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Abwehrzauber

von<br> Klaus Martens

Klaus Martens, Abwehrzauber (Buchcover) - (c) Conte Verlag
„Abwehrzauber“, der neue Lyrikband von Klaus Martens?, einem Dichter, der immer noch viel zu wenig bekannt ist, ist ein Buch, dessen Gedichte den empfindsamen Leser sofort und unmittelbar fesseln wie spannende Geschichten. Ja, diese Gedichte erzählen Geschichten, knapp und unglaublich präzise, Geschichten, die das Leben dem Dichter oder auch das Leben des Dichters schrieb, einem Menschen, der nicht nur auf unzähligen Reisen die Welt umrundet hat, sondern auch mit seinem Denken und Fühlen.

Herausgekommen ist ein Werk?, das, sprachlich und gedanklich verdichtet, keine Wünsche mehr offen lässt. Wenn es noch nicht zu früh wäre, spräche ich von einem wunderbaren, klugen und wissenden Alterswerk. Die Themen sind so bunt und zahlreich wie das Leben selbst. Es geht um Leben und Sterben, um Reisen in alle Welt, um Aufbruch und Ankommen, um Natur?, Jahreszeiten, Gesellschaft, um Gedichte und Überlegungen über Gott, Religionen, Lebensläufe, Emotionen, nicht zuletzt um Mitgefühl und Liebe.

Nicht ohne Absicht, denke ich, hat der Dichter sein Buch in sechs Abteilungen gegliedert als eine Art Kompassnadel, den Weg durch seine umfangreiche Arbeit zu erleichtern: Landschaft mit Max Ernst, Unbekannter Dichter, Was Herbst heißt, Cortison-Mond, Wo ich bin und Ausbrüche. Schon in der ersten Abteilung „Landschaft mit Max Ernst“ wird eine Fähigkeit des Dichters deutlich, unterschiedlichste Welten miteinander zu verknüpfen, wie hier die Landschaften Amerikas mit den Bildern von Max Ernst, um eine eigene neue, faszinierende Welt zu erschaffen, die des Klaus Martens.

Seine Handwerksmittel dazu ist der fast schon perfekte Umgang mit Sprache und dem Ausschöpfen aller ihrer Möglichkeiten, vom Ausschweifen bis zum Verknappen, die Sicht zu bebildern der äußeren und der inneren Augen. Dabei entstehen unglaubliche Bilder wie in „Rotes Arizona“: „Aber Rot dominiert/ in dieser Welt, der die Pelle abgezogen worden ist.“ Oder in „Entdeckung der Masken“: „All die Masken für den Seelenterror, das bebende Zwerchfell, das frierende/ Geschlecht.“ Man folgt dem Verlauf der Gedichte von Klaus Martens gerne wie dem Lauf eines Flusses, gespannt und inspiriert von seinen Entdeckungen und seiner Beobachtungsgabe ,“dem lebendigen Wall zwischen Innen und Außen, Gefahr und Geborgenheit“. Und er erkennt seine eigene Position als Dichter mit einem milden, nachsichtigen Lächeln: „Texte/ aus wenigen Zeilen, für die Lücken/ im Umbruch der Blätter, die sie noch drucken.“

Der Dichter Klaus Martens liebt das Leben und er liebt die Natur. Manche seiner Naturgedichte erinnern mich an welche des großen Peter Huchel?: „ Ich wünschte ich wäre In Island gewesen/ und einfach geblieben/ sagenhaft einsam und stolz,/ am oberen Rand des Bewusstseins.“ Über ein Unwetter schreibt er: „Es war Aufwecken, Ursache und Wirkung/ ineins, kein Abstand, ein direkter Eingriff/ ins schlafende Leben, ungehörtes Donner-/wort und gleißende Erscheinung als Brand.“

Der Dichter Klaus Martens liebt Gedichte und Literatur und hat dabei Kollegen entdeckt, hauptsächlich amerikanische Autoren, denen er in seiner Eigenschaft als Literaturwissenschaftler Herausgaben? und Übersetzungen widmete oder auch Gedichte wie etwa das Dylan Thomas? zugeeignete. Einfühlsam formuliert er: „Er starb vor dem Nadir seiner Kraft,/ vielleicht gewollt, die letzte Tat/ der Poesie, die ihre Zeit längst kannte. Eindrucksvoller, denke ich, kann man das nicht ausdrücken.

Das eigene Schreiben macht er immer wieder zum Thema, hinterfragt und spürt auf seine unnachahmliche Art nach: „“Wer liest es schon?/ Am besten, du schickst es niemandem,/ fragst keinen,/ vermeidest spontanes Vorlesen/ und Rezitieren.“ Aber genau das sollten Sie, lieber Klaus Martens, tun. Damit es genauso ausschaut, wie Sie es beschreiben?: „Diese kleinen Konstellationen leuchten/ heller zusammen,/ leihen sich Licht und Kristall; / sie begegnen einander in Titeln/ in Motiven, in verlorenen Wörtern/ und im vorlesenden, gelesenen Schreiber.“

Es gäbe noch so viel über die Gedichte von Klaus Martens zu sagen, z. B., wie er es versteht, abgedroschenen Redensarten? neues unverbrauchtes Leben einzuhauchen oder wie er der Liebe begegnet, „Ein verwirrtes Buch, das zu dir spricht, in Gärtner- und in Pflanzensprache, ein Oh und Ah/ und sieh mal da und da – und lass mich jetzt.“ Doch statt jetzt weiter zu schwärmen, kann ich geneigte Leser nur animieren, diese Gedichte, die auf ihre verhaltene Art und Weise Maßstäbe setzen, mit Empathie zu lesen.

Autor: Michael Starcke

Literaturangaben


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