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Haiku

Das Haiku ist eine beliebte Gattung der japanischen Dichtung. Anfangs folgte es noch strengen Form- und Inhaltsregeln, heute hingegen ist erlaubt, was gefällt. Weil Haiku so kurz sind, nennt man sie auch Ein-Atemzug-Gedichte.

Definition

Geisha - (c) Torsten Born/Pixelio.de

Das Haiku (japanisch Haikai, Hokku = lustiger Vers, Posse?) ist eine populäre Gattung der japanischen Dichtung, die seit dem frühen 20. Jahrhundert auch in Europa weit verbreitet ist. Charakteristisch für diese Form der Lyrik ist eine heitere oder auch tiefgründige Pointe?, die den Leser blitzartig mit seinem eigenen Erleben oder der ihn umgebenden Natur konfrontiert. Das Haiku bezieht sich häufig auf die Jahreszeiten und damit verbundene Gefühle wie Freude und Melancholie, Ruhe und Überschwang.

Traditionelle japanische Haiku bestehen meist aus drei Kurzversen von 5-7-5 Lauteinheiten (den so genannten Moren, die jedoch nicht mit deutschen Silben? identisch sind). Die drei Kurzverse werden vertikal aneinander gereiht.

Ein Beispiel:

1. Vers mit 5 Silben?: no | vem | ber | son | ne

2. Vers mit 7 Silben?: gelb | leuch | ten | die | blät | ter | auf

3. Vers mit 5 Silben?: eh | sie | ver | lö | schen

(René Possél?)

Wichtige Wesensmerkmale traditioneller Haiku sind Bezug auf die Gegenwart und Konkretheit in der Aussage. Trotz formaler Strenge können Haiku enorme poetische Kräfte entfalten, die vor allem aus prägnanten Bildern und assoziativen Gedankensprüngen hervorgehen. Haiku lassen dem Leser viel Spielraum für eigene Auslegungen, Interpretationen und Assoziationen. Die meisten Haijin (Haiku-Poeten) sehen genau darin den außergewöhnlichen Reiz der Gattung.

Foto: Torsten Born/pixelio.de

Weniger strenge Regeln im Deutschen

Im Deutschen sind die formalen Haiku-Regeln mittlerweile weniger streng, entscheidend ist das kunstvoll eingefangene Bild eines Augenblicks. Bereits in den 1980er Jahren haben sich viele Haiku-Poeten von der 5-7-5-Vorgabe verabschiedet. Ihre Begründung: Japanische Lauteinheiten sind alle gleich lang und übermitteln weniger Information als Silben? im Deutschen. Umgerechnet entsprechen 17 japanische Lauteinheiten etwa dem Informationsgehalt von 10-14 deutschen Silben?.

Entstehung

Japanische Kirschblüte - (c) Rainer Brückner/Pixelio.de

Das Haiku war ursprünglich die Anfangsstrophe? eines japanischen Kettengedichts (Renga). Diese scherzhaften, belehrenden oder erotischen Gedichte entstanden meist in geselliger Runde, wenn mehrere Dichter frei und ungezwungen improvisierten. Das Improvisieren bezog sich allerdings ausschließlich auf den Inhalt, für die Form galten strenge Regeln. Im Mittelpunkt standen einprägsame Bilder, die zugleich auch Freiraum für spontane Assoziationen des Lesers oder Zuhörers ließen. Ebenso wichtig war aber auch ein offenes Ende, damit der nächste Dichter zwanglos an das poetische Gemeinschaftswerk anknüpfen konnte.

Foto: Rainer Brückner/pixelio.de

Entwicklung

Im 16. Jahrhundert verselbstständigte sich das Haiku und entwickelte sich zu einer der beliebtesten Lyrikformen der japanischen Dichtung. Zu den berühmtesten Haiku-Poeten dieser Epoche gehörten Matsuo Bashō? und Yosa Buson?, die das Haiku nun auch mit ernsthaften, tiefgründigen und meditativen Gedanken verknüpften. Das so genannte „Frosch-Haiku“ von Matuso Bashō? gehört wohl zu den meistzitierten Haiku überhaupt:

Der alte Weiher:

Ein Frosch springt hinein.

Oh! Das Geräusch des Wassers.

Bewahren oder verändern?
Japanischer Garten - (c) Torsten Born/Pixelio.de

Unklar ist übrigens, wann der Begriff Haiku geprägt wurde. Man vermutet, dass er wohl erst im späten 19. Jahrhundert allgemeine Verbreitung fand, maßgeblich angeregt durch den Erneuerer der Haiku-Poesie Masaoka Shiki?. Zwei einflussreiche Schüler Shikis?, Takahama Kyoshi? und Kawahigashi Hekigotō?, gaben der Entwicklung des Haiku im 20. Jahrhundert wichtige Impulse, die auch in der gegenwärtigen Haiku-Dichtung noch wirksam sind.

Hekigotō? galt als Rebell, weil er die traditionelle Haiku-Form in Frage stellte und neue Ausdrucks- und Gestaltungsmöglichkeiten erprobte. Kyoshi? hingegen lehnte diese Form-Experimente strikt ab. Er bewahrte das Haiku in seiner klassischen Gestalt. Von Kyoshi? stammen einige der wohl schönsten Haiku der japanischen Literatur. Der Zauber ihrer klaren Sprache und die poetische Macht ihrer zeitlosen Bilder kommen in Übersetzungen leider nur selten zum Ausdruck.

Foto: Torsten Born/pixelio.de

Das Haiku in Deutschland

In der deutschsprachigen Literatur tauchte das Haiku im frühen 20. Jahrhundert vermehrt auf. Zu den bedeutendsten Haiku-Poeten in dieser Zeit gehörten Rainer Maria Rilke, Franz Blei? und Arno Holz?, die mit den klassischen Form- und Inhaltsregeln jedoch nicht allzu streng umgingen. Eine der schönsten und frühsten Haiku-Sammlungen stammt übrigens von Anna von Rottauscher? und ist 1939 unter dem Titel „Ihr gelben Chrysanthemen!“ erschienen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg fristete das Haiku im deutschen Sprachgebiet zunächst ein Schattendasein. Erst in den späten 1980er Jahren hat sich eine umtriebige Szene entwickelt. Viele der jüngeren Autoren? ließen sich dabei von Imma von Bodmershof? inspirieren, die bereits in den 1930er Jahren das Haiku gepflegt hatte. Zu den wichtigsten Haiku-Poeten der Gegenwart gehören Durs Grünbein?, Volker Friebel?, Heike Stehr?, Dietmar Tauchner?, Hubertus Thum? und Eve Marie Helm?. Einige dieser Autoren sind in der Deutschen Haiku-Gesellschaft? vertreten.

Literatur

  • Couderhove, Gerolf: Japanische Jahreszeiten. Tanka und Haiku aus dreizehn Jahrhunderten. Manesse Verlag, München 1963, ISBN: 978-3717512103
  • Grünbein, Durs: Lob des Taifuns. Reisetagebücher in Haikus. Insel Verlag, Frankfurt am Main 2008, ISBN: 978-3458193081
  • Ulenbrook, Jan: Haiku. Japanische Dreizeiler. Reclam Verlag, Ditzingen 1995, ISBN: 978-3150094006

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