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Corpus Delicti

von<br> Juli Zeh

Juli Zehs „Corpus Delicti. Ein Prozess“ erschien 2009 als Roman zum vorangegangenen Theaterstück („Corpus Delicti“, uraufgeführt 2007) bei Schöffling & Co. Die 1974 in Bonn geborene Schriftstellerin hatte sich zu diesem Zeitpunkt bereits mit Werken wie „Adler & Engel“ (2001), „Die Stille ist ein Geräusch“ (2002), „Ein Hund läuft durch die Republik“ (2004) und “Spieltrieb“ (2004) in der literarischen Welt etabliert.

Wie bei der Gestaltung der meisten Bücher Zehs wird auf die schlichte Aufmachung Wert gelegt. Weiß ist die dominierende Farbe, von welcher sich die einfache Abbildung einer Tür umso stärker abhebt. Der Einband? gibt somit schon einen Vorgeschmack auf die inhaltlichen Vorzüge. So zeichnet sich auch die Sprache der Autorin durch ihre Einfachheit und gleichzeitig durch ihre starke Präsenz aus. Zehs Worte vermitteln Bildung und Ästhetik, ohne in Affektiertheit abzurutschen, ihre schnörkellose Sprache ist fließend, das eingebrachte Fachwissen (vor allem aus dem juristischen Bereich) scheint sich mühelos in den Text einzugliedern.

Im Gegensatz zur vorbildlichen Darstellung sprachlicher Leichtigkeit lässt der Inhalt etwas zu wünschen übrig: Der Science-Fiction-Roman? handelt von der Auflehnung eines Individuums gegen ein totalitäres Überwachungssystem, wie sie aus Werken wie „Die Möglichkeit einer Insel“ (Michel Houellebecq?, 2005), „A Brave New World“ (Aldous Huxley?, 1932) und „1984 “ (George Orwell?, 1949) zur Genüge bekannt ist.

In „Corpus Delicti“ heißt das sich auflehnende Individuum Mia Holl, deren Bruder durch einen Fehler der Obrigkeiten in den Freitod getrieben wird. Infolgedessen wendet sich auch Mia immer weiter vom alles beherrschenden System ab. Auch der letztendliche Sieg des Systems über das sich ihm entgegenstellende Individuum ist in diesem Genre keine Novität und darf in der einen oder anderen Weise stets vorausgesetzt werden.

Zeh vermag jedoch mit wenigen klaren Worten eine Atmosphäre der Beklemmung und Kontrolle zu konstruieren, welche auch durch den teils allzu großen Detailreichtum ähnlicher Romane nicht vortrefflicher hätte erschaffen werden können. Trotz exzellenter Wortwahl wirken sowohl Protagonisten als auch Antagonisten? dieses Romans stellenweise etwas leblos, fast als handle es sich noch immer um Bühnenrollen, welche auf die Vermenschlichung durch Schauspieler noch zu warten haben.

Insgesamt tröstet Zehs Sprache aber über die wenigen inhaltlichen Mängel hinweg und macht das Werk zu einem der lesenswertesten der Gegenwartsliteratur. Durch Einbindung von breit gefächertem Allgemein- und gut aufbereitetem Fachwissen trägt es zur Wissenserweiterung durchaus bei, viel bedeutender scheint jedoch, dass Juli Zehs „Corpus Delicti. Ein Prozess“ vor allem auch die Gefühle, Meinungen und Ansichten der Leserschaft zu erweitern vermag.

Autorin: Michaela Gnauer

Literaturangaben

  • Zeh, Juli: Corpus Delicti. Ein Prozess. Schöffling Verlag, Frankfurt am Main 2009. 272 S., 19,90 €, ISBN: 978-3895614347

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