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Timm, Uwe

Uwe Timm (geb. 30. März 1940 in Hamburg) ist ein deutscher Schriftsteller. Er lebt und arbeitet in München und Berlin.

Leben und Schreiben

Uwe Timm - (c) dtv

Uwe Hans Heinz Timm wurde am 30. März 1940 als Sohn eines Kürschners in Hamburg geboren. Er absolvierte eine Kürschnerlehre, besuchte das Braunschweig-Kolleg (übrigens zusammen mit seinem Jugend- und späteren Studienfreund Benno Ohnesorg) und holte 1963 auf dem zweiten Bildungsweg das Abitur nach. Ab 1966 studierte Uwe Timm Philosophie? und Germanistik? in München und Paris. 1971 promovierte er mit der Dissertation „Das Problem der Absurdität bei Camus“ zum Dr. phil. Im Anschluss begann er ein Studium der Soziologie und Volkswirtschaftslehre in München.

Von 1967 bis 1968 war Timm im Sozialistischen Deutschen Studentenbund (SDS) politisch aktiv. Er gehörte zu den Mitbegründern der „Wortgruppe München“?, war von 1971 bis 1976 Mitherausgeber? der „Literarischen Hefte?“ und von 1972 bis 1982 Mitherausgeber? der „AutorenEdition?“.

„Widersprüche“ (1971)

1971 ließ sich Uwe Timm als freier Schriftsteller in München nieder. Als Lyriker debütierte? er 1971 mit dem Band „Widersprüche“, der 23 politische Gedichte enthält. Diese Gedichte gelten als Resultat von Timms Auseinandersetzung mit der Arbeiterliteratur? aus der Zeit der Weimarer Republik. Seine Faszination für diese Literatur begründete Timm damit, dass sie sich vor allem mit den Opfern und den Besiegten beschäftige.

1972 folgten die beiden erfolgreichen Hörspiele „Herbert oder die Vorbereitung auf die Olympiade“ und „Die Steppensau“, das auch für die Bühne adaptiert wurde.

„Heißer Sommer“ (1974)

1974 veröffentlichte Timm seinen Debütroman? „Heißer Sommer“, in dem er die Studentenunruhen an deutschen Universitäten aus einer sehr persönlichen Perspektive schildert. Im Mittelpunkt der Handlung steht der Germanistikstudent? Ulrich Krause, der sich vom unpolitischen Mitläufer zum organisierten Parteiarbeiter entwickelt. Zahlreiche ebenso kontemplative wie tabulose Drogen- und Sexmeetings sind ihm auf dem wechselvollen Weg zur Erkenntnis behilflich. Der Roman, der im Feuilleton? bei seinem ersten Erscheinen (aber auch anlässlich der Neuauflage 1985) kontrovers diskutiert wurde, gilt als ein Schlüsseltext zur Geschichte der Studentenbewegung. Die Fachkritik lobte besonders die überzeugende Verbindung von persönlichem Erlebnis und politischer Analyse. Mit dem Roman „Kerbels Flucht“ (1980) knüpfte Timm an „Heißer Sommer“ an.

„Morenga“ (1978)

In seinem viel gelobten zweiten Roman „Morenga“ (1978) thematisiert Timm den schwarzafrikanischen Befreiungskampf im ehemaligen Deutsch-Südwestafrika (heute Namibia). Im Zentrum der Geschichte steht der Freiheitskämpfer Jakob Morenga (1875-1907), von seinen Anhängern und Gegnern ehrfürchtig der „schwarze Napoleon“ genannt. Der Aufstand der Hereros und Hottentotten, von Morenga angeführt, wurde durch deutsches und englisches Militär niedergeschlagen. Für dieses Buch wertete Timm zahlreiche historische Quellen?, Chroniken? und Dokumente aus und recherchierte zudem an verschiedenen Orten in Namibia. Das Feuilleton fand es sympathisch, dass Timm in seinem Roman nicht bei den üblichen Anklagen gegen rassistisches und profitorientiertes Denken stehen bleibe, sondern auf alternative Protestformen hinweise. 1985 diente „Morenga“ als Vorlage für ein Fernsehspiel der ARD.

Es folgten der Familienroman „Der Mann auf dem Hochrad“ (1984), der sozialkritische Roman „Der Schlangenbaum“ (1986) und der autobiographische Erinnerungsband? „Vogel, friss die Feige nicht. Römische Aufzeichnungen“ (1989). In „Der Mann auf dem Hochrad“ porträtiert Timm liebevoll den Erfinder und Hochradpionier Franz Schröder und zeigt zugleich, wie das Fahrrad zu einem Symbol für Freiheit und Emanzipation geworden ist.

„Die Entdeckung der Currywurst“ (1993)

Das Buch zum Film - (c) dtv

Die 1993 erschienene Novelle „Die Entdeckung der Currywurst“ gehört zu den größten Erfolgen von Uwe Timm. Sie erzählt von der Hamburgerin Lena Brücker, die, verheiratet und Mutter zweier fast erwachsener Kinder, in den letzten Kriegstagen den fahnenflüchtigen Hermann Bremer bei sich versteckt. Zwischen ihr und dem sehr viel jüngeren Mann entspinnt sich eine Liebesbeziehung. Dass er ebenfalls verheiratet ist und ein neugeborenes Kind hat, erzählt Bremer seiner Retterin nicht. Umgekehrt verschweigt Lena Brücker, als der Krieg vorbei ist, ihrem Geliebten dies, um ihn bei sich zu halten. Die beiden erleben ein von der Zeit geborgtes Glück, das auf beiderseitig durchschauten Lügen aufgebaut ist und aus vielen Gründen nicht halten kann ...

Schließlich verlässt Hermann Bremer seine Geliebte, die sich nun in den Nachkriegswirren ein neues Leben aufbaut: Ihren aus dem Krieg zurückgekehrten Ehemann wirft Lena Brücker irgendwann hinaus. Fortan ernährt sie sich und ihre beiden Kinder allein. Und dann entdeckt sie eines Tages, begünstigt durch einen unglaublichen Zufall, wie gut sich Tomatenketchup und Curry zusammenfügen, und erfindet so die Currywurst ...

Die Geschichte ist eingebettet in eine Rahmenerzählung?, die Jahrzehnte später spielt: Der Ich-Erzähler lernt Lena Brücker kennen, die mittlerweile in einem Hamburger Altenheim wohnt. Er besucht sie mehrfach und lässt sich von ihr nach und nach jene Ereignisse erzählen. Die Novelle kam 2008 mit Barbara Sukowa und Alexander Khuon in den Hauptrollen in die Kinos.

„Rot“ (2001)

Nach dem ironischen Roman „Johannisnacht“ (1996) veröffentlichte Timm den Roman „Rot“ (2001), der von der Fachkritik mehrfach als Opus Magnum? bezeichnet wurde. In „Rot“ trifft der Leser viele Figuren, Motive und Themen wieder, die Timm in früheren Romanen und Erzählungen bearbeitet hat. Im Zentrum des mitunter selbstironischen Romans, der an „Heißer Sommer“ und „Kerbels Flucht“ anknüpft, steht der 54-jährige Altkommunarde, Jazzkritiker und Beerdigungsredner Thomas Linde, der sich Hals über Kopf in die junge Lichtdesignerin Iris verliebt hat. Es geht um die Liebe, das Älterwerden, die Erinnerung an verlorene Utopien, vergessene Freunde und die Notwendigkeiten des politischen Denkens und Schreibens. Als Linde, der an einer Abhandlung? über die Farbe Rot arbeitet, am Schluss des Romans vor ein Auto rennt und stirbt, bleibt ihm nichts weiter übrig, als sich kurz vor seinem Tod die eigene Trauerrede zu halten.

Ds Buch wurde vom Feuilleton sehr gelobt - als Roman ebenso wie als Berlinführer der anderen Art.

„Am Beispiel meines Bruders“ (2003)

Viel Lob von der Fachkritik gab es für den familienbiographischen Roman „Am Beispiel meines Bruders“ (2003), in dem Timm der Lebensgeschichte seines 1942 freiwillig zur Waffen-SS gegangenen und 1943 in der Ukraine gestorbenen Bruders nachspürt. Timm zeigt, wie der tote Bruder in der Trauer der Eltern, ihren Erinnerungen und Erzählungen, aber auch in seiner eigenen (kaum vorhandenen) Erinnerung weiterlebt. Gelobt wurden die große Ernsthaftigkeit und Glaubwürdigkeit, und man befand, dass nüchterner und liebevoller, zarter und unerbittlicher über die deutsche Vergangenheit selten geschrieben worden sei.

„Der Freund und der Fremde“ (2005)

2005 folgte unter dem Titel „Der Freund und der Fremde“ ein Buch über Timms Jugendfreund und 1968-Symbolfigur Benno Ohnesorg, der am 2. Juni 1967 bei einer Demonstration gegen den Schah von Persien in Berlin vor der Deutschen Oper von einem Polizisten in Zivil erschossen wurde. Timm und Ohnesorg hatten beide Anfang der 1960er Jahre auf dem Braunschweig-Kolleg das Abitur nachgeholt, sich dabei angefreundet, einander später jedoch wieder aus den Augen verloren. In Paris, wo er an seiner Dissertation über Albert Camus schrieb, erfuhr Timm vom Tod seines Freundes. Es sollte Jahrzehnte dauern, bis er diese Erfahrung literarisch verarbeitete.

Im Mai 2006 wurde Uwe Timm neben den Schriftstellern Ingo Schulze, Thomas Hürlimann? und Reinhard Jirgl als neues Mitglied in die Berliner Akademie der Künste? aufgenommen.

„Halbschatten“ (2008)

"Ein Oratorium auf eine zu allem entschlossene junge Fliegerin und eine ungelebte Liebe" nannte der Klappentext Timms 2008 erschienenen Roman "Halbschatten". Der Erzähler streift über den Berliner Invalidenfriedhof und entdeckt das Grab Marga von Etzdorfs, einer jungen Fliegerin, die sich im Mai 1933 in Aleppo, Syrien, nach einer Bruchlandung erschoss. Nebenan liegen Tote der preußischen Militärgeschichte, NS-Größen und zivile Opfer der letzten Kriegstage - alles Quellen des Raunens: Denn die Toten beginnen zu reden, sich zu erklären, zu rechtfertigen. Unter den Stimmen ist auch die des jungen Kampffliegers Christian von Dahlem, mit dem Marga von Etzdorf eine besondere Geschichte verband ...

Im Sommer 2009 übernahm Uwe Timm die Frankfurter Poetik-Dozentur?.

Uwe Timm ist seit 1969 mit der Literaturkritikerin Dagmar Ploetz? verheiratet und hat vier Kinder. Er lebt und arbeitet in München und Berlin.

Übrigens ...

hat Uwe Timm unter dem Titel „Rennschwein Rudi Rüssel“ (1989) auch ein sehr erfolgreiches Kinderbuch veröffentlicht, das 1990 mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet wurde.

Auszeichnungen

Werke (Auswahl)

  • Bücher von Uwe Timm bei Jokers
  • Heißer Sommer. Roman. EA 1974
  • Morenga. Roman. EA 1978
  • Kerbels Flucht. Roman. EA 1980
  • Die Zugmaus. Kinderbuch mit Zeichnungen von Tatjana Hauptmann. EA 1981
  • Die Piratenamsel. Kinderbuch mit Zeichnungen von Gunnar Matysiak. EA 1983
  • Der Mann auf dem Hochrad. Legende. EA 1984
  • Der Schlangenbaum. Roman. EA 1986
  • Rennschwein Rudi Rüssel. Kinderbuch mit Zeichnungen von Gunnar Matysiak. EA 1989
  • Kopfjäger. Bericht aus dem Innern des Landes. EA 1991
  • Erzählen und kein Ende. Versuche zu einer Ästhetik des Alltags. Paderborner Poetikvorlesung. EA 1993
  • Die Entdeckung der Currywurst. Novelle. EA 1993
  • Der Schatz auf Pagensand. Jugendbuch. EA 1995
  • Nicht morgen, nicht gestern. Erzählungen. EA 1999
  • Rot. Roman. EA 2001
  • Am Beispiel meines Bruders. Erzählung. EA 2003
  • Der Freund und der Fremde. Erzählung. EA 2005
  • Halbschatten. Roman. EA 2008
  • Von Anfang und Ende. Über die Lesbarkeit der Welt. Frankfurter Poetikvorlesung. EA 2009
  • Freitisch. Novelle. EA 2011
  • Vogelweide. Roman. EA 2013

Hörbücher

Sekundärliteratur

  • Hielscher, Martin: Uwe Timm. München, dtv 2000, ISBN: 978-3423310819

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