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Schwitters, Kurt

Kurt Schwitters (geb. 20. Juni 1887 in Hannover; gest. 8. Januar 1948 in Ambleside/Westmoreland) war ein deutscher Dichter und Maler. Seine Lyrik gilt als wichtige Anregung für die literarische Entwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg.

Leben und Schreiben

Kurt Schwitters - (c) Edition Nautilus

Kurt Schwitters wurde am 20. Juni 1887 als Sohn von Eduard und Henriette Schwitters in Hannover geboren. Bis 1898 betrieben die Eltern ein Damenkonfektionsgeschäft am Theaterplatz in Hannover. Danach lebten sie von Einkünften aus Immobilienbesitz. Von 1894 an besuchte Schwitters das Realgymnasium I. Nach dem Abitur studierte er von 1908 bis 1914 an der Kunstgewerbeschule in Hannover sowie an der Kunstakademie in Dresden. Zunächst deutete viel darauf hin, dass Schwitters eine konventionelle Malerlaufbahn einschlagen würde. Sein Frühwerk ist von den Einflüssen der Moderne? – in Dresden hatten die expressionistischen Maler Ernst Ludwig Kirchner, Karl Schmidt-Rottluff und Fritz Bleyl 1905 den Künstlerbund „Die Brücke“ gegründet – nahezu unberührt.

1917 wurde Schwitters zum Kriegsdienst einberufen. Da er seit seiner Jugend an epileptischen Anfällen litt, wurde er nach vier Monaten Dienst in der Schreibstube wieder entlassen. Als Ersatz musste er bis November 1918 in einem Eisenwalzwerk bei Hannover kriegswichtige Werkstattzeichnungen anfertigen.

MERZ

Bildende Kunst von Kurt Schwitters aus dem Sprengel-Museum Hannover - (c) Schlütersche Verlagsgesellschaft

Zu dieser Zeit näherte sich Schwitters der künstlerischen Avantgarde? an: Sein Interesse für Expressionismus, Kubismus?, Konstruktivismus? und figurative Malerei war erwacht. Es entstanden erste Collagen, in die er zufällig gefundene Alltagsabfälle wie Scherben, Nägel und Schnürsenkel einarbeitete. Ein Papierfetzen, den er auf dem Theaterplatz in Hannover aus einer Regenlache fischte, stammte aus einer Zeitungsannonce der KOMMERZ- UND PRIVATBANK. In seiner Werkstatt schnitt Schwitters aber nur die Silbe? MERZ aus – und auf diesen Namen taufte er dann nicht nur die aktuelle Collage, sondern auch seine besondere Collagierungs-Technik. 1919 fand eine erste Ausstellung mit MERZ-Bildern in Herwarth Waldens? Galerie „Der Sturm?“ statt. Es folgten Ausstellungen in Jena, Köln, Dresden und New York. Bis heute sind Schwitters Collagen unter dem Namen MERZ-Bilder bekannt.

„Anna Blume“

Seit seiner Jugend verfasste Schwitters Lyrik und Prosa, die häufig auf eine skurrile oder grotesk-phantastische Pointe? hinausliefen. Von 1919 an entwickelte er die MERZ-Dichtung, in die er analog zu seinen malerisch-plastischen Konstruktionen zufällig aufgefundene Satz?- und Wortfragmente? (aus Zeitungen?, Flugblättern?, Plakaten, Werbebroschüren, Romanen, Gesprächen) integrierte. Mit dieser Dichtung, die von vielen Zeitgenossen als ironischer? und unterhaltsamer Schabernack aufgefasst wurde, verfolgte Schwitters eine ernste Absicht. Er verstand seine Dichtung als Revolte gegen die von Politik, Presse und Unterhaltungsindustrie missbrauchte Sprache. Sein Ziel war es, die Dichtung neu zu beleben und dem wahren Sinn der Worte auf die Spur zu kommen.

1919 legte Schwitters im legendären Hannoveraner Paul Steegemann Verlag? (auch Walter Serner, Melchior Vischer? und Richard Huelsenbeck? veröffentlichten in diesem Verlag ihre epochalen Arbeiten) seinen Sammelband „Anna Blume“ vor, der das für die MERZ-Dichtung programmatische Gedicht „An Anna Blume“ enthielt. Dieser Band, der in den 1920er Jahren mit wechselnden Einbandvarianten (nach Entwürfen von Schwitters) mehrfach neu aufgelegt? wurde, machte Schwitters weit über die Grenzen Hannovers bekannt. Dazu trug auch eine Werbeaktion des Verlegers Paul Steegemann? bei: Im Sommer 1920 ließ Steegemann? das Gedicht „An Anna Blume“ auf ein Plakat drucken und an Litfasssäulen in Hannover kleben. Viele Passanten, die das Gedicht lasen, waren konsterniert – sie konnten mit dieser Art von Lyrik, die jede traditionelle lyrische Sinngebung boykottierte, nichts anfangen. In der Literaturwissenschaft gilt Schwitters – hauptsächlich aufgrund des Sammelbandes „Anna Blume“ – als ein wichtiger Wegbereiter der konkreten Poesie?.

„Die Ursonate“

Von 1923 bis 1932 gab Schwitters die Zeitschrift?MERZ?“ heraus, deren erste Nummer er seinen künstlerischen Vorbildern und Weggefährten widmete. Ab 1923 arbeitete er als Werbegrafiker und Typograph. Zusammen mit Lázlo Moholy-Nagy und Friedrich Vordemberge-Gildewart gründete Schwitters 1927 den „ring neuer werbegestalter“. Zudem befand er sich häufig auf Vortragsreisen (1921 „Anti-Dada-Merz-Tournee“ in Prag), Kongressen (1922 Dadaisten- und Konstruktivistenkongress in Weimar) und Matinéen (1923 Große-MERZ-Matinee in Hannover).

Als Schriftsteller trat Schwitters 1923 mit der Novelle „Auguste Bolte (ein Lebertran)“ an die Öffentlichkeit. Die Novelle, in der Schwitters Elemente aus verschiedenen literarischen Traditionen wie Bildungsroman? und Großstadtgeschichte zu einer grotesk-verzerrten Gegenwartspersiflage? verbindet, gilt als einer der vielschichtigsten und unterhaltsamsten Prosatexte der Avantgarde?. Darin gelingt es Schwitters, auf besonders pointierte? Weise den Warencharakter der Kunst zu enthüllen und das scheinbar so komplexe Bildungsuniversum des modernen Menschen in Frage zu stellen.

Etwa zur gleichen Zeit entstand Schwitters Text „Die Ursonate“, der häufig auch als „Sonate in Urlauten“ bezeichnet wird. Mehr als zehn Jahre hat Schwitters an diesem Text gearbeitet, der in seinen Ursprüngen auf das bereits 1918 entstandene Plakatgedicht „fmsbwtözäu pggiv?mü“ zurückgeht. Er sei, sagte Schwitters, zu seiner „Ursonate“ besonders durch die Aufschriften auf Eisenbahnstellwerken angeregt worden, die immer so interessant wirkten, weil mal den Sinn nicht verstehe. Mit der „Ursonate“, deren Vortrag ungefähr 45 Minuten in Anspruch nimmt, wollte Schwitters den gemeinsamen Grundzug von wahrer Kunst und Wirklichkeit offen legen. Diesen gemeinsamen Grundzug sah Schwitters in der Nicht-Interpretierbarkeit, die auf der verstandesmäßigen Unfähigkeit des Menschen basiere, hinter den Zeichen, die der Mensch sowohl im Kunstwerk als auch in der Wirklichkeit wahrnehme, den Sinn zu erkennen und zu verstehen.

Isle of Man

Nach der Beteiligung an den Ausstellungen „Cubism and Abstract Art“ und „Fantastic Art, Dada and Surrealism“ im Museum of Modern Art in New York floh Schwitters im Dezember 1936 aus Deutschland nach Norwegen. 1940 emigrierte er von dort nach Schottland, wo er für 17 Monate in einem Lager auf der Isle of Man inhaftiert wurde. Im Anschluss ging er nach London, wo sein Sohn für die norwegische Exilregierung tätig war.

Am 8. Januar 1948 starb Kurt Schwitters in Ambleside/Westmoreland an Herzversagen.

Übrigens...

gestaltete Schwitters ab 1923 sein Haus in Hannover zum MERZ-Bau um. Darunter verstand er eine Art Gesamtkunstwerk, das neben plastisch-malerischen Konstruktionen auch die Architektur einbeziehen sollte. 1943 wurde das Haus zerstört.

Auszeichnungen

Werke

  • Bücher von und über Kurt Schwitters bei Jokers
  • Kurt Schwitters. Seine Bildwerke mit Erläuterungen und Original-Tondokumenten. CD- ROM für Windows ab 3.1, Schlütersche Verlagsgesellschaft, Hannover 1999, ASIN: 3877067700
  • Anna Blume und ich. Die gesammelten Anna Blume-Texte. Zürich, Arche Verlag 2004, ISBN: 978-3716023372
  • Die literarischen Werke. 5 Bände. Köln, DuMont Buchverlag 2004, ISBN: 978-3832178833
  • Eile ist des Witzes Weile. Eine Auswahl aus den Texten. Ditzingen, Reclam Verlag 1987, ISBN: 978-3150083925
  • Franz Müllers Drahtfrühling. Hamburg, Edition Nautilus 2000, ISBN: 978-3894013592
  • Kuwitter. Grotesken, Szenen, Banalitäten. Hamburg, Edition Nautilus 2004, ISBN: 978-3894011321

Hörbücher

  • Schwitters Ursonate. 1 CD. Schwarzenbek, Conträr Musik 2004, ISBN: 978-3932219498
  • Von der Gurgel bis zur Zehe. 2 CDs. Zürich, Kein & Aber 2003, ISBN: 978-3036911427

Sekundärliteratur

  • Orchard, Karin / Schulz, Isabel: Merzgebiete. Kurt Schwitters und seine Freunde. Köln, Dumont Buchverlag 2006, ISBN: 978-3832177379

Links

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