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Ausländer, Rose

Rose Ausländer (geb. 11. Mai 1901 in Czernowitz; gest. 3. Januar 1988 in Düsseldorf) war eine deutschsprachige Lyrikerin jüdischer Herkunft.

Leben und Schreiben

Rose Ausländer wurde als Rosalie Ruth Scherzer am 11. Mai 1901 in Czernowitz/Bukowina (damals Österreich-Ungarn, heute Ukraine) geboren. Sie entstammte einer deutschsprachigen jüdischen Familie. Ihr Vater Sigmund Scherzer war Prokurist in einer Import-Export-Firma, ihre Mutter Etie Rifke (geborene Binder) kam aus Berlin.

Mutter Sprache, CD-Cover - (c) Der Hörverlag

In Czernowitz, der Hauptstadt des österreichisch-ungarischen Kronlandes Bukowina, verbrachte Rose Ausländer eine glückliche und unbeschwerte Kindheit. Die Vielvölkerstadt, in der Deutsche, Juden, Rumänen, Russen, Polen und Ukrainer lebten, hatte viele bedeutende Schriftsteller, Künstler und Wissenschaftler hervorgebracht. Darunter den jiddischen Lyriker Itzig Manger? und den Dichter Paul Celan. Die Menschen, die dort lebten, sagten über ihre Stadt, dass dort Märchen und Mythen in der Luft lägen.

Von Czernowitz nach New York

Von 1907 bis 1918 besuchte Rose Ausländer die Schule, zunächst in Czernowitz und Budapest. 1916 wechselte sie nach Wien, wo sie an der Germinal-Handelsschule der Wiener Kaufmannschaft ihren Abschluss machte. Nach dem Ersten Weltkrieg kehrte sie nach Czernowitz zurück, das jetzt Cernauti hieß und zu Rumänien gehörte. Dort studierte sie an der Universität Literatur und Philosophie?. Sie beschäftigte sich intensiv mit Platon?, Spinoza?, Nietzsche und Freud. Nebenher war sie Mitglied im Ethischen Seminar und arbeitete in einer Rechtsanwaltskanzlei.

Nach dem frühen Tod des Vaters, der 1920 starb, geriet die Familie in Not. Rose Ausländer gab ihr Studium auf und ging 1921 – auf Drängen der Mutter, die ihre Familie nicht mehr ernähren konnte – mit ihrem Jugendfreund Ignatz Ausländer nach Amerika. Dort war sie als Hilfsredakteurin? bei der deutschsprachigen Zeitung? „Westlicher Herold“ tätig. 1923 siedelte sie nach New York über, wo sie in verschiedenen Berufen (unter anderem als Redakteurin, Sekretärin und Bankangestellte) tätig war.

„Der Regenbogen“

In der von Rose Ausländer redigierten Anthologie? „American Herold“ erschienen ihre ersten Gedichte, die in Form und Inhalt noch sehr konventionell geschrieben waren. Zu ihren wichtigsten Vorbildern gehörten die Dichter Georg Trakl? und Friedrich Hölderlin. Im Oktober 1923 heiratete sie Ignatz Ausländer (im Mai 1930 wurde die Ehe wieder geschieden).

Anfang 1931 kehrte Rose Ausländer nach Czernowitz zurück, wo sie als Englischlehrerin, Fremdsprachenkorrespondentin und so genannte Lebensberaterin für die Leser der Zeitung? „Der Tag“ lebte. Zudem pflegte sie ihre Mutter Etie Rifke, die schwer erkrankt war.

Ihre Gedichte veröffentlichte Rose Ausländer in Czernowitzer und Prager Zeitungen?, Zeitschriften? und Anthologien?. 1939 gab sie unter dem Namen Ausländer-Scherzer ihren ersten Gedichtband „Der Regenbogen“ heraus, der zwar von der Kritik gelobt wurde, aber beim Publikum nur auf geringe Resonanz stieß. Die Veröffentlichung des Bandes war auf Vermittlung des damals sehr einflussreichen Schriftstellers und Publizisten? Alfred Margul-Sperber? zustande gekommen, der auch den Dichter Paul Celan entdeckt und gefördert hat.

Heute ist „Der Regenbogen“ eine bibliophile Kostbarkeit, denn im Zweiten Weltkrieg gingen die Restauflage? des Bandes? sowie Rose Ausländers Tagebücher, Manuskripte und ihre frühen Essays über Spinoza?, Platon? und Freud verloren.

Ghettoelend und Todestransporte

1940 marschierten sowjetische Truppen in der Bukowina ein und besetzten Czernowitz. Der berüchtigte sowjetische Inlandsgeheimdienst NKWD ließ Rose Ausländer inhaftieren. Der Vorwurf lautete, dass sie als Spionin für die USA tätig gewesen sei. Nach vier Monaten wurde sie entlassen. 1941 marschierten deutsche Truppen in Czernowitz ein. Wie Rose Ausländer später mitteilte, bedeutete die Besatzungszeit für sie Ghetto, Elend, Horror, Todestransporte. Im Ghetto lernte sie Paul Celan kennen. Von den 60.000 Czernowitzer Juden überlebten nur 5.000 den Holocaust. Zu den Überlebenden gehörte Rose Ausländer. Nach dem Zweiten Weltkrieg verließ sie Czernowitz und ging zunächst nach Bukarest. 1946 wanderte sie erneut in die USA aus und erhielt 1948 die amerikanische Staatsbürgerschaft. Während dieser Zeit schrieb sie ihre Gedichte ausschließlich in englischer Sprache.

Auf einer Europareise traf Rose Ausländer 1957 mehrmals mit Paul Celan zusammen. 1965 siedelte sie in die Bundesrepublik über und lebte von 1972 an im Nelly-Sachs-Haus? der jüdischen Gemeinde in Düsseldorf. Aufgrund einer schweren Arthritis war sie von 1978 an bettlägerig.

„Blinder Sommer“

In der Forschung gilt Rose Ausländers Zusammentreffen mit Paul Celan 1957 in Paris als der entscheidende Anlass, um ihren Schreibstil und die Form ihrer Lyrik radikal zu ändern. War sie zuvor von Neuromantik? und Expressionismus geprägt gewesen, fand sie unter dem Einfluss von Celan erstaunlich schnell den Anschluss an die literarische Moderne?. Zu ihren bevorzugten Themen gehörten Landschaften, Zeitkritik, Menschen, Stimmungen, Sprache, Kindheit, Verfolgung und Judentum.

Lange Zeit blieb ihr Werk? ohne öffentliche Resonanz. Rose Ausländer galt vielmehr als ein Geheimtipp unter gut sortierten Lyrikfreunden. Von 1977 an wurde sie mit zahlreichen Literaturpreisen und weiteren Auszeichnungen gewürdigt – als Höhepunkt 1984 mit dem Bundesverdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland.

1965 legte Rose Ausländer unter dem Titel „Blinder Sommer“ ihren zweiten Lyrikband nach „Der Regenbogen“ (1939) vor. Thematische Schwerpunkte sind die Kindheit in Czernowitz, Erinnerungen an den Chassidismus der Ostjuden und das Leiden unter dem Nationalsozialismus. In „Blinder Sommer“ trat sie erstmals mit ihrer neuartigen lyrischen Bild- und Ausdruckswelt an die Öffentlichkeit, die sie fortan variieren und weiterentwickeln sollte. 1967 folgte der Lyrikband „36 Gerechte“, in dem die Autorin bestürzt und verwundert ihr physisches – und nach der Rückkehr in die deutsche Sprache auch psychisches – Überleben reflektiert.

Charakteristisch für Rose Ausländers Lyrik sind freie Rhythmen und Verse ohne Reim?, was von verschiedenen Literaturkritikern als monomanischer Hang zur Poetik? Schmucklosigkeit gedeutet wurde. Mit den folgenden Veröffentlichungen wie „Ohne Visum“ (1974), „Andere Zeichen“ (1975) und „So sicher atmet nur der Tod“ (1983) setzte Rose Ausländer ihren Weg als Dichterin fort, der sie zu einer in der deutschen Nachkriegslyrik seltenen sprachartistischen Modernität, atmosphärischen Intensität und bezaubernder Musikalität führen sollte.

Rose Ausländer hat mehr als 2.500 Gedichte verfasst (darunter viele Porträtgedichte zu Nelly Sachs?, Käthe Kollwitz, Georg Trakl?, Marc Chagall, Paul Celan), etwa 100 kurze Prosastücke sowie zahlreiche journalistische? Essays und Prosaarbeiten. Ihr Gesamtwerk? ist als sechzehnbändige Ausgabe? im S. Fischer Verlag? erschienen.

Rose Ausländer starb am 3. Januar 1988 in Düsseldorf. Sie wurde auf dem jüdischen Friedhof in Düsseldorf beerdigt.

Übrigens ...

hat Rose Ausländer ihre Gedichte und Prosatexte nicht datiert, weshalb eine exakte chronologische Einordnung ihrer Werke sehr schwierig ist.

Auszeichnungen

  • 1966 Silberner Heine-Taler
  • 1967 Meersburger Droste-Preis
  • 1977 Ida-Dehmel-Preis
  • 1977 Andreas-Gryphius-Preis?
  • 1978 Ehrenpreis des Kulturkreises im BDI
  • 1980 Roswitha-Gedenkmedaille
  • 1980 Gandersheimer Literaturpreis?
  • 1984 Literaturpreis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste
  • 1984 Bundesverdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland
  • 1986 Buchpreis des Deutschen Verbandes Evangelischer Büchereien

Werke (Auswahl)

  • Die Werke von Rose Ausländer bei Jokers
  • Brief aus Rosen. Frankfurt am Main, S. Fischer Verlag 1994, ISBN: 978-3596111633
  • Deiner Stimme Schatten. Gedichte, kleine Prosa und Materialien aus dem Nachlass. Frankfurt am Main, S. Fischer Verlag 2007, ISBN: 978-3100015280
  • Die Musik ist zerbrochen. Frankfurt am Main, S. Fischer Verlag 1993, ISBN: 978-3596111541
  • Gedichte. Frankfurt am Main, S. Fischer Verlag 2001, ISBN: 978-3100015402
  • Gelassen atmet der Tag. Frankfurt am Main, S. Fischer Verlag 2005, ISBN: 978-3596111572
  • Hinter allen Worten. Frankfurt am Main, S. Fischer Verlag 1992, ISBN: 978-3596111602
  • Immer zurück zum Pruth. Frankfurt am Main, S. Fischer Verlag 1989, ISBN: 978-3596292622
  • Sanduhrschritt. Frankfurt am Main, S. Fischer Verlag 1994, ISBN: 978-3596111589
  • Schattenwald. Gedichte Gesamtregister. Frankfurt am Main, S. Fischer Verlag 1995, ISBN: 978-3596111664
  • Und nenne Dich Glück. Frankfurt am Main, S. Fischer Verlag 1994, ISBN: 978-3596111626

Hörspiele

  • Mutter Sprache. CD. München, Dhv der Hörverlag 2002, ISBN: 978-3895847578

Sekundärliteratur

  • Silbermann, Edith: Rose Ausländer – Die Sappho der östlichen Landschaft. Aachen, Rimbaud-Verlagsgesellschaft 2002, ISBN: 978-3890867342

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