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Merz, Konrad

eigentlich Kurt Lehmann; ein deutsch-niederländischer Schriftsteller und jüdischer Emigrant

Leben und Schreiben

Konrad Merz erblickte am 2. April 1908 in Berlin als Kurt Lehmann das Licht der Welt. Er wuchs in einer armen jüdischen Schneiderfamilie auf und musste ab dem 15. Lebensjahr im elterlichen Textilhandel mitarbeiten.

Neben der Arbeit holte er im Abendgymnasium das Abitur nach, um ein Studium der Rechtswissenschaften aufzunehmen. Als die Nazis Juden von den Universitäten ausschlossen, ging Konrad Merz 1934 ins niederländische Exil, um der Verhaftung durch die Gestapo zuvorzukommen.

Während er dort verschiedene Arbeiten übernahm, um sich zu ernähren, schrieb er nebenbei Zeitungsartikel?. Er arbeitete als Gärtner und Landarbeiter.

1936 erschien sein Tagebuchroman "Ein Mensch fällt aus Deutschland" in dem bekannten Exilverlag Querido? in Amsterdam. Anschließend schrieb er den Roman "Generation ohne Väter", der aber in den Wirren des Zweiten Weltkriegs zunächst verloren ging. Mit dem Einmarsch der deutschen Truppen wurde die Situation in Holland für Kurt Lehmann wieder sehr bedrohlich. Um sich vor den Nationalsozialisten zu schützen, nahm er 1942 in Holland den Namen Konrad Merz an und tauchte ab. Sein Glück war vielleicht, dass er sich auf dem Land vor der Deportation schützen konnte. Sein Unterschlupf in dieser Zeit war ein großer Wäscheschrank, in dem ihn Freunde versteckten.

Nach Kriegsende blieb Merz in Holland und ließ sich nach seiner Heirat in Purmerend nieder. Er machte eine Ausbildung zum Masseur und Physiotherapeuten. In den 1970er Jahren begann er wieder zu veröffentlichen, zunächst Autobiografisches und Satiren. Sein erneutes Hervortreten als Schriftsteller deutscher Sprache hat in Deutschland aber keine nennenswerte Resonanz gefunden.

Kurz vor seinem Tod tauchte sein verloren geglaubter Roman "Generation ohne Väter" wieder auf und wurde 1999 veröffentlicht. Zu seinem 90. Geburtstag wurde der Autor in Berlin in einer Matinee-Veranstaltung geehrt. In seinen letzten Lebensjahren hatte es ihn wieder öfter nach Berlin gezogen.

Gestorben ist Konrad Merz am 3. Dezember 1999 in Purmerend, Niederlande.

Übrigens ...

2007 erwarb das Deutsche Literaturarchiv Marbach den Nachlass Konrad Merz’. Er enthält die Manuskripte und Tagebücher, und zahlreiche Briefwechsel u. a. mit Fritz Helmut Landshoff, Horst Bienek?, Walter Höllerer?, Albert Vigoleis Thelen.

Werke (Auswahl)

In Konrad Merz´ Werk? fließt expressionistische Hyperbolik gepaart mit Berliner Schnoddrigkeit ein. Oft grenzt das Groteske ans Karnevaleske und der Humor wird als Gegenkraft zum Schrecken mobilisiert.

Ein Mensch fällt aus Deutschland

2011 forderte Herta Müller die damalige Bundeskanzlerin Deutschlands, Angela Merkel, auf ein Museum des Exils zu errichten. Ihren Brief an die Politikerin überschrieb sie mit "Menschen fallen aus Deutschland", womit sie an den fast vergessenen Schriftsteller Konrad Merz und seinen ersten Exilroman erinnerte.

Entstanden ist "Der Mann, der aus Deutschland fiel" aufgrund der Förderung des niederländischen Kritikers Menno ter Braak, der darin das atmosphärisch wie entstehungsgeschichtlich "erste Emigrantenbuch" überhaupt sah.

Generation ohne Väter

Merz' zweiter, 1937/38 entstandener Roman fiel den Zeitumständen zum Opfer; das Manuskript galt bis 1999 als verschollen. Er knüpft an das Fluchtbuch "Ein Mensch fällt aus Deutschland" an und variiert viele Szenen und Motive aus dem Exilalltag in den Niederlanden. Es geht um die Suche der Exilanten nach Unterkunft und Verdienst. Der namenlose Ich-Erzähler? verkörpert die "betrogene Jugend Europas", die von den Vätern falsche Ideale mitbekommen hat. Er ist ein politischer Exilant aus Hitlerdeutschland und lernt die 29-jährige tuberkulosekranke Französin Madeleine kennen, die einem älteren deutschen Emigranten in die Niederlande gefolgt ist. Es kommt zu einem komplizierten Dialog der beiden und zu einer Liebesbeziehung, die mit Madeleines Tod endet. Zwei Männer kämpfen um die Geliebte. In diesem Kampf werden die Gegensätze der beiden verkörperten Generationen aufgezeigt: Die Jugend wendet sich gegen die übermächtigen und lebensfeindlichen Erzieher, gegen die Negativität der Erwachsenenwelt.

Der Autor setzt Mittel der Verfremdung ein und zeichnet den Teil der "betrogenen" Generation, der die Nazi-Diktatur zu überwinden versucht, dabei aber scheitert, weil ihr jedes Handeln versperrt ist. Auch die politischen Diskussionen unter den Emigranten werden satirisch aufs Korn genommen.

Weitere Werke

  • Schlächter, Weib und Majestät. Erzählungen eines Masseurs (1972)
  • Der Mann, der Hitler nicht erschossen hat. Erzählungen eines Masseurs (1976)
  • Glücksmaschine Mensch. Plaudereien eines Masseurs (1982)
  • Liebeskunst für Greise. Memoiren unseres Jahrhunderts (1992)
  • Berliner, Amsterdamer und ach – Jude auch. Memoiren aus neunzig Jahren (1998)

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