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Paul Celan: Briefwechsel mit Klaus und Nani Demus

von<br> Joachim Seng (Hg.)

Paul Celans Schicksal als Dichter aus der Bukowina, der beide Eltern in Auschwitz verlor, ist den mit seiner Dichtkunst Vertrauten weitgehend bekannt. In seinem Wesen und Charakter wird er erst fassbar durch die Briefwechsel? mit Freunden und mit seiner Frau Gisèle Celan-Létrange. Sie liegen in verschiedenen Ausgaben? vor. Darin sehen wir ihn, dessen Gedichte von tiefer Ernsthaftigkeit und melodiöser Tiefenschärfe sind, als eine geheimnisvolle, anziehende und tragische Erscheinung. Er scheint immer ganz dicht bei dem Geschehen zu sein, dem er sich innerlich nahe fühlt.

Als Paul Celan 1948 in Wien durch Vermittlung von Ingeborg Bachmann Klaus? und Nani Demus? kennenlernte, war er in den dortigen Künstlerkreisen angekommen. Mitglieder dieser Szene schildern ihn als einen sehr scheuen und zurückgenommenen Menschen. Seine Gedichte kamen nach Otto Basil, Herausgeber der Zeitschrift „Plan“, als „traurige und sehr schöne, der östlichen Landschaft angepasste Lyrik“ an.

Klaus und Nani Demus, Kunsthistoriker, Dichter und Literaturwissenschaftlerin, erkannten wie Ingeborg Bachmann früh schon Celans Genialität?. Celan hat ein enges Vertrauensverhältnis zu dem Ehepaar aufgebaut und eine intensive Freundschaft entwickelt, die er Zeit seines Lebens beibehielt. Soweit Nähe zu ihm überhaupt möglich war, hatten diese beiden Zugang zu ihm. 1948 begab sich Paul Celan nach Paris, wo er sein weiteres Wirken als Dichter des deutschsprachigen? Raums fortsetzte. Von dort datierten fast alle seine Briefe? an Klaus und Nani Demus. Der von Joachim Seng? herausgegebene Briefwechsel beginnt mit einem Gedicht von Klaus Demus und endet vor Celans Tod mit letzten Versen aus seiner Feder im März 1970.

Paul Celan und Klaus Demus dachten und dichteten sehr ähnlich. Demus bewunderte den älteren Freund, an dessen Werk? er künstlerisch mit seinen Versen aber nicht heranreichte. Demus schreibt und zeigt seine Nähe zu Celan in Sätzen wie diesem: „Weiße Flügel des Wassers über des Herzens schwarzer Wiese“. Gegenüberstellungen von Helligkeit und Klarheit mit den düsteren Nebeln der Dunkelheit sind Merkmale beider Dichter. Sie schrieben sich zeitweise in Gedichtform, und es vereinte sie eine tiefe Sehnsucht nach Helligkeit und Schönheit, die sich fast immer in der Schwärze der Nacht verlor.

In tragischer Weise zerbrach diese Freundschaft, die von beiden Seiten als einmalig empfunden wurde, an der Affäre Goll?, die Celan in den seelischen Abgrund gestürzt hatte. (Vgl. Paul Celan – „Die Goll-Affäre“ herausgegeben von Barbara Wiedemann.) Zu viel erlittenes Leid machte Paul Celan empfindsam gegen jede Art von Kritik. Der von Klaus Demus vorgetragene Verdacht einer Paranoiaerkrankung bei Celan führte zum totalen Kontaktabbruch zwischen den Freunden, wenngleich Celan in der Tat als Folge seiner existenziellen und seelischen Nöte in eine Geisteskrankheit abgeglitten war.

Sehr viel Persönliches erfährt man über beide Briefpartner, denn ihr ganzes Leben, Denken und Fühlen spiegelt sich in den Briefen, in die ihre Frauen einbezogen waren. Der Herausgeber des vorliegenden Briefwechsels, Joachim Seng, kommentiert in einem Nachtext die „Fremde“ und die „Nähe“ als das Kriterium, unter dem man sich Freundschaft mit Paul Celan vorstellen muss. Wie in früher schon veröffentlichten Briefwechseln zwischen Celan und Freunden wird man Zeuge eines Lebensschicksals, das in seiner künstlerischen Größe und persönlichen Lebenstragik tief anrührend ist.

Originalbeitrag unter Die Berliner Literaturkritik

Literaturangaben

  • Paul Celan, Klaus und Nani Demus: Briefwechsel. Hg. v. Joachim Seng. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2009. Geb., 675 S., 34,80 €, ISBN: 978-3518421222

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