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Liebesbrand

von<br> Feridun Zaimoglu

„Es wurde dunkel, es wurde hell, dann aber starb ich.“ Mit diesem elektrisierenden Satz beginnt Feridun Zaimoglus neuer Roman „Liebesbrand“. Nachdem er ein Busunglück knapp überlebt hat, liegt der Protagonist David, ein Deutscher mit türkischen Wurzeln, am Straßenrand irgendwo im türkischen Niemandsland, „das war ein Platz, an den sich die blinden Hunde zum Sterben zurückzogen“. Da hält eine unbekannte Frau ihren Wagen an, gibt ihm Wasser zu trinken und wischt ihm das Blut ab. Dann entschwindet sie in ihrem Auto mit deutschem Kennzeichen.

Nach einer kurzen Episode in einem türkischen Krankenhaus kehrt David zurück nach Deutschland. Wir erfahren etwas mehr über ihn: Er ist Ende Dreißig und kann seinen Bauch im Sitzen endgültig nicht mehr einziehen. Mit Börsenspekulationen hat er leidlich Geld verdient; es reicht, um nicht arbeiten zu müssen. Dafür sieht es mit der Liebe gar nicht gut aus, „es wartete eine abbruchreife Beziehung auf mich, sie war schön, sie war gut, und sie war mir fremd, in den letzten Monaten hatten wir einander belauert, um beim kleinsten Anlass Streit anzufangen, die banalste Banalität, dass Liebende sich auf dem Schauplatz ihrer erloschenen Liebe mit Kriegsspielen die Zeit vertreiben. Es half kein Zauber, der unverwundbar machte, es halfen keine Schwüre und keine kleinen Geschenke auf dem Kopfkissen.“

Poetische, mit geradezu archaischer Wucht aufgeladene Sprache

Er macht sich auf die Suche nach der geheimnisvollen Retterin; seine Reise führt ihn in die Kleinstadt Nienburg an der Weser; auf den Spuren der Frau, die den außergewöhnlichen Namen Tyra trägt, gelangt er nach Prag und schließlich nach Wien. Er wird von den vielfältigen Reaktionen der Menschen, auf die er dabei trifft, hin- und hergeworfen, ihm schlagen Hass und Liebe entgegen, er wird angezogen und abgestoßen und stolpert mehr durch die Welt, als dass er läuft, immer in Sehnsucht nach der Frau , die er wie selbstverständlich liebt, in der er seine Erlösung sieht.

Wie auch schon der inzwischen zum Bestseller gewordenen Vorgänger „Leyla“ besticht „Liebesbrand“, seinem etwas kitschigen Titel zum Trotz, durch seine poetische, mit geradezu archaischer Wucht aufgeladene Sprache. Zaimoglu, obwohl kein deutscher Muttersprachler, scheut sich nicht vor langen, epischen Sätzen, die der Leser atemlos verschlingt. Wurde im letzten Sommer Martin Mosebachs manieriertes Machwerk „Der Mond und das Mädchen“ völlig zu Unrecht in den Himmel gehoben, seine gekünstelte Sprache gar mit der Thomas Manns verglichen, der sich deshalb wahrscheinlich im Grabe umdreht, treffen wir mit Zaimoglu auf eine wahre Spitzenkraft der zeitgenössischen Literatur. Sein Repertoire reicht von zart gesponnenen inneren Monologen bis zu in satten Farben ausgemalten Märchen und Sagen, die er immer wieder in den Teppich seines Romans einknüpft. Dieses Buch ist eine Ode? an das hundertprozentige Gefühl.

Literaturangaben

  • Zaimoglu, Feridun: Liebesbrand. Roman. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2008, 374 S., 19,95 €, ISBN: 978-3462039696

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