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Surrealismus

Der Surrealismus betont den Einfluss des Unbewussten und Irrationalen auf die Literatur. Zu den Hauptvertretern des Surrealismus gehören André Breton?, Philippe Soupault? und Louis Aragon?.

Definition

Gedicht aus den Calligrammes von Apollinaire - (c) Wikipedia

Als Surrealismus (französisch: surréalisme = Überrealismus) bezeichnet man eine künstlerisch-literarische Avantgardebewegung?, die nach dem Ersten Weltkrieg in Paris entstanden war. Inspiriert von der Psychoanalyse und Traumdeutung Sigmund Freuds, drangen die Surrealisten ins Unbewusste vor, das sie als wichtigste Quelle der Kunst betrachteten. Die surrealistischen Dichter suchten die Wahrheit in Träumen, Visionen und Rauschzuständen - mit ihrer Hilfe wollten sie die rational zugängliche Wirklichkeit durchstoßen. Ziel war die Synthese von traditionellen Widersprüchen (z. B. Leben und Tod, Tag und Nacht) und die Erschaffung einer traumartigen Überwirklichkeit, die den Menschen aus inneren und äußeren Zwängen befreien sollte.

Die surrealistischen Dichter verzichteten provokativ auf Vernunft, Logik und Syntax, sie streiften ästhetische und moralische Konventionen ab und verschmähten jede objektive Aussage über die Wirklichkeit. Dieses Streben nach dem radikal subjektiven Blick in Kunst und Literatur offenbart die Verwandtschaft des Surrealismus mit vielen anderen literarischen Strömungen, die ab den 1880er Jahren als Reaktion auf den Naturalismus entstanden waren, z. B. Impressionismus?, Symbolismus, Dadaismus, Expressionismus.

Auf der Suche nach adäquaten Ausdrucksmitteln griffen die Surrealisten weit über den Rahmen des Literarischen hinaus: Ihre Texte erlauben keinen eindeutigen Unterschied zwischen Lyrik und Prosa, Collage-, Montage?- und Fragmenttechnik? sind beliebte Schreibweisen und werden durchsetzt mit Zitaten aus Zeitungen, Dokumenten oder der Werbung. So entsteht ein experimentelles, verfremdetes, visionäres und von irrationalen Elementen beherrschtes Bild der Wirklichkeit.

Foto: Wikipedia

Entstehung und Entwicklung

Die Dichtung der Vergangenheit bot den Surrealisten zahlreiche Anknüpfungspunkte: Elemente der barocken? Mystik (z. B. Angelus Silesius?) wurden ebenso adaptiert wie Elementen der deutschen Romantik (z. B. Novalis?) und der orientalischen Kultur (z. B. Ferdausi). Besonders stark war der Einfluss von Symbolismus, Expressionismus, Dadaismus und der Schriften Lautréamonts? („Die Gesänge des Maldoror“, 1874). Die Surrealisten interessierten sich für alles, was die zentrale und autonome Position des Subjekts in der Literatur stärkte sowie den Traum und das Unbewusste als Mittel der Erkenntnis betonte.

Die surrealistische Bewegung war zunächst auf Paris beschränkt. André Breton?, Philippe Soupault? und Louis Aragon? gründeten dort 1919 die Zeitschrift? „Littérature“, in der die ersten surrealistischen Texte gedruckt wurden. 1924 wurde die Zeitschrift? in „La Révolution Surréaliste“ umbenannt. Im gleichen Jahr veröffentlichte Breton? sein erstes „Manifeste du surréalisme“ (1924; dt. „Manifest des Surrealismus“, 1947), und Antonin Artaud? eröffnete in der rue de Grenelle 15 ein „Büro für surrealistische Forschungen“. Die angestrebte Institutionalisierung der Bewegung unterschied den Surrealismus übrigens von den meisten anderen Avantgardeströmungen? des frühen 20. Jahrhunderts - wie z. B. Expressionismus oder Dadaismus, deren Akteure prinzipiell spontan in Erscheinung traten und jede zentrale Organisation ablehnten.

Die Klassiker des Surrealismus

Der Begriff des Surrealismus, 1917 von Guillaume Apollinaire? geprägt, wurde 1924 von André Breton? in seinem ersten Manifest? aufgegriffen, in dem er das künstlerische Programm der Bewegung formulierte und den Surrealismus gegen polemische Angriffe verteidigte. 1930 veröffentlichte Breton? das „Second manifeste du surréalisme“ (dt. „Zweites Manifest des Surrealismus“, 1947). Weitere wichtige Schriften des Surrealismus waren: „Nadja“ (1928; dt. „Nadja“, 1960) und „L’amour fou“ (1937; dt. „L’Amour fou“, 1970) von André Breton?, „Le bon apôtre“ (1923) von Philippe Soupault?, „Le paysan de Paris“ (1926; dt. „Pariser Landleben“, 1969) von Louis Aragon?, „Capitale de la douleur“ (1926) und „La vie immédiate“ (1932) von Paul Éluard? sowie „Au château d’Argol“ (1938) von Julien Gracq?.

Als klassische Werke? des Surrealismus gelten „Nadja“ und „Le paysan de Paris“. Mit seiner Erzählung „Nadja“, die noch im Erscheinungsjahr 1928 über 20 Auflagen? erlebte, hat André Breton? eines der schönsten und verständlichsten surrealistischen Prosastücke geschrieben. Die Erzählung geht angeblich auf eine tatsächliche Begegnung Bretons? mit einer jungen Frau zurück, die in seinen Augen ein „surrealistisches“ Leben führt, indem sie bei Tag und Nacht durch die Straßen von Paris irrt und sich spontan an die Magie der Assoziationen verliert. In „Le paysan de Paris“ - der Geschichte eines Spaziergängers, der an den alogischen und unbewussten Geheimnissen des Lebens interessiert ist - kommt Louis Aragon? zu dem Resultat: „Die Menschen leben mit geschlossenen Augen inmitten magischer Abgründe.“

Surrealismus - Inspiration für die moderne Kunst

In seiner Frühphase beeindruckte der Surrealismus vor allem durch seine Dynamik, Angriffslust und Spontaneität. Neben der Literatur inspirierte er die gesamte moderne Kunst: Bis in die Gegenwart sind die Gedanken und Techniken des Surrealismus in der Malerei, der bildenden Kunst, der Fotografie und dem Film produktiv. Gewisse Tendenzen der Auflösung innerhalb der Gruppe wurden bereits 1929 deutlich, als der Streit über das Verhältnis von Surrealismus und Kommunismus eskalierte. Nach 1945 kann von einer surrealistischen Bewegung nicht mehr gesprochen werden. Erstaunlicherweise dauerte es bis in die 1960er Jahre, ehe in der Literatur- und Kunstwissenschaft eine intensive Beschäftigung mit dem Surrealismus einsetzte.

In Deutschland hat der Surrealismus in der Literatur keine Rolle gespielt. Mit Ausnahme von Walter Benjamins? Aufsatz? „Der Sürrealismus“ (1929) und den Gedichten von Paul Celan ist sein Einfluss eher gering einzuschätzen.

Literatur

  • Der Surrealismus bei Jokers
  • Aragon, Louis: Der Pariser Bauer. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1996, ISBN: 978-3518222133
  • Breton, André: Die Manifeste des Surrealismus. Rowohlt Verlag, Reinbek 1986, ISBN: 978-3499554346
  • Breton, André: Nadja. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2002, ISBN: 978-3518223512

Sekundärliteratur

  • Nadeau, Maurice: Geschichte des Surrealismus. Rowohlt Verlag, Reinbek 2002, ISBN: 978-3499554377
  • Schneede, Uwe M.: Die Kunst des Surrealismus. Dichtung, Malerei, Skulptur, Fotografie, Film. C.H. Beck, München 2006, ISBN: 978-3406546839
  • Spieler, Reinhard / Auer, Barbara (Hg.): Gegen jede Vernunft. Surrealismus Paris – Prag. Belser Verlag, Stuttgart 2009, ISBN: 978-3763025374

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