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Polgar, Alfred

Alfred Polgar (geb. am 17. Oktober 1873 in Wien; gest. am 24. April 1955 in Zürich), eigentlich Alfred Polak, war ein bekannter österreichischer Schriftsteller, Übersetzer, Publizist? und Theaterkritiker?.

Leben

Alfred Polgar wurde am 17. Oktober 1873 im Wiener Bezirk Leopoldstadt geboren. Er war das jüngste von drei Geschwistern und seine Eltern, Josef und Henriette Polak, besaßen eine Klavierschule in Wien. Nachdem er das Gymnasium und die Handelsschule ohne Abschluss verlassen hatte, arbeitete er ab 1895 als Redakteur? bei der "Wiener Allgemeinen Zeitung?", damals noch unter seinem richtigen Namen Alfred Polak. Zu Beginn zuständig für Gerichts- und Parlamentsreportagen?, arbeitete er später im Feuilleton? und verfasste Theaterkritiken.

Neben seiner Redakteurstätigkeit schrieb er ab 1905 als freier Autor Beiträge für die Zeitschrift? Die Schaubühne, herausgegeben von Siegfried Jacobsohn?. Außerdem begann er, humoristische Stücke für das Kabarett? zu verfassen. Sehr fruchtbar war in dieser Hinsicht seine Zusammenarbeit mit dem österreichischen Schriftsteller und Kabarettisten Egon Friedell?. Gemeinsam brachten sie im Jahr 1908 „Goethe. Eine Groteske in zwei Bildern“ auf die Bühne. Darin parodieren sie den Literaturunterricht an Höheren Schulen und lassen Johann Wolfgang von Goethe selbst ein Examen zu Goethes Leben und Werk nicht bestehen. Mit über 300 Aufführungen entwickelte sich dieses Stück zum Publikumsliebling. Im selben Jahr veröffentlichte Polgar sein erstes Buch: „Der Quell des Übels und andere Geschichten“.

Als Übersetzer und Bearbeiter von Theaterstücken machte sich Polgar ebenfalls einen Namen. Im Jahr 1912 übersetzte er Franz Molnars? Theaterstück „Liliom“ aus dem Ungarischen und versah es zusätzlich mit einem Prolog. Bei seiner Premiere am 28. Februar 1913 in Wien wurde das Stück mit Begeisterung aufgenommen.

Nach Ausbruch des ersten Weltkriegs wurde Polgar im Zuge der Mobilmachung eingezogen und war im Kriegsarchiv tätig. Nebenbei verfasste er aber weiterhin Artikel für Zeitungen und Zeitschriften. Nach Kriegsende übernahm er die Leitung des Feuilleton-Ressorts bei der Zeitung Der Neue Tag. Zusätzlich verfasste er eine Reihe von Antikriegs-Schriften, die er unter anderem in der pazifistischen Zeitschrift „Der Friede“ herausbrachte.

Im Jahr 1921 erschien die Zeitungsparodie „Böse Buben-Journal“, wieder ein Ergebnis der Zusammenarbeit mit Egon Friedell?. In den 1920er Jahren verbrachte Polgar viel Zeit in Berlin, wohin er 1927 übersiedelte. Während dieser Zeit fand Polgar im Rowohlt Verlag? eine literarische Heimat. Es erschienen unter anderem seine gesammelten Theaterkritiken und Sammelbände seiner Essays. Im Jahr 1929 heiratete er, im Alter von 56 Jahren, die 18 Jahre jüngere Elise Loewy.

Nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten verließ der jüdische Polgar Deutschland zusammen mit seiner Frau und ging ins Exil nach Prag. Von dort reiste das Ehepaar Polgar weiter über Wien, Zürich, Paris, Marseille und Lissabon in die USA. Sie ließen sich in Hollywood nieder und Polgar schrieb unter anderem als Drehbuchautor? für Metro-Goldwyn-Mayer. Im Jahr 1943 ging er nach New York und 1949, mittlerweile amerikanischer Staatsbürger, kehrte er nach Zürich zurück. Dort verstarb er am 24. April 1955.

Schreiben

Alfred Polgar erfuhr Zeit seines Lebens kaum eine Ehrung oder Auszeichnung und dennoch zählt er zu den talentiertesten und kunstfertigsten Schriftstellern seiner Zeit. Aufgewachsen in einem musischen Elternhaus, begeisterte er sich schnell für den Rhythmus der Sprache und ihre Eleganz. Seine Werke zeichnen sich durch seinen unverwechselbaren Stil und seine kunstvolle Sprachbeherrschung aus. Nur wenig andere Autoren verstehen es, so treffend, präzise und fein zu formulieren.

In vielen seiner Texte stehen die kleinen Leute und ihr alltägliches Leben im Mittelpunkt. Meist scharfzüngig, aber ohne dabei zu verletzen, entlarvt Polgar mit hintersinniger Ironie? die Schwächen seiner Zeit. „Meister der kleinen Form“ wurde er angesichts dieses Talents oft genannt. Was er schreibt, erscheint beiläufig, da er meist nicht kommentiert, sondern genau beobachtet und beschreibt. Gerade deshalb haben seine Texte einen solch scharfsinnigen und tief greifenden Charakter.

Auch wenn Polgar Zeit seines Lebens als Publizist? gearbeitet hat, so hat er den journalistischen Betrieb mit all seiner Wichtigtuerei und Affektiertheit letztlich doch abgelehnt. Auf Lob von Seiten anderer Journalisten? gab er im Allgemeinen nicht viel. Er bevorzugte vielmehr den Literaturbetrieb und so soll er auch nach einem Lob Franz Kafkas über sein Werk „stolz wie ein Gymnasiast“ gewesen sein. Auch Joseph Roth und Robert Musil schätzten Polgar und seine feinsinnigen Texte. Kurt Tucholsky nannte ihn den "feinsten und leisesten Schriftsteller unserer Generation".

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war Polgar in Wien und der Welt der Kaffeehäuser zu Hause. Man traf ihn oft im berühmten Wiener Café Central. Zusammen mit Peter Altenberg, Egon Friedell? oder Anton Kuh gehörte er zu dessen Stammgästen. In „Die Theorie des Café Central“ schreibt er:

"Das Café Central ist nämlich kein Caféhaus wie andere Caféhäuser, sondern eine Weltanschauung [...]. Seine Bewohner sind größtenteils Leute, deren Menschenfeindschaft so heftig ist wie ihr Verlangen nach Menschen, die allein sein wollen, aber dazu Gesellschaft brauchen [...]."

In den letzten Jahren ist Alfred Polgar etwas in Vergessenheit geraten, doch pünktlich zu seinem 130. Geburtstag im Jahr 2003 hat Harry Rowohlt? das Buch "Alfred Polgar. Das große Lesebuch" vorgelegt. Dieses Lesebuch ist eine umfangreiche Sammlung von Zitaten und Texten Alfred Polgars, die ihn - zumindest kurzfristig - vielleicht davor bewahrt, in Vergessenheit zu geraten.

Werke (Auswahl)

*Bücher von Alfred Polgar bei Jokers

  • Der Quell des Übels und andere Geschichten. 1908
  • Bewegung ist alles. Novellen und Skizzen. 1909
  • Hiob. Ein Novellenband. 1912
  • Liliom. Vorstadtlegende in 7 Bildern und einem szenischen Prolog. (Übersetzung und Bearbeitung). 1912
  • Max Pallenberg. 1921
  • Orchester von oben. 1926
  • An den Rand geschrieben. 1926
  • Ich bin Zeuge. 1927
  • Schwarz auf Weiß. 1929
  • Ansichten. 1933
  • Handbuch des Kritikers. 1938
  • Geschichten ohne Moral. 1943
  • Begegnung im Zwielicht. 1951
  • Standpunkte. 1953
  • Die Mission des Luftballons. Skizzen und Erwägungen. Hrsg. v. Fritz Hofmann. 1975
  • Taschenspiegel. Hrsg. v. Ulrich Weinzierl. 1979
  • Kleine Schriften (6 Bände). Hrsg. v. Marcel Reich-Ranicki und Ulrich Weinzierl. 1982-1986. Einzelbände: Musterung. Kreislauf. Irrlicht. Literatur. Theater I. Theater II.

Auszeichnungen

  • 1951 Preis für Publizistik der Stadt Wien

Übrigens…

In Wien wurden eine Straße und Schule im 22. Bezirk nach Alfred Polgar benannt.

Links

Alfred Polgar im Exil-Archiv

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