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Und was wird aus mir?

von<br> Doris Dörrie

Und was wird aus mir, Buchcover - (c) Diogenes Verlag

In „Und was wird aus mir?“ erzählt Doris Dörrie von Rainer, Heidi und Johanna. Alle drei haben den amerikanischen Traum verfolgt und sind schon in ihrer Jugend in Hollywood gelandet. Rainer als Jungregisseur, Johanna und Heidi als Schauspielerinnen. Doch die Jugend ist vorbei und somit auch die erfolgreiche Zeit. Alle drei versinken in „schwarzer, klebriger Melancholie“.

Heidi ist zwar immer noch in Amerika, allerdings nicht mehr als Filmstar, sondern als praktizierende Esoterikerin. Dick, einsam und krank versucht sie, ihren Lebensunterhalt als Medium zu verdienen. Rainer wohnt sogar zeitweise noch in Hollywood. Zumindest im Sommer – da kommt seine Tochter, die die restliche Zeit bei seiner geschiedenen Frau in Deutschland lebt. Der 15-jährigen Allegra spielt Rainer den erfolgreichen Vater vor. Kurzerhand sucht er sich jeden Sommer die Villa eines reichen „echten“ Regisseurstars, die er bewachen kann. Sonst passiert nicht viel in Rainers Leben. Er lebt für die Sommer mit Allegra und dazwischen wartet er auf das nicht eintreffende Filmangebot. Johanna ist die einzige der drei, die zurück nach Deutschland gegangen ist. Dort plagt sie sich mit einem frustrierenden Alltag und dem leidigen Älterwerden. Negative Erinnerungen hat sie an Rainer, den sie für vieles verantwortlich macht und nach langer Zeit in L. A. wiedersieht. Just in dem Moment, als Rainers Schwindeleien aufzufliegen drohen.

Auch Rainer ist älter geworden. Mit Hilfe von Botox und vieler kosmetischer Mittel versucht er, diesen Umstand zu ändern. Denn mit dem Älterwerden haben in Hollywood alle Probleme. Der Verfall wird zwischen Silikon und Designerklamotten schnell sichtbar. Ein Gegengewicht zu den altersgeplagten Gestalten des Romans bildet Misako. Ein japanisches, bereits verstorbenes Mädchen, das sich mit Hilfe der Esoterikerin Heidi immer wieder in die Geschichte einschaltet. Sie erzählt von ihrem Vater, der ihr den Grund für den Selbstmord lieferte. Die Vater-Tochter-Beziehung? als Dauerkonflikt zieht sich durch das ganze Buch. Die konsumorientierte Allegra, die lethargische Johanna und vor allem die tote Misako, alle wollen sich von einem überpräsenten Vater lösen. Als verbindendes Element hat Doris Dörrie das Bild der Oper „Rigoletto“ von Giuseppe Verdi gewählt. Eine Oper, die Dörrie selbst 2005 inszeniert hat. „Rigoletto“ handelt von einer jungen Frau, die sich verliebt. Ihr Vater ist vergrämt, will den Liebhaber töten und erwischt versehentlich die Tochter.

Viel Material hat Dörrie in dem Roman verdichtet. Der Vater-Tochter-Konflikt, die Scheinwelt Hollywoods, Probleme von Nähe und Distanz - zentral ist die Suche nach dem persönlichen Glück der Protagonisten. Dass der Plot den Leser nicht überfordert, darin liegt die große Erzählkunst der Autorin. Sie kann sich der Komplexe annehmen ohne dass der Eindruck entsteht, dass sie von Geschichten überrannt wird. Feinfühlig sind ihre Beobachtungen. Im Vergleich zu früheren Werken weisen die Charaktere? allerdings Schwächen auf.

Allegra ist ein materialistisches Mädchen. Paris Hilton ist ihr großes Vorbild, Klamotten und mögliches Geld fast ihr gesamter Lebensinhalt. Aber auch der Vater, Rainer, ist wirkt nicht sympathisch. Lauwarm wird er gezeichnet, ebenso wie Johanna. Mag der Leser über fehlende Sympathiewerte noch hinwegsehen, fehlen Dörries Antihelden die Identifikationsmerkmale. Das Handeln Johannas bleibt größtenteils nicht nachvollziehbar. Rainer wird zu oberflächlich gezeichnet und auch sonst werden die Charaktere meist nur angerissen. Lediglich Heidi und Misako wirken griffig, bleiben allerdings lediglich Randfiguren.

Möglich, dass sich Doris Dörrie zu sehr darauf versteift hat, die Oberflächlichkeit Amerikas zu zeigen. Dadurch scheint es auch den Protagonisten an Tiefsinn zu mangeln. Das schadet zwar nicht immer dem Erzählverlauf, doch bei Doris Dörrie ist der Leser ausgereiftere Charaktere gewöhnt. Die Nachhaltigkeit des Buches bleibt beeinträchtigt. Der Unterhaltungswert ist trotzdem vorhanden, wie gewohnt.

Literaturangaben

  • Und was wird aus mir? Roman. Diogenes Verlag, Zürich 2006. 432 S., 22,90 €, ISBN: 978-3257065640

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