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Becker, Jurek

Jurek Becker (geb. 30. September 1937 in Lodz/Polen; gest. 14. März 1997 in Sieseby/Schleswig-Holstein) war ein deutschsprachiger Schriftsteller und Drehbuchautor?. Sein bekanntestes literarisches Werk ist der 1969 erschienene Roman „Jakob der Lügner“.

Leben

Jurek (ursprünglich Jerzy) Becker wurde am 30. September 1937 in Lodz/Polen als Sohn einer jüdischen Familie geboren. Dies ist ein angenommenes Geburtsdatum. Die Dokumente wurden im Krieg vernichtet. Vermutlich hat ihn sein Vater älter gemacht, um ihn vor der Deportation zu bewahren. Sein Vater Mieczyslaw Becker war ein aus Litauen stammender Prokurist, seine Mutter Anette (geborene Lewin) arbeitete als Näherin.

Nach dem Einmarsch deutscher Truppen in Polen wuchs Jurek Becker zunächst im Ghetto in Lodz auf, später war er in den Konzentrationslagern Ravensbrück und Sachsenhausen interniert. Kurz nach der Befreiung starb seine Mutter, die wie viele andere ehemalige Ghettobewohner an Tuberkulose erkrankt war, an Unterernährung. Seinen Vater, der nach Auschwitz deportiert worden war, fand er mit Hilfe des Roten Kreuzes nach dem Krieg wieder.

Sie waren die einzigen Überlebenden von über 20 Familienmitgliedern. Nur einer Tante war bereits vor dem Krieg die Flucht in die USA gelungen. Vater und Sohn gingen nach Ost-Berlin. Dort lernte Jurek Becker Deutsch. Er wohnte mit seinem Vater in der Lippehner Straße 5 (später umbenannt in Käthe-Niederkirchner-Straße). 1955 machte er das Abitur. Er wurde Mitglied der Freien Deutschen Jugend (FDJ), 1957 trat er der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) bei. Im Anschluss diente Jurek Becker zwei Jahre freiwillig bei der Kasernierten Volkspolizei (KVP). Dort lernte er Manfred Krug kennen, mit dem ihn eine lebenslange Freundschaft verband.

Von 1957 bis 1960 studierte er Philosophie an der Humboldt-Universität Berlin. Als Jurek Becker kurz vor dem Examen stand, wurde er aus politischen Gründen relegiert. 1961 heiratete er die Dekorateurin Erika Hüttig. Aus der Ehe gingen zwei Söhne hervor. Die Ehe dauerte bis 1977.

Von 1960 an lebte er als DEFA-Drehbuchautor? (zum Teil erschienen seine Arbeiten unter dem Pseudonym Georg Nikolaus) und freier Schriftsteller in Ost-Berlin. Er war unter anderem an den DEFA-Filmen „Wenn ein Marquis schon Pläne macht“ (1962), „Gäste im Haus“ (1963), und „Immer um den März“ (1967) beteiligt. Außerdem schrieb er Texte für das Kabarett? „Die Distel“. Die Erfahrungen, die Becker bei der DEFA und beim Fernsehen gesammelt hat, gingen in den 1973 erschienenen Roman „Irreführung der Behörden“ ein. Darin erzählt er mit Ironie von der Filmbranche in der DDR.

1965 beendete Becker das Drehbuch mit dem Titel „Jakob der Lügner“. Die DEFA lehnte das Skript aus politischen Gründen ab. Später hat Jurek Becker bekannt, dass er sich vor Enttäuschung quasi im Affekt hingesetzt habe, um das Drehbuch in einen Roman umzuschreiben. 1969 wurde der Roman „Jakob der Lügner“ in der DDR veröffentlicht, im folgenden Jahr erschien er auch in der BRD. Im Mittelpunkt des Romans steht der Schuster Jakob, der während des Zweiten Weltkriegs in einem jüdischen Ghetto in Polen lebt. Mit erfundenen Nachrichten über die bevorstehende Befreiung hält er den Lebenswillen seiner Mitmenschen wach. Das Buch „Jakob der Lügner“ wurde weltbekannt und mit mehreren Literaturpreisen gewürdigt.

1972 trat Jurek Becker dem der DDR bei, im folgenden Jahr wurde er Mitglied im Vorstand des Schriftstellerverbandes. 1975 wurde er mit dem Nationalpreis der DDR ausgezeichnet. In seinem zweiten Roman, der 1976 unter dem Titel „Der Boxer“ erschien, schildert er die Geschichte eines Vaters und seines Sohnes, die beide der Judenvernichtung entkommen sind. Das Thema des Romans ist die Frage nach den Auswirkungen, die das Überleben für die Davongekommenen in der Nachkriegszeit hat. Obwohl der Vater alles tut, um die jüdische Identität in seinem Sohn zu unterdrücken, geht der Sohn bei Ausbruch des Sechs-Tage-Krieges nach Israel, um den jüdischen Staat zu verteidigen. Dabei kommt er ums Leben. „Der Boxer“ ist das Mittelstück einer Romantrilogie?, deren letzter Band 1986 unter dem Titel „Bronsteins Kinder“ veröffentlicht wurde.

In „Bronsteins Kinder“ konfrontiert Becker die jüdische Nachkriegsgeneration mit der unbewältigten Vergangenheit ihrer Eltern. Zwischen beiden Generationen herrscht Unverständnis: Während die Alten auf ihr Trauma fixiert sind, sind die Jungen auf der Suche nach einer eigenen Identität.

1976 protestierte Jurek Becker öffentlich gegen die Relegation Reiner Kunzes? aus dem Schriftstellerverband der DDR. Kunze hatte 1976 im westdeutschen S. Fischer Verlag? den Prosaband „Die wunderbaren Jahre“ veröffentlicht, in dem er den Alltag der DDR-Jugend und ihre totalitäre Erziehung zu Gefolgschaft und Gehorsam beschreibt. Außerdem war Becker Mitautor eines Petitionsbriefes, in dem zwölf führende Künstler und Intellektuelle der DDR gegen die Ausbürgerung des Liedermachers? Wolf Biermann? protestierten. Als Reaktion darauf wurde Becker aus der SED und dem Schriftstellerverband ausgeschlossen. Im folgenden Jahr erhielt er ein Zweijahresvisum, das 1979 auf zehn Jahre verlängert wurde, und verließ die DDR. Nach Gastprofessuren in den USA und Essen ließ er sich in West-Berlin nieder.

1983 erschien Jurek Beckers Roman „Aller Welt Freund“, in dem er von seinen Erlebnissen als Übersiedler erzählt. Im selben Jahr wurde er Mitglied der Akademie für Sprache und Dichtung? in Darmstadt. 1986 war er als Drehbuchautor? für die ARD-Fernsehserie „Liebling Kreuzberg“ tätig. Die Serie entstand nach einer Idee des Produzenten Otto Meißner und des Hauptdarstellers Manfred Krug. „Liebling Kreuzberg“ war ein großer Erfolg beim Publikum. Becker und Krug setzten ihre Zusammenarbeit in den folgenden Jahren fort, unter anderem beim Kinofilm „Neuner“ (1990) und der ARD-Serie „Wir sind auch nur ein Volk“ (1994). Für seine Drehbücher wurde Becker mit dem „Filmband in Gold“ ausgezeichnet.

1992 erschien Beckers Roman „Amanda herzlos“, in dem er die Geschichte von Amanda und ihren drei Ehemännern erzählt. Die beiden ersten Teile des Romans spielen in der DDR, der dritte Teil führt Amanda in den Westen, nach Hamburg, wo es mit dem Rundfunkreporter Stanislaus Doll vielleicht doch noch zu einem Happyend kommt. 1996 folgte der Sammelband „Ende des Größenwahns“, der Vorträge? und Aufsätze? aus den Jahren 1971 bis 1995 enthält.

Jurek Becker starb am 14. März 1997 nach einem langen Krebsleiden in seinem Haus in Sieseby/Schleswig-Holstein.

Literarische Arbeiten

Jakob der Lügner, Roman (1969)

„Jakob der Lügner“ ist ein autobiographisch gefärbter Roman von Jurek Becker, Erstdruck? 1969 in Berlin. 1965 legte Becker bei der DEFA ein Filmskript mit dem Titel „Jakob der Lügner“ vor. Die DEFA wies das Skript aus politischen Gründen zurück. Daraufhin schrieb Becker das Skript in einen Roman um, der 1969 in der DDR und 1970 in der BRD veröffentlicht wurde. „Jakob der Lügner“ ist Beckers erster Roman.

Der Plot spielt während des Zweiten Weltkriegs in einem namenlosen Ghetto in Polen, dessen Bewohner von der SS nach und nach in die Vernichtungslager abtransportiert werden. Held des Romans ist der Jude Jakob Heym, der zufällig eine Radionachricht über den Vormarsch der Roten Armee mitgehört hat. Um im Ghetto die Hoffnung aufrechtzuerhalten, erfindet er weitere Nachrichten. Becker verzichtet auf einen schönfärberischen Schluss: Am Ende wird auch Jakob abtransportiert.

„Jakob der Lügner“ gilt als ein gelungener Versuch, die Vernichtung der Juden literarisch zu bewältigen. Mit der komisch-ironisierenden Erzählweise, in der Absurdes, Tragik und Realität eng miteinander verbunden sind, ist der Roman der ostjüdischen Erzähltradition verpflichtet. Er wurde mit dem Heinrich-Mann-Preis? der DDR und dem Schweizer Charles-Veillon-Preis? ausgezeichnet und 1974 von Frank Beyer sowie 1999 von Peter Kassovitz verfilmt.

Übrigens ...

Frank Beyers Verfilmung von „Jakob der Lügner“ war der erste DEFA-Film, der bei der Berlinale lief und für einen Oscar nominiert wurde.

Auszeichnungen

Werke (Auswahl)

  • Bücher von Jurek Becker bei Jokers
  • Aller Welt Freund. OA 1982. Frankfurt am Main, Suhrkamp Verlag 1985, ISBN: 978-3518376515
  • Amanda herzlos. OA 1992. Frankfurt am Main, Suhrkamp Verlag 1994, ISBN: 978-3518387955
  • Briefe. Ihr Unvergleichlichen. OA 2004. Frankfurt am Main, Suhrkamp Verlag 2004, ISBN: 978-3518416433
  • Bronsteins Kinder. Roman. OA 1986. Frankfurt am Main, Suhrkamp Verlag 2003, ISBN: 978-3518380178
  • Der Boxer. Roman. OA 1976. Frankfurt am Main, Suhrkamp Verlag 2001, ISBN: 978-3518370261
  • Ende des Größenwahns. Aufsätze, Vorträge. OA 1996. Frankfurt am Main, Suhrkamp Verlag 2001, ISBN: 978-3518407578
  • Irreführung der Behörden. OA 1973. Frankfurt am Main, Suhrkamp Verlag 2006, ISBN: 978-3518367711
  • Jakob der Lügner. OA 1969. Frankfurt am Main, Suhrkamp Verlag 2004, ISBN: 978-3518372746
  • Jurek Beckers Neuigkeiten. An Manfred Krug und Otti. OA 1997. Ullstein Taschenbuch 2003, ISBN: 978-3548365985
  • Nach der ersten Zukunft. OA 1980. Frankfurt am Main, Suhrkamp Verlag 1997, ISBN: 978-3518374412
  • Schlaflose Tage. OA 1978. Frankfurt am Main, Suhrkamp Verlag 2003, ISBN: 978-3518371268
  • Warnung vor dem Schriftsteller. OA 1990. Frankfurt am Main, Suhrkamp Verlag 1990, ISBN: 978-3518116012
  • Wir sind auch nur ein Volk. OA 1994. Frankfurt am Main, Suhrkamp Verlag 1995, ISBN: 978-3518388556

Hörspiele

  • Jakob der Lügner. CD. Dhv der Hörverlag 2007, ISBN: 978-3867171137
  • Jurek Beckers Neuigkeiten. 2CDs. Roof Music 2005, ISBN: 978-3936186819

Sekundärliteratur

  • Arnold, Heinz Ludwig: Jurek Becker. München, Edition Text + Kritik 1992, ISBN: 978-3883774169
  • Gilman, Sander L.: Jurek Becker. Die Biografie. List Taschenbuch 2004, ISBN: 978-3548604589
  • Kutzmutz, Olaf: Bronsteins Kinder. Text und Kommentar (Suhrkamp Basis Bibliothek?). Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2009, ISBN: 978-3518188965

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