wobei sich Wort und Bild in hervorragender, oft verblüffender Weise ergänzen. Die meist farbigen Abbildungen – Gemälde, Zeichnungen, Kupferstiche, Radierungen, Plakate, Fotos – stammen aus dem Fundus des Preußischen Kulturbesitzes und bieten neben einer Legende oft noch bündige Erläuterungen.

Die Autoren gehen chronologisch vor: Beginnend bei der Vorgeschichte, die hier die Zeit vom 12. bis 17. Jahrhundert einnimmt, über die Regentschaft Friedrich des Großen und die Zeit der modernen Staatsreformen bis hin zur Gründung des Deutschen Reiches 1871 und dem ruhmlosen Ende Preußens nach dem Zweiten Weltkrieg. Alle Artikel überzeugen durch klare Gliederung, gelungene Dramaturgie und verständliche Sprache. Hervorzuheben sind die Texte über die Zeit der Reformen, den Weg ins Kaiserreich und Preußen in der Weimarer Republik, die die preußischen Wende- und Schicksalsjahre kritisch und mit großem historischem Sachverstand beleuchten.

Besondere Beachtung verdient das letzte Kapitel „Sehnsüchte nach Preußen“, das den Faden bis in die Gegenwart spinnt. Der Autor betont die oft übersehene Tatsache, dass sich Preußen niemals als Nationalstaat, sondern als übernationaler Staat im Herzen Europas verstanden hat. Die Menschen in Preußen sprachen deutsch, polnisch, litauisch oder wallonisch, begriffen sich als Niederländer, Polen, Pommern, Berliner, Märker oder Schlesier. Verbunden wurden sie von einer übergeordneten Staatsidee und einem gemeinsamen Lebensgefühl. In einer Zeit wie heute, in der viel über eine Identitäts-Krise Europas geredet wird, zeigt vielleicht gerade der Blick in die Vergangenheit, dass Europa in seiner kulturellen, ethnischen und religiösen Tiefe stets mehr ist als das, was die einzelnen nationalen Regierungen an der politischen Oberfläche daraus machen.

„Preußen. Geschichte eines Mythos“ ist ein nützliches und schön gestaltetes Buch, das die spannende Geschichte des preußischen Staates in ausgewogener Weise nachzeichnet. Schwer zu überbieten ist die hervorragende Kombination von kenntnisreichen Texten und ausgezeichneten Bildbeigaben.

Autor: Daniel Möglich

Literaturangaben

Schoeps, Julius H. (Hrsg.): Preußen. Geschichte eines Mythos. be.bra verlag, Berlin 2011, 248 Seiten, 244 Abbildungen, 19,95 Euro, ISBN: 978-3898090957

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