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Gesangbuch
Das Gesangbuch ist eine Sammlung meist kirchlicher Lieder, die zur Feier des Gottesdienstes oder der privaten Frömmigkeit dient. Seit der Erfindung des Buchdrucks im 15. Jahrhunderts sind Gesangbücher weit verbreitet.
Definition
Das Gesangbuch ist die für eine Glaubensgemeinschaft bestimmte Sammlung kirchlicher oder persönlich gehaltener geistlicher Lieder. Es dient zur Feier des Gottesdienstes oder der privaten Frömmigkeit. Die strophischen? volkssprachlichen Lieder sind meist nach dem Kirchenjahr angeordnet und erfüllen seit der Reformation z. T. liturgische Funktion. Viele Gesangbücher enthalten außerdem Noten zu den Liedern sowie Gebete?, Psalmen? und Erklärungen zum Ablauf des Gottesdienstes.
Die in die Gesangbücher aufgenommenen Kirchenlieder sind hauptsächlich älteren Ursprungs und bilden durch ihre lange Tradition und allgemeine Bekanntheit ein zentrales Fundament der Glaubensgemeinschaften. Die katholische Kirche brachte übrigens erst im Zuge der Gegenreformation eine größere Anzahl von Gesangbüchern hervor. Moderne Kirchenlieder finden bislang nur in besonderen Formen des Gottesdienstes ihren Platz.
Vom kirchlichen Gesangbuch ist das Liederbuch? zu unterscheiden, das Sammlungen strophischer? Lieder unterschiedlicher Gruppen wie z. B. Soldaten, Pfadfinder, Zimmerleute, Bergsteiger, Fußballfans, Jäger oder politischer Parteien enthält.
Entstehung
Gesangbücher sind seit der Erfindung des Buchdrucks im 15. Jahrhundert weit verbreitet. Das erste Gesangbuch, das heute leider verschollen ist und von dem wir nur durch überlieferte bibliographische? Angaben wissen, war das der Böhmischen Brüder von 1501. Das auf Tschechisch verfasste Gesangbuch der Böhmischen Brüder enthielt vermutlich viele Lieder, die eine am Urchristentum orientierte religiöse Auffassung priesen. Im Jahr 1531 ließen die Böhmischen Brüder übrigens ihr erstes deutsches Gesangbuch erscheinen. Mit 157 Liedern war es das umfangreichste bisher erschienene Gesangbuch, Verfasser der meisten Lieder war der evangelische Theologe Michael Weiße?, den Martin Luther? einen "trefflichen deutschen Poeten" nannte. Weißes schlichten, kräftigen Lieder wie etwa "Gelobt sei Gott im höchsten Thron" gehören bis heute zum Kanon? evangelischer Kirchenlieder.
Das Gesangbuch in Reformation und Gegenreformation
Martin Luther? führte im 16. Jahrhundert das Kirchenlied als Gemeindegesang ein und machte es zum wesentlichen Träger der Reformation. Luther war an der Veröffentlichung mehrerer Gesangbücher beteiligt, z. B. des Erfurter „Enchiridions“ (1524) und des auch mehrstimmige Lieder enthaltenden „Geystlichen Gesangk Buchleyns“ (1524). Das erste und einzige von Luther? autorisierte und gestaltete Gesangbuch ist übrigens das 1529 erschienene Klugsche, das nach dem Drucker? Joseph Klug? benannt wurde. Zu erwähnen ist an dieser Stelle auch der Theologe Paul Gerhardt?, der neben Luther? als einer der bedeutendsten deutschsprachigen Kirchenlieddichter gilt.
Mitte des 16. Jahrhunderts war ein Korpus von rund 80 Liedern entstanden. Als sogenannte Stammlieder bildeten sie den Kern aller Gesangbücher bis zur Aufklärung?.
Der enorme propagandistische Erfolg der reformatorischen Gesangbücher stellte die katholische Kirche vor eine große Herausforderung. So brachte sie im Zuge der Gegenreformation (seit etwa 1540) selbst eine größere Anzahl von Gesangbüchern hervor. 1537 gab Michael Vehe? mit dem „New Gesangbuchlin“ das erste katholische Gesangbuch heraus, unter den 52 Liedern sind auch die ersten katholischen Psalmenlieder von Kaspar Querhammer?. Das mit 250 Liedern wichtigste katholische Gesangbuch erschien 1567, herausgegeben vom Verweser des Bautzener Bistums, Johann Leisentritt?. Diese Sammlung blieb bis zur Aufklärung? das bedeutendste Vorbild für alle folgenden katholischen Gesangbücher. Die katholischen Kirchenlieder sollten die Frömmigkeit fördern, vor reformatorischen Einflüssen schützen und durch den gemeinsamen Gesang die Einheit der Gemeinde stärken. Oft wurden auch der Katechismus? und die zentralen Glaubensbekenntnisse? beigefügt. Neben dem Gesangbuch spielten barocker Kirchenbau, Marienverehrung und barockes Theater eine wichtige Rolle in der gegenreformatorischen Einflussnahme.
Entwicklung
In der Folgezeit entstand eine nahezu unübersehbare Zahl von Gesangbüchern, die das vorhandene Liedgut durch Neudichtungen? bereicherten oder durch Umdichtungen? dem Zeitgeschmack anpassten. Das bekannteste Gesangbuch des Pietismus? ist das „Geistreiche Gesang-Buch“ (1704) von Johann Anastasius Freylinghausen?, das mehr als 20-mal aufgelegt? wurde und rund 1.500 Lieder in zwei Bänden versammelte. Konfessionelle Unterschiede spielten im Zeitalter des Pietismus? übrigens eine untergeordnete Rolle. Die Romantiker ergänzten den Kanon der Kirchenlieder um geistliche Lyrik im Volksliedton. Das Interesse der Romantiker am historischen Liedgut führte auch zur ersten umfassenden Rückschau auf die „Geschichte des Kirchenliedes bis auf Luthers Zeit“ (1832), verfasst von Hoffmann von Fallersleben?.
Neue Gesangbücher für Protestanten und Katholiken
Das ausgehende 19. und beginnende 20. Jahrhundert stand für beide Konfessionen im Zeichen des Einheitsgesangbuchs. Der Weg dahin war für Protestanten und Katholiken gleichermaßen beschwerlich und nahm viel Zeit in Anspruch. Zu einer Vereinheitlichung der regional verschiedenen Gesangbücher kam es mit dem „Evangelischen Kirchengesangsbuch“, abgekürzt EKG, von 1950 und dem katholischen „Gotteslob“, abgekürzt GL, von 1975. 1973 erschien außerdem ein Kanon von 102 ökumenischen Liedern, herausgegeben von der Arbeitsgemeinschaft für ökumenisches Liedgut (AÖL).
Das EKG wurde zwischen 1993 und 1996 durch das „Evangelische Gesangbuch“ (EG) abgelöst, das sich an alle deutschsprachigen evangelischen Gemeinden in Europa richtet. Auf katholischer Seite wird für die Bistümer Deutschlands, Österreichs und Südtirols an einer Überarbeitung des „Gotteslobs“ gearbeitet, die voraussichtlich 2011 erscheint.
Zu den bis heute beliebtesten Kirchenliedern, die in unzähligen Gesangbüchern mit Text und Melodie vertreten sind, gehören:
- „In dulci jubilo“ (14. Jahrhundert; dt. „In süßer Freude“), dem Mystiker Heinrich Seuse? zugeschrieben
- „Ein feste Burg ist unser Gott“ (um 1528), von Martin Luther? geschrieben und komponiert
- „Nun lasst uns den Leib begraben“ (um 1530), von Michael Weiße? geschrieben und komponiert
- „Es ist ein Ros entsprungen“ (um 1600), in seiner populärsten Fassung? von Michael Praetorius? geschrieben und komponiert
Literatur
- Das neue Evangelische Gesangbuch. Bayern. Kleine Ausgabe. Claudius Verlag, München 2007, ISBN: 978-3583114005
- Gotteslob. Katholisches Gebet- und Gesangbuch. Ausgabe für das Erzbistum Köln. Bachem Verlag, Köln 1975, ISBN: 978-3761602782
Hörbücher
- Dietrich, Bernd: Klingendes Gesangbuch. 1 - Advent und Weihnachten. CD. Medienservice Bernd & Andreas Dietrich, Nürnberg 2005, ISBN: 978-3981031300
- Dietrich, Bernd: Klingendes Gesangbuch 2 - Psalmen und Lobgesänge. CD. Medienservice Bernd & Andreas Dietrich, Nürnberg 2005, ISBN: 978-3981031317
- Dietrich, Bernd: Klingendes Gesangbuch 5 - Passion und Ostern. CD. Medienservice Bernd & Andreas Dietrich, Nürnberg 2007, ISBN: 978-3981031348
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