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Márai, Sándor

Sándor Márai - (c) Piper Verlag

Sándor Márai (geb. 11. April 1900 in Kaschau/Ungarn; gest. 22. Februar 1989 in San Diego/USA) war ein ungarischer Schriftsteller. Zu Weltgeltung gelangte er mit psychologischen Gesellschaftsromanen und Novellen wie „Bekenntnisse eines Bürgers“ (1934) und „Die Glut“ (1942), in denen er den Niedergang des Bürgertums in Ungarn schilderte.

Ende des 20. Jahrhunderts erfuhr sein Werk mit einer Neuausgabe der Novelle "Die Glut" eine Renaissance.

Leben und Schreiben

Sándor Márai wurde als Sándor Grosschmid de Mára am 11. April 1900 in Kaschau geboren – einer Kleinstadt im Norden Ungarns, die heute in der Slowakei liegt. Die Familie hatte deutsche Wurzeln und stammte ursprünglich aus Sachsen, der Vater, der noch Grosschmid hieß, war ein erfolgreicher Rechtsanwalt und angesehener Senator. Gemeinsam mit zwei Brüdern wuchs Márai in gesicherten bürgerlichen Verhältnissen auf und wurde im Geiste der liberal-konservativen Familientradition erzogen. Später blickte er mit Wehmut auf seine Kindheit und Jugend in Ungarn zurück und schrieb eine Vielzahl von Romanen und Erzählungen, in denen er vor den Augen der Leser das eigenartige Lebensgefühl der Menschen in der zerfallenden Habsburger-Monarchie heraufbeschwor.

Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs und dem Zerfall der Monarchie ging Sándor Márai 1919 nach Deutschland, wo er zunächst ein Studium der Zeitungskunde an der Universität Leipzig aufnahm, später wechselte er nach Frankfurt am Main und Berlin, einen Abschluss machte er jedoch nie. In den 1920er Jahren begann er, als Journalist für die „Frankfurter Zeitung“ zu arbeiten, als deren Korrespondent er 1923 in Paris tätig wurde. In finanzielle Notlage geraten, kehrte er 1928 nach Ungarn zurück und lebte in Budapest als freier Schriftsteller.

Nachdem er bis dahin auf Deutsch geschrieben hatte, wurde fortan das Ungarische zu der Sprache, in der er publizierte. Innerhalb weniger Jahre wurde Sándor Márai zu einem der erfolgreichsten Schriftsteller seines Landes. Der Durchbruch gelang ihm mit den auf persönlichen Erfahrungen basierenden Romanen „Bekenntnisse eines Bürgers“ (1934) und „Doch blieb er ein Fremder“ (1935).

Im Jahr 1942 folgte seine Novelle „Die Glut“, deren 1999 erschienene Neuauflage? in Deutschland eine anhaltende Márai-Renaissance einleitete. Auch als Übersetzer von Franz Kafka, Georg Trakl? und Gottfried Benn? sorgte er für Aufsehen.

„Bekenntnisse eines Bürgers“ (1934)

In seinem 1934 erschienenen Debütroman? „Bekenntnisse eines Bürgers“ schildert Sándor Márai mit der ihm eigenen Mischung aus Humor und Melancholie seine Kindheit, frühe Jugend und seinen verschlungenen Bildungsweg. Im ersten Teil des Buches stellt er den Lesern seine zahlreichen Familienmitglieder vor und macht sie mit nahezu allen gesellschaftlichen Gruppen seiner Heimatstadt Kaschau bekannt. Im zweiten Teil beschreibt er den Zerfall der idyllischen Kindheitswelt und ihr schmerzvolles Versinken in der Katastrophe des Ersten Weltkriegs. Der Roman „Bekenntnisse eines Bürgers“ gilt als eines der wichtigsten Werke des Autors, das bereits deutliche Anklänge seines Lebens- und Leidensthemas – der seelischen Heimatlosigkeit in vielen Variationen – enthält.

„Die Nacht vor der Scheidung“ (1935)

Das nächtliche Gespräch zweier nicht mehr junger Männer, die in eine sorgsam verdrängte Dreiecksgeschichte verwickelt sind, steht im Mittelpunkt der Novelle "Die Nacht vor der Scheidung" (1935). Ein Richter wird mit der bitteren Wahrheit konfrontiert, dass er - aus Angst und gefangen in Konventionen - die Frau verfehlt hat, die er heimlich sein Leben lang geliebt hat. Sie ist die Frau seines Jugendfreundes geworden, eines Arztes, den er nun, nach zehn Jahren, erstmals wiedersieht, denn ebendiese Ehe soll er am nächsten Morgen scheiden. Doch nun hat sich die Frau umgebracht, ihr Ehemann, der Arzt, konnte und wollte ihr nicht mehr helfen.

Angesichts der Tragödie seines Freundes bricht auch für den Richter das Gebäude seiner eigenen Lebenslüge zusammen. Er erkennt, dass sein Berufsethos eine Lüge war und seine perfekte Ehe das Nebeneinanderleben zweier Fremder. "Wohin soll ich mich flüchten? In das ,Leben'? Was ist das? Irgendeine Art Theater mit aufgedonnerten Frauen, Trompetenlärm und dressierten Seehunden? Soll ich mich in die Arbeit flüchten? Aber alles hat doch nur einen Sinn, wenn Anna dahintersteht." Doch Anna, die einst und für immer geliebte, ist tot. "Die Nacht vor der Scheidung" kann als inhaltlicher Vorläufer der sieben Jahre später folgenden Novelle "Die Glut" gelten.

„Die Glut“ (1942)

In seiner 1942 veröffentlichten Novelle „Die Glut“ erzählt Sándor Márai erneut von der Begegnung zwischen zwei alten Jugendfreunden - diesmal in einem düsteren ungarischen Jagdschloss am Fuße der Karpaten im Jahr 1940. Einen Tag und eine Nacht dauert das Treffen der zwei Freunde, die sich 41 Jahre nach ihrer überstürzten Trennung wiedersehen. Das Treffen beschwört nicht nur eine verwickelte Dreiecksgeschichte herauf, sondern auch die Erinnerung an die untergegangene Donaumonarchie.

Anlässlich der Neuauflage? der Novelle im Jahr 1999 kam es in Deutschland zu einer bemerkenswerten Márai-Renaissance. Trotz einiger Vorbehalte, die vor allem Márais verklärte und klischeehafte Vorstellung von Männerfreundschaften betrafen, war die Literaturkritik begeistert und nannte Márais Namen in einem Atemzug mit Joseph Roth und Thomas Mann. Der „Spiegel“ sah in der Novelle ein „elegantes Meisterwerk“, die „Welt“ feierte sie als „literarische Sensation“. Die meisten Literaturkritiker lobten den sonderbaren Sog der Sprache und Bilder, dem sich die Leser nur schwer entziehen könnten.

Postume Würdigung

Während des Zweiten Weltkrieges ging Márai in die innere Emigration. Als die deutschen Truppen 1944 Ungarn besetzten, flüchtete er mit seiner jüdischstämmigen Frau in den Untergrund. 1948 verließ er Ungarn, das inzwischen von Kommunisten regiert wurde, endgültig, da er nach eigener Aussage nicht in einem Land leben wollte, in dem nicht nur die freie Rede und Schrift verboten war, sondern auch das freie Schreiben. Als er 1952 die amerikanische Staatsbürgerschaft erhielt, verließ er Europa und ließ sich in New York nieder. Da er seine Bücher weiterhin auf Ungarisch schrieb, blieb er im amerikanischen Exil ein vollkommen Unbekannter, im Europa der Nachkriegszeit und des Kalten Krieges geriet er in Vergessenheit. Angebote aus Ungarn, einen Teil seiner Werke neu zu verlegen, hatte der an schweren Depressionen leidende Autor bis zu seinem Tod strikt abgelehnt.

Aus Trauer über den Tod seines Adoptivsohns und seiner Frau, mit der er seit 1923 verheiratet war, beging Sándor Márai am 22. Februar 1989 in San Diego/USA Selbstmord. Postum wurde ihm in Ungarn der Kossúth-Preis verliehen, die höchste Literaturauszeichnung des Landes.

„Die Möwe“ (1948)

Nach Márais Tod wurden viele seiner Bücher neu aufgelegt? und übersetzt. Zu nennen sind hier vor allem der Essay „Schule der Armen. Ein Leitfaden für Menschen mit geringem Einkommen“ (1947) sowie die Romane „Verzauberung in Ithaka“ (1952) und „Wandlungen der Ehe“ (1949), die das zumeist hoffnungslose Dasein des Menschen in einer ihm fremd gewordenen Welt spiegeln. Im Jahr 2008 wurde Márais Roman „Die Möwe“ (1948) erstmals auf Deutsch veröffentlicht. Der Rezensent der „Berliner Literaturkritik“ schrieb über das Buch: Vor dem Auge des Lesers entstehe ein geradezu intellektuelles, monologisches? Ringen um das Rätsel von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.

Übrigens ...

veröffentlichte Sándor Márai im Alter von 14 Jahren seinen ersten Feuilleton-Artikel? in seiner Heimatstadt Kaschau.

Auszeichnungen

  • 1989 Kossúth-Preis (postum)

Werke (Auswahl)

  • Bücher von Sándor Márai bei Jokers
  • Bekenntnisse eines Bürgers. EA 1934. Piper Verlag, München 2000, ISBN: 978-3492230810
  • Die Nacht vor der Scheidung. EA 1935. Piper Verlag, München 2005, ISBN: 978-3492245449
  • Die Glut. EA 1942. Piper Verlag, München 2008, ISBN: 978-3492233132
  • Schule der Armen. Ein Leitfaden für Menschen mit geringem Einkommen. EA 1947. Piper Verlag, München 2007, ISBN: 978-3492250788
  • Die Möwe. EA 1948. Piper Verlag, München 2008, ISBN: 978-3492052085
  • Wandlung einer Ehe. EA 1949. Piper Verlag, München 2007, ISBN: 978-3492241670

Hörbücher

  • Die Glut. CD. Hörbuch Hamburg, Hamburg 2006, ISBN: 978-3899037319
  • Die jungen Rebellen. 6 CDs. Hörbuch Hamburg, Hamburg 2001, ISBN: 978-3899030174
  • Die Möwe. CD. Der Audio Verlag, Hamburg 2008, ISBN: 978-3898138000

Sekundärliteratur

  • Zeltner, Ernö: Sándor Márai. Ein Leben in Bildern. Piper Verlag, München 2005, ISBN: 978-3492242387

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