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Der Alte, der Liebesromane las

von<br> Luis Sepúlveda

Zwei Wochen Urlaub, eine kroatische Adriainsel, eine kleine Ferienwohnung und eine angenehm eingeschränkte Anzahl von weiteren Touristen bildeten den Rahmen für ein besonderes Leseerlebnis. Es war das achte und letzte Buch in diesen der „Intensiv-Erholung“ gewidmeten Ferien. In der Nacht hatte der Mondschein nicht ausgereicht, um den Weg zum WC zu beleuchten, und hatte zu einem äußerst schmerzhaften und folgenreichen Kontakt zwischen Stuhlbein und zweitkleinstem Zeh geführt. Beim Erwachen war er dreimal so groß wie sein Zwilling am anderen Fuß und hatte alle Farben angenommen, die der kroatische Himmel im Verlauf eines Tages zeigte. Kühlung schien das angebrachte und einfachste Schmerzmittel zu sein. Ein kleiner Liegestuhl wurde auf eine Felsplatte gestellt, die knöcheltief von den Wellen überspült wurde.

Sicher gibt es nicht auffällig viele Gemeinsamkeiten zwischen der Adria und dem Amazonas und doch führten der Wind, das Wasser, die Gerüche und das bemerkenswerte Gefühl, sich als Teil und nicht als Besucher des Ganzen zu fühlen, dazu, dass der alte Mann aus „Der Alte, der Liebesromane las“ und seine Sicht der Welt vertraut erschien.

Luis Sepúlveda? lädt den Leser ein, eine andere Welt zu betrachten, in der aber auch wieder nur Menschen wohnen, wie sie überall auf der Welt wohnen. Wir sind Gäste in dieser sehr weit entfernten Welt, wir sind Gäste in dem Leben des alten Mannes und betrachten erstaunt die Mühsal der Menschen am Amazonas, die für ihr Überleben kämpfen und arbeiten müssen. Genauso erstaunt sind wir aber auch über die Gier, den Neid, die Oberflächlichkeit und den Materialismus mancher Bewohner, die anscheinend überall auf der Welt zu Hause sind. Der Autor stellt das Leben der Indianer daneben – voller Respekt weist er auf ihr umfangreiches Wissen hin, das ihnen ein gut angepasstes Leben im Dschungel ermöglicht.

Humoristisch wird Luis Sepúlveda dann, wenn der alte Mann, der durch seine Vorliebe für Liebesromane die europäische Kultur kennen lernt, nicht anders kann, als sich über die Menschen auf dem fernen Kontinent zu wundern. Welcher vernünftige Mensch würde schon eine Stadt – Venedig – absichtlich ins Wasser bauen? Bedrohlich ernst dagegen macht der Autor den Lesern verständlich, dass die schlechter angepasste Kultur doch die stärkere sein und den sicheren Untergang eines Lebensraums und einer Lebensweise auslösen kann.

„Der Alte, der Liebesromane las“ ist kein voluminöses Buch, aber es ist prall gefüllt mit den Bildern und Wahrheiten einer Welt, die mehr als Spuren im Kopf des Lesers hinterlassen.

Autorin: Martina Gallandi

Literaturangaben

  • Sepúlveda, Luis: Der Alte, der Liebesromane las. Roman. dtv, München 2002. 112 S., 7,90 €, ISBN: 978-3423129978

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