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Wenn der Wahnsinn eine Pause einlegt

von
Katrin Zill

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Schmal ist das neue Gedichtbuch „wenn der wahnsinn eine pause einlegt“ von Katrin Zill?, ein E-Book, schmal sind die 37 Gedichte, klar strukturiert, gesprochen in präziser, schnörkelloser Sprache, frei von überbordenden Metaphern, über deren Bedeutung man lange nachdenken müsste. Inhaltlich aber brodelt es in den Gedichten, in denen die Autorin unterwegs ist auf der Suche nach ihrem Standort, oder sollte ich sagen, nach ihrem Standpunkt, nach der Verortung in der bestehenden und zukünftigen Gesellschaft, die sie ausleuchtet und hinterfragt, nach der Verortung in sich selbst.

Bei dieser Reise finden wir alles, was die Autorin, empfänglich und sensibel wie ein Seismograph, bewegt, Zweifel, Skepsis, Trauer, Resignation und Wut, aber auch Momente der Erlösung, solche der Befreiung von aller Schwere, solche der Poesie und der Liebe, selbst wenn diese bedroht sein könnte. „ich habe angst/ ihn zu verlieren/ den menschen/ den ich über alles liebe/ jeden tag.“ Die Zeit? wird thematisiert, die, „die mich zum warten zwingt“, aber auch die, „die sich mühsam/ durch die stunden schiebt.“ Über das eigene Leben wird nachgedacht als das Ich mit der gewonnenen Einsicht: „das wahre i c h zu leben/ verlangt kraft und mut/ aber – es lohnt sich.“

Es gipfelt in der Forderung an alle, die sich angesprochen fühlen: „lebe jetzt so wie du/ es immer wolltest /als deine träume noch/ kühn und jung waren, “ denn „ganz traumlos ist das leben nicht.“ Dieser Vision steht der starre Zustand der Gesellschaft gegenüber, von der es heißt: „veränderung könnte/ ihr weltbild zerstören/ das voll frust und wut genauso ist/ wie sie es sich immer/ vorgestellt haben.“ Diese Erkenntnis führt zu Erwartungen an sich selbst mit der ironischen? Feststellung: „du lächelst und weißt/ sie können dich nicht entwurzeln/ wie einen ausgezehrten baum.“ Diese Erwartungen sind oft nicht zu erfüllen: „dein freier geist/ ist gefangen im glauben/die welt verbessern zu können/ plagst dich ab – für nichts/ weil manches sich einfach nicht/ ändern lässt.“

Katrin Zill erzählt vom Auf und Ab des Lebens, seinen Erfolgen, seinen Enttäuschungen, sie erzählt vom Blick zurück und nach vorne und von immer wiederkehrender Sehnsucht, die sich dann in solchen schönen Versen äußert wie diesem: „die vögel/ wecken eine sehnsucht in mir/ die arme weit auszubreiten/ vom boden abzuheben/ auf und davon.“ Dann kann sie eingestehen: „an tagen wie diesem/ betrachte ich meine wege/ die nie so beschwerlich waren/ um mich zu brechen.“ Oder: „ heute ist ein guter tag-/ denn es ist herbst.“

Eines der stärksten Gedichte des Bandes? ist für mich betitelt mit: „das bin ich nicht“, in dem die Autorin von einem Blick in den Spiegel erzählt, der einen unglaublichen Effekt hat: „zitternde hände berühren sanft das spiegelglas/ gleiten hindurch/ und ziehen den matten körper/ hinein ins anderswo/ dort will ich mich suchen/ hab meine spur aufgenommen.“ Wir Leser aber sollten die Spur der Gedichte aufnehmen, denn deren Geschichte ist auch ein bisschen die unsere oder wie es Katrin Zill auf ihre angenehm bescheidene Art ausdrückt: „meine geschichte/ die eine von vielen ist/ nichts Besonderes und dennoch einzigartig.“ Der Wahnsinn, der eine Pause einlegt.

Autor: Michael Starcke

Literaturangaben

  • Zill, Katrin: Wenn der Wahnsinn eine Pause einlegt. Lyrik. Kindle Edition, e-book, 0,99 €

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