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Vers

Der Vers ist die rhythmisch-metrisch gegliederte Grundeinheit der Lyrik. Die Geschichte des Verses beginnt in der Antike. Ausgelöst durch die Opitzsche? Reform (1624), kam es im 18. Jahrhundert zu einer breiten Vielfalt der Versformen. Sie wird in der Verslehre (Metrik) systematisch erfasst.

Definition und Aufbau

Der Vers (lat. versus = das Umwenden des Pfluges, der Furche, der Zeile) ist die rhythmisch-metrisch gegliederte Grundeinheit der Lyrik, die am Versende durch eine Pause abgeschlossen wird. Die rhythmische Struktur eines Verses wird auf der Grundlage der phonetischen? Merkmale der jeweiligen Sprache erzeugt, das bedeutet:

1. durch eine bestimmte Silbenzahl?

  • z. B. das Wort "Li | te | ra | tur" - das sind vier Silben

2. durch die Zahl der durch Betonung hervorgehobenen Silben? bei beliebig vielen unbetonten Silben?

3. durch die festgelegte Abfolge betonter und unbetonter Silben?

  • z. B. in dem jambischen Vierheber "Im Félde schléich ich stíll und wíld" (Goethe)

Ein zusätzliches Strukturmerkmal ist die Zäsur? (Binnenpause), die den Vers in zumeist gegensätzlich akzentuierte rhythmische Einheiten (Kola?) teilt. Bestimmte Silben? können auch durch andere als durch metrische Mittel hervorgehoben werden, z. B. durch Binnenreim?, Stabreim? oder Alliteration?.

  • Beispiel für eine Zäsur? nach der fünften Silbe: "Lustige Sappho, lass die Saiten klingen" (Plavius?) = X x x X x | X x X x X x

Das Versende kann durch Klangsignale betont werden (z. B. Assonanz?, Kadenz?, Reim?), die eine klangliche? oder syntaktische Korrespondenz mit anderen Versen erzeugen. Satz- und Versende müssen nicht identisch sein, sie können durch Enjambement? (Zeilensprung) getrennt werden. Fallen Vers- und Satzende zusammen, spricht man von Zeilenstil?.

Wie beschreibe ich einen Vers?

Wer einen Vers beschreiben will, muss Metrum (Versmaß), Versfuß und eventuell auftauchende Zäsuren? und Kadenzen? angeben. Es können Assonanz? und Alliteration? hinzutreten, die jedoch nicht unbedingt zum Wesen des Verses gehören.

Um die Wertigkeit der einzelnen Silben? zu kennzeichnen, hat man sich auf folgende Symbolik geeinigt:

  • - = lange Silbe
  • u = kurze Silbe
  • X = betonte Silbe
  • x = unbetonte Silbe

Die wichtigsten Versfüße sind:

  • Jambus - zweiteiliger Versfuß, der aus einer unbetonten und einer betonten Silbe besteht (Befíehl = x X)
  • Trochäus - zweiteiliger Versfuß, der aus einer betonten und einer unbetonten Silbe besteht Schránke = X x)
  • Daktylus - dreiteiliger Versfuß, bei dem auf eine betonte zwei unbetonte Silben folgen (Wásserfall = X x x)
  • Anapäst? - dreiteiliger Versfuß, bei dem auf zwei unbetonte Silben eine betonte Silbe folgt (Wie mein Hérz = x x X)

Die Silbenanordnung? in den Versen entspricht den rhythmischen Gegebenheiten der jeweiligen Sprache. Eine Ausnahme ist der antike Vers, der nur bedingt mit dem modernen Vers zu vergleichen ist. Das liegt vor allem daran, dass der antike Vers überwiegend musikalischen Charakter hat und mit der Syntax (der Lehre vom Satzbau) konkurriert.

Entstehung und Entwicklung

Die Geschichte des Verses beginnt in der Antike. Von Anfang an waren die Dichter von der Doppelnatur der Sprache fasziniert, die zugleich Klangkörper und Bedeutungsträger ist: Sie ist ein akustisches, dem Hörsinn zugängliches Phänomen und zugleich übermittelt sie Inhalte, richtet sich also an den Verstand. Das Spiel mit diesen beiden Elementen brachte zahlreiche Verstypen hervor, die im Laufe der Jahrhunderte nachhaltigen Veränderungen unterworfen waren.

Konkurrierende Versprinzipien

Am Anfang der Geschichte des Verses stand der antike Vers, der großenteils durch das so genannte quantitierende Versprinzip organisiert war. Entscheidend für die Dichter der Antike war demnach allein die Frage, ob es sich um eine lange oder um eine kurze Silbe handelt. Diese Bewertung sollte aber auf das Lateinische und Altgriechische (also die Längen messende Versprinzipien) beschränkt bleiben und nicht auf die germanischen Sprachen übertragen werden.

In den germanischen Sprachen gab man das quantitierende Versprinzip auf und kultivierte stattdessen das akzentzählende Versprinzip (betonte Silbe - unbetonte Silbe), wobei die Zahl der Hebungen fest, die Zahl der Senkungen frei war. Besonders populär war der Vierheber? ("Hórt, ihr Hérrn, und lásst euch ságen" = X x X x X x X x). In Volks- und Kirchenliedern? wurden diese alten Bauformen bis in die Gegenwart überliefert.

Opitzsche Reform

Im Zuge der Opitzschen? Reform 1624 gewann das alternierend-akzentuierende Versprinzip (Folge von Hebung und Senkung) immer mehr an Bedeutung. Nicht zuletzt die Einflüsse aus dem romanischen Sprachraum hatten zu dieser Entwicklung beigetragen. So kam es insbesondere im 18. Jahrhundert zu einer großen Vielfalt der metrischen Formen: Neben den dominierenden alternierenden Metren standen die immer beliebter werdenden Volkslieder, die Nachahmung antiker Verse und die freien Rhythmen. Letztere sind ungebundene, reimlose? Verse von beliebiger Zeilenlänge, meist auch ohne feste Strophengliederung?, jedoch rhythmisch gestaltet.

Krise der Lyrik?

Im 19. und 20. Jahrhundert kam es zu einer Annäherung der lyrischen Sprache an die Prosa (z. B. im Langvers? und in freien Versen) – ein Trend, der sich auch in der Gegenwart fortsetzt. Spannung bezog die Verssprache im 20. Jahrhundert unter anderem aus dem Verfahren, traditionelle Verstypen mit neuen Inhalten zu füllen. Häufig geschieht dies mit ironischer Absicht, was in der Literaturwissenschaft nicht selten als eine tief greifende Krise der Lyrik gedeutet wird.

Sekundärliteratur

  • Frank, Horst J.: Wie interpretiere ich ein Gedicht? Eine methodische Anleitung. Stuttgart, UTB 2003, ISBN: 978-3825216399
  • Frey, Daniel: Einführung in die deutsche Metrik mit Gedichtmodellen. Stuttgart, UTB 1996, ISBN: 978-3825219031
  • Gelfert, Hans-Dieter: Einführung in die Verslehre. Ditzingen, Reclam Verlag 1998, ISBN: 978-3150150375

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