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Kreatives Schreiben

Beim kreativen Schreiben wird der Einzelne zu kreativ-sprachlichen Prozessen und produktivem literarischem Tun angeleitet. Es wird vorausgesetzt, dass bei entsprechenden methodischen Anleitungen jeder Mensch diesen Prozess durchlaufen kann. Das kreative Schreiben findet meist in Gruppen statt.

Entwicklung

Schreibfeder - (c) Claudia Rothe/pixelio.de

Kulturgeschichtlich besitzt das kreative Schreiben eine doppelte Wurzel: den Gefühlsausdruck einerseits, der seit 1900 stark von der Assoziation? und Imagination? im Sinne der Tiefenpsychologie geprägt ist, und das Sprachspiel? und -experiment andererseits, das durch Expressionismus, Dadaismus und Surrealismus wesentliche Impulse erfahren hat.

In institutionellem Rahmen wurde das kreative Schreiben erstmals Ende des 19. Jahrhunderts in den USA betrieben: An dortigen Universitäten lernten Studierende der Literaturwissenschaft in creative writing-Seminaren die praktische Seite ihres Gegenstandes kennen. Bis heute bieten die Universitäten in den USA Kurse in creative writing an, in denen Studierende aller Fakultäten das literarische, essayistische und journalistische? Schreiben üben. Ziel ist einerseits, den Studierenden eine grundlegende Kulturtechnik zu vermitteln, und andererseits, eine Professionalisierung für den literarischen Markt zu ermöglichen.

In Deutschland wird das kreative Schreiben vor allem in Schreibgruppen praktiziert, die teils selbstverwaltet, teils unter professioneller Leitung als Werkstatt stattfinden, sowie in Kursen der Erwachsenenbildung.

Foto: Claudia Rothe/ www.pixelio.de.

Heutige Ansätze

Heute wird das kreative Schreiben unterschiedlich verstanden als ...

  • literarische Stilaneignung (verbunden mit literaturwissenschaftlicher Theorie, z. B. in der Schule)
  • spielerisches Experimentieren
  • als Selbsterkenntnis und -therapie
  • Eine vierte Richtung beinhaltet die Ausbildung zu literarischem und wissenschaftlichem Schreiben, wie sie an der Universität Hildesheim und am Deutschen Literaturinstitut Leipzig? angeboten wird.

Die drei erstgenannten Schwerpunkte werden bei den Schreibaufgaben, den Anregungen zur Themenfindung sowie den Schreibstimuli jeweils unterschiedlich stark wirksam.

Man geht etwa spielerisch-experimentell vor, indem Stichworte oder Wortlisten nach dem Zufallsprinzip innerhalb der Gruppe ausgetauscht werden, so dass jeder Teilnehmer sich schreibend mit den Stichworten eines anderen beschäftigt. Die Gruppe fungiert hier zusätzlich als Schreibstimulus?. Oder man setzt zum Beispiel bei Namen an, bei Zufällen des Alltags (z. B. dem Inhalt der eigenen Handtasche) oder graphischen? Elementen (senkrecht beginnen und dann waagerecht weiterschreiben, Figurengedichte). All dies dient dazu, die Phantasie? anzuregen, um den Schreibfluss? zu fördern.

Die selbsterfahrungsorientierte Arbeit spricht demgegenüber mehr das eigene Ich an: Man wird etwa aufgefordert, sich sich selbst in einer ungewöhnlichen Situation vorzustellen und dann seine Erlebnisse zu beschreiben. Man nimmt die Perspektive? des Kindes, der Eltern, der Erwachsenen ein oder beschäftigt sich in speziell autobiographischen Schreibworkshops mit dem eigenen Lebenslauf.

Als Stimuli werden gern auch visuelle Mittel (Postkarten) oder Musik eingesetzt, welche die sinnliche Wahrnehmung bewusst und für das Schreiben nutzbar machen, etwa der Zettelkasten, bildnerische kreative Betätigungen, anonyme Rollenspiele nach Günther Wallraffs? Vorbild oder das Szenen-Beobachten und Schreiben in der Öffentlichkeit.

Clustering

Einen eigenen Ansatz stellt das so genannte Clustering? nach Gabriele Rico? dar. Hierbei werden in freier Assoziation Ideennetze geknüpft, indem um ein Kernwort Wortketten angelegt und wieder untereinander verbunden werden. So entstehen Assoziationsgruppen oder auch Büschel ("Cluster") – und damit unversehens ein Muster. Auf diese Weise wird die zensierende Wirkung des begrifflich-analysierenden Denkens, das sprachliche Vorgänge in der Regel dominiert, herabgesetzt. Das bildliche Denken, das auf Komposition und Integration aus ist, wird wirksam, und man kommt mit der "Welt der Tagträume, des ziellosen Denkens der im Gedächtnis aufbewahrten Ereignisse, Bilder und Gefühle in Berührung" (Rico). Der Anblick des Clusters und des sich darin zeigenden Musters weckt dann ein freudiges Gefühl, ein "gefühlsgeladene(s) Aha-Erlebnis" , das als Handlungs- und Schreibimpuls fungiert.

Kreativer Schreibprozess

Angelehnt an allgemeine Phasenmodelle kreativer Prozesse unterteilt Lutz von Werder? das kreative Schreiben in Phasen:

  • In der Inspirationsphase (Phase der Exploration) werden in der Umwelt und in der eigenen Seele Informationen und Probleme entdeckt und als Rohmaterial gesammelt. Dies ist im Workshop die Phase der Schreibanregungen.
  • In der Inkubationsphase findet die unbewusste Weiterverarbeitung des Rohmaterials statt. Diese Phase wird als Ringen um eine Lösung erlebt. Es tauchen Symbole und Assoziationen auf. Die Schreibarbeit beginnt – als Spielen und Versuchen mit der Sprache.
  • Die Illuminationsphase ist eine Phase der Einsicht, in der ein Lösungsansatz auftaucht und den bisher ungeordneten Elementen eine textliche Gestalt verleiht. Der Einfall mündet dann in die Textarbeit, also in die Ausarbeitung des Einfalls.
  • Die Verifikationsphase dient der Überprüfung des Textes (individuelle Überarbeitung, Vorlesen?, Feedbackrunde in der Gruppe). Dies ist die Phase der Textdeutung.

Literatur

  • Ermert, Karl/Kutzmutz, Olaf (Hg.): Wie aufs Blatt kommt, was im Kopf steckt. Über Kreatives Schreiben. Wolfenbütteler Akademietexte Bd. 15. Bundesakademie für Kulturelle Bildung, Wolfenbüttel 2005
  • Rico, Gabriele: Garantiert schreiben lernen. Sprachliche Kreativität methodisch entwickeln – ein Intensivkurs auf der Grundlage der modernen Hirnforschung. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek 2004
  • Werder, Lutz von: Lehrbuch des kreativen Schreibens. Schibri-Verlag, 4. Aufl., Berlin – Milow 2001
  • Werder, Lutz von: Schreib- und Poesietherapie. Eine Einführung. Psychologie Verlags Union, Weinheim, 2. Aufl 1995

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