diesen Kommentar bitte stehen lassen

Hauptseite | Rezensionen | Rezensionen-Register | S | Schreiben! 30 Autorenporträts


Bitte Krümelpfad oben nicht verändern, erst ab hier nach unten Texte ändern

Schreiben! 30 Autorenporträts

von<br> Herlinde Koelbl

Schreiben! Buchcover - (c) Knesebeck Verlag

Die persönliche Begegnung mit Schriftstellern hat von jeher fasziniert. Was macht sie so interessant und was macht ihre Meinung so wichtig, dass Literatur-Magazine noch und noch ihre Seiten? mit Interviews füllen und jeder Schriftsteller, der auf sich hält, eine Homepage hat, auf der er seine Meinung (wozu auch immer) darstellt?

Sind sie besonders prädestiniert, sich zu allem und jedem zu äußern und kommt ihren Worten eine besondere Bedeutung zu? Erwartet man von ihnen eine spezielle Verantwortlichkeit bei bestimmten Problemen und besondere tiefe Gedanken zu Sinnfragen des Lebens? Was also ist der Grund, dass sie stets und ständig nach ihrer Meinung gefragt und um Aufklärung gebeten werden?

Diese Fragen beantwortet auch Herlinde Koelbl? nicht. Aber sie hat die Schriftsteller eben auch nicht nach ihrer Weltsicht oder politischen Einstellung gefragt, sondern nur unter einem ganz bestimmten Aspekt interviewt?. Geschehen ist schon vor etwa zehn Jahren. Die Bilder und Interviews sind also nur eine Auswahl aus ihrem Band? "Im Schreiben zu Haus", der 1998 erschien. Neu hinzugekommen ist für die Neuausgabe? dieses Buches lediglich das Porträt? von Günter Grass?. Der vorliegende Band "Schreiben!" hat ein modernisiertes Layout? erhalten, die Interviews sind leicht gekürzt worden.

Herlinde Koelbl hat den Schriftstellern die Frage gestellt, warum sie schreiben wollen und müssen, und in den Antworten der, wie sie betont, mit großer Offenheit geführten Interviews, hat sie versucht, etwas über die Menschen hinter den Texten zu erfahren. In alphabetischer Reihenfolge aufgeführt sind dies die (teilweise mittlerweile verstorbenen) Autoren Hans Carl Artmann?Jurek BeckerPeter BichselThomas Brussig?Günter de Bruyn?Hilde Domin?Hans Magnus EnzensbergerRobert GernhardtGünter GrassDurs Grünbein?Peter HandkePeter HärtlingErnst Jandl?Elfriede JelinekErnst Jünger?Walter KempowskiSarah KirschBrigitte KronauerKatja Lange-MüllerHermann Lenz?Friederike MayröckerRobert MenasseHerta MüllerChristoph RansmayrPeter RühmkorfRaoul SchrottIngo SchulzeMartin WalserChrista Wolf.

Zwischen fünf und sechs Seiten hat sie den Einzelnen gewidmet, immer wieder ähnliche Fragen gestellt und unterschiedliche Antworten erhalten. Ihre Schriftstellerporträts erschöpfen sich im Frage-Antwort-Spiel, erlauben also kein facettenreiches Bild der Menschen, die zu den bedeutendsten deutschsprachigen? Erzählern des 20. Jahrhunderts gehören. Die Interviews bleiben ohne Kommentar. Am Ende schließen sich eine wenige Daten und Fakten an, Jahreszahlen zu Leben und Werk. Will man als Leser Übereinstimmungen finden, einen Schriftsteller in die geistigen und gesellschaftlichen Prozesse seiner Zeit einbetten, um sein erzählerisches Werk besser zu verstehen oder rezipieren zu können, so ist man also auf sich selbst angewiesen. Doch den Weg des Vergleichs zu gehen, eröffnet dem literarisch Interessierten überraschende Einblicke, Übereinstimmungen bei ansonsten recht unterschiedlichen Autoren oder fundamentale Unterschiede dort, wo man wie selbstverständlich von Gemeinsamkeiten ausgegangen war.

Herlinde Koelbl stellt „ihre“ Schriftsteller in den Antworten auf ihre wenigen Fragen vor. Der Leser erfährt die Bedeutung von Kunst und Literatur, vom kreativen Schreiben? selbst für den Schriftsteller und den damit verbundenen Schreibwerkzeugen?. Schreiben sie alle am Laptop oder noch an dem alten PC, gar auf der alten Schreibmaschine? Schlimmer: Einige benutzen den Füllfederhalter, den mit der Goldfeder, oder den Bleistift. Trotzdem sind sie bekannt geworden. Eine gewisse Verwunderung klingt an.

Wichtiger als die Interviews sind die Bilder. Herlinde Koelbl erweist sich als begnadete Fotografin mit sicherem Blick für das Ungewöhnliche, für Perspektive. Ihre Schwarzweiß-Fotografien sind aussagekräftiger als die Texte und erlauben eine unmittelbare, fast intime Begegnung mit dem Dichter. Bis auf eine Ausnahme hat sich jeder in seinem Arbeitszimmer ablichten lassen, in der Geburtsstube der Kreativität also, und diese Bilder, der Blick hinter die Kulissen sagen mehr über den Menschen, als Worte es könnten. Vom kreativen Urchaos bis zum peniblen Spartanismus ist gesamte Breite vertreten. Es ist gerade die Privatheit der Bilder, die Zwanglosigkeit der Menschen darin, die uns auch die Werke ein wenig zu erschließen helfen. Besonders eindrucksvoll die kleinen Fotos der Hände, nur der Hände, die gestikulieren, eine Feder halten, auf der Tastatur ruhen.

Es ist eine ungewöhnliche Annäherung an den Mensch und Schriftsteller, dieses bildhafte Erzählen in Fotos und Text, das den Leser herausfordert und ihm kein fertiges, in sich gerundetes Porträt der Dichter und Schriftsteller serviert, sondern vielmehr Häppchen bietet, die vielleicht Appetit machen auf mehr.

Originalbeitrag unter www.alliteratus.com

Literaturangaben

Koelbl, Herlinde: Schreiben! 30 Autorenporträts. Bearbeitet von Gernot Geurtzen. Knesebeck Verlag, München 2007, 159 Seiten. 19,95 €, ISBN: 978-3896604224

Bitte Krümelpfad unten nicht verändern


Hauptseite | Rezensionen | Rezensionen-Register | S | Schreiben! 30 Autorenporträts

Daten hochladen
Buecher-Wiki Verlinken
FacebookTwitThis
Pin ItMister Wong
RSS-Feed RDF-Feed ATOM-Feed

schliessen