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Popper, Sir Karl

Sir Karl Popper im Jahr 1987 - (c) Nachlass von Sir Karl Popper

Karl Raimund Popper (geb. am 28. Juli 1902 in Wien; gest. am 17. September 1994 in East Croydon, London) war ein britischer Philosoph österreichischer Abstammung. Er ist der Begründer des Kritischen Rationalismus, einer bedeutenden Wissenschaftstheorie?.

Nach seiner Erhebung in den Ritterstand 1965 hieß er Sir Karl Popper.

Leben und Schreiben

Karl Popper enstammte dem jüdisch-assimilierten Bildungsbürgertum Wiens. Er hatte zwei ältere Schwestern. Der böhmische Rechtsanwalt Dr. Simon Siegmund Carl Popper und seine Ehefrau Jenny, geb. Schiff, waren vor der Geburt ihrer Kinder vom jüdischen zum christlichen Glauben übergetreten und Protestanten geworden.

Soziales Engagement und kulturelle Interessen prägten Poppers Elternhaus. Der Vater arbeitete nebenberuflich für den Asylverein für Wiener Obdachlose und übersetzte griechische und lateinische Klassiker ins Deutsche. Seine Bibliothek umfasste rund 10.000 Bände. Eine von ihm 1903 anonym veröffentlichte politische Satire blieb bis 1918 verboten.

Die Großeltern mütterlicherseits gehörten zu den Mitbegründern der Gesellschaft der Musikfreunde. Jenny Popper spielte sehr gut Klavier und führte auch ihre Kinder an die klassische Musik heran. Noch Jahrzehnte später erinnerte sich Popper auch gern daran, wie die Mutter ihm und seinen Schwestern die „Wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgänsen“ von Selma Lagerlöf vorgelesen hatte. Zu seinen Kindheitsfreunden gehörte unter anderem Konrad Lorenz.

Bereits als Zehnjähriger beschäftigte sich Karl Popper mit Philosophie. Er diskutierte mit einem 20 Jahre älteren Freund über Marxismus und Darwinismus und unternahm Wanderungen mit den Monisten, einer freigeistigen Bewegung, die wesentlich von Ernst Haeckel? begründet worden war und die Einheit von Natur und Geist verfocht.

Als 15-Jähriger wandte sich Popper den Vorsokratikern? zu und begeisterte sich für Isaac Newton?. Er berichtete später von einer Diskussion mit seinem Vater, in deren Verlauf er erkannt habe, dass es zwecklos sei, um die wahre Bedeutung von Wörtern zu streiten. Besser sei es, sich mit den Problemen zu befassen, die hinter den strittigen Begriffen lägen.

Von Marx zu Einstein

Im Jahr 1918 verließ Karl Popper vorzeitig die Mittelschule und schrieb sich als Gasthörer an der Wiener Universität ein. Er hörte Vorlesungen in Mathematik, Geschichte, Psychologie, Theoretischer Physik und Philosophie. Er zog von daheim aus, lebte mit Studenten in einem Grinzinger Barackenlager zusammen und engagierte sich ehrenamtlich in den Erziehungsberatungsstellen, die der einstige Freud-Schüler und Begründer der Ich-Psychologie Alfred Adler? in den Wiener Arbeitervierteln gegründet hatte.

Es war die Zeit des „Roten Wien“ und auch Popper begeisterte sich kurzzeitig für den Kommunismus, bis er bei einer Demonstration miterlebte, dass die Polizei mehrere Arbeiter erschoss. Popper schlussfolgerte erschüttert, dass eine Überzeugung, für die Menschen bereit sind, ihr Leben zu geben, kritischer reflektiert und wissenschaftlicher fundiert sein müsse als der Marxismus, den er fortan als Pseudowissenschaft betrachtete. Der Physiker Albert Einstein? wurde nun für ihn zum Gewährsmann tragfähigen wissenschaftlichen Denkens.

Von 1920 bis 1922 studierte Karl Popper Kirchenmusik am Wiener Konservatorium. Er gab den Plan, Musiker zu werden, dann allerdings wieder auf, komponierte jedoch privat weiter. Er lebte von Gelegenheitsarbeiten im Straßenbau, absolvierte nebenbei eine Tischlerlehre, gab amerikanischen Studenten Nachhilfe und befasste sich persönlich mit Kant und mit der Lernpsychologie. Schließlich legte er als Externer die Matura ab und wurde regulärer Student.

Pädagogik und Denkpsychologie

1924 war Karl Popper sowohl ausgebildeter Tischergeselle als auch Lehrbefähigter für Mathematik und Naturwissenschaften an Grundschulen. Er arbeitete als Erzieher in einem städtischen Hort für verwahrloste Kinder und studierte 1925 bis 1927 am neu gegründeten Pädagogischen Institut in Wien. Hier lernte er den Sprachpsychologen Karl Bühler? kennen, bei dem er 1928 mit einer Dissertation „Zur Methodenfrage der Denkpsychologie“ promoviert wurde.

Das Thema der Dissertation belegt bereits Karl Poppers Interesse an der Erkenntnistheorie?. Die Denkpsychologie war von dem Psychologen Oswald Külpe? und seiner so genannten Würzburger Schule begründet worden. Anders als die seinerzeit dominierende naturwissenschaftlich ausgerichtete Psychologie nach Wilhelm Wundt? verstand sie das Denken nicht als fortwährende Ansammlung von Assoziationen im Bewusstsein, sondern als Prozess, der unbewusst von der jeweiligen Aufgabe und dem Erkenntnisziel geleitet wird.

Der „Wiener Kreis“

1929 erwarb Karl Popper die Lehrbefähigung für Hauptschulen. Ein Jahr später heiratete er Anna Josefine Henninger („Hennie“), eine Kollegin. Bis 1937 arbeitete er als Hauptschullehrer in Wien. In das Jahr 1932 fielen zwei einschneidende Verluste: Sein Vater starb mit 75 Jahren, und seine Schwester Dora nahm sich das Leben.

Ende der 1920er Jahre hatte Popper Kontakt zum „Wiener Kreis“ bekommen. Das war ein Zusammenschluss von Philosophen, Mathematikern und Naturwissenschaftlern, die für die Philosophie ähnlich verlässliche Wahrheitskriterien suchten, wie sie für die Naturwissenschaften bestanden. Die Naturwissenschaften heißen „positive“ Wissenschaften, weil sie sich mit dem beschäftigen, was „positiv“ gegeben, also durch die Sinneswahrnehmung feststellbar und bei genügend Ausrüstung auch messbar – mit einem Wort, was empirisch (erfahrungswissenschaftlich begründet) ist. Im 19. Jahrhundert hatte Auguste Comte? den Positivismus? begründet.

Der Neopositivismus? des 20. Jahrhunderts richtete sein Augenmerk vor allem darauf, ob wissenschaftliche und philosophische Aussagen schlüssig sind. Die Sprache, die logisch schlüssige Sprache, galt jetzt als Maßstab für die Richtigkeit der Erkenntnis. Deshalb wird der Neopositivismus auch Logischer Positivismus? genannt.

Nur solche Sätze gelten nach diesem Ansatz als sinnvoll, bei denen die Möglichkeit besteht, dass man sie verifizieren? kann. Eine Aussage zu verifizieren bedeutet, sie daraufhin zu überprüfen, ob sie wahr (lat. „verus“) ist – und das wiederum heißt unter anderem, zu prüfen, ob sie durch ausreichende Einzelfallprüfung als so abgesichert gilt, dass man aus den Einzelfällen auf ein allgemeines Prinzip schließen kann. Diese Denkbewegung, bei der vom Besonderen auf das Allgemeine geschlossen wird, heißt Induktion?. Es liegt auf der Hand, dass metaphysische? Aussagen aus Sicht des Logischen Positivismus unhaltbar sind.

Begründer des „Wiener Kreises“ war Moritz Schlick?, der 1936 von einem Studenten erschossen wurde, sein wichtigster Denker war Rudolf Carnap?. Die meisten Mitglieder waren Juden – nach der Besetzung Österreichs durch das nationalsozialistische Deutschland 1938 mussten sie fliehen.

„Die Logik der Forschung“ (1934)

Karl Popper gehörte nicht zum „Wiener Kreis“, sondern er bewegte sich kritisch im Umfeld dieser Philosophie. Ende 1934 erschien sein Hauptwerk „Logik der Forschung. Zur Erkenntnistheorie der modernen Naturwissenschaft“, in dem er im Widerspruch zur Verifikationstheorie seinen eigenen Ansatz entwickelt: die Falsifikation?. Trotz dieser Gegenposition brachte der „Wiener Kreis“ Poppers Buch in der eigenen Schriftenreihe heraus.

In der „Logik der Forschung“ erklärt Popper das induktive Verfahren für nicht tragfähig: Von einer wie auch immer gearteten Erfahrung auf die wissenschaftliche Theorie zu schließen, sei logisch unzulässig, Theorien seien niemals empirisch verifizierbar. Ein Beispiel dafür, das wegen seiner Anschaulichkeit berühmt geworden ist: Der Satz „Alle Schwäne sind weiß“ lässt sich nicht verifizieren. Wer garantiert, dass nicht doch ein schwarzer Schwan auftaucht?

Popper schlägt daher statt der Verifikation einen anderen, weitaus bescheideneren Weg vor, wie wissenschaftliche Aussagen überprüft werden können: die Falsifikation. Der Begriff kommt von „falsus“, lat. „falsch“, und bedeutet: Eine Theorie gilt so lange, bis sie widerlegt, also als falsch bewiesen worden ist. Und zwar durch die Erfahrung. „Ein empirisch-wissenschaftliches System muss an der Erfahrung scheitern können“, sagt Popper. Auf das Beispiel angewandt bedeutet dies: Das Prinzip „Alle Schwäne sind weiß“ gilt nur so lange, bis ein schwarzer Schwan auftaucht.

Natürlich unterliegen nur solche Theorien der Falsifikation (und dürfen damit wissenschaftlich genannt werden), die überhaupt geeignet sind, an der Erfahrung überprüft zu werden. Der Satz „Hier wird es morgen regnen oder nicht“ gehört zum Beispiel nicht dazu, er ist nicht empirisch. Wohl aber der Satz „Hier wird es morgen regnen“ – er wird sich morgen bestätigen oder widerlegt werden.

Alle Theorien sind demnach Hypothesen. Je mehr von ihnen man widerlegt und damit ausscheidet, desto näher rückt man der Wahrheit. Doch dies ist ein endloser Prozess. Unfehlbare Erkenntnis gibt es nicht, sagt Karl Popper. Für ihn ist Wissenschaft ein offener Prozess. Konsequent angewandt, führt die Falsifikation dazu, dass Forscher nur gut begründete Theorien aufstellen werden – und die sind dann umso wertvoller.

Karl Poppers Wissenschaftstheorie? setzte sich unter dem Begriff „Kritischer Rationalismus?“ durch – allerdings mehr bei den Naturwissenschaftlern als bei den Philosophen. Albert Einstein? stimmte ihr schon 1935 in einem Brief an Popper zu.

Emigration nach Neuseeland

Die „Logik der Forschung“ machte Popper international bekannt. Er erhielt Einladungen zu Forschungs- und Vortragsreisen unter anderem nach Prag, Brüssel, Paris sowie nach London, Cambridge und Oxford. Auf diesen Reisen lernte er Naturwissenschaftler wie Erwin Schrödinger? und Niels Bohr?, den Mathematiker und Philosophen Bertrand Russel? und den Ökonomen Friedrich von Hayek? kennen.

Im Herbst 1936 wurde ihm eine Gastdozentur für jüdische Emigranten in Cambridge angeboten. Popper hätte sie angesichts der zunehmend angespannten Lage in Österreich gern angenommen, verzichtete aber zugunsten eines anderen jüdischen Emigranten, als ihm am Weihnachtsabend desselben Jahres eine Dozentur in Christchurch, Neuseeland, offeriert wurde. Mit seiner Frau verließ er im Januar 1937 Österreich. Bis 1945 blieb er in Neuseeland. Im März 1938 marschierten die Deutschen in Österreich ein, im Mai starb Poppers Mutter. 16 seiner Familienangehörigen wurden bis von den Nationalsozialisten ermordet.

Unter dem Eindruck der Diktatur in Deutschland und Österreich verfasste Karl Popper von 1938 bis 1943 „Das Elend des Historizismus“ (erschienen 1957) und „Die offene Gesellschaft und ihre Feinde“ (erschienen 1945). Die Jahre in Neuseeland waren geprägt von Geldnot aufgrund geringer Dozentenhonorare und dem Gefühl, „auf halbem Weg zum Mond“ (Hennie Popper) zu leben. Im Mai 1945 erreichte Popper die Anfrage Rudolf Carnaps, ob er nach Wien zurückkommen wolle. Popper lehnte ab mit den Worten „No, never!“

Im Dezember 1945 verließ das Ehepaar Popper Neuseeland und kehrte nach Europa zurück. Karl Popper wurde auf Vermittlung Friedrich von Hayeks zunächst außerordentlicher Professor an der London School of Economics and Political Science, University London. 1948 erreichten ihn zwei Angebote aus Wien und Otage, Neuseeland. Wiederum war es Friedrich von Hayek, der für seinen Verbleib in London sorgte. 1949 wurde Karl Popper ordentlicher Professor für Logik und Wissenschaftslehre an der University London und blieb es bis zu seiner Emeritierung 1969. Zwischen 1950 und 1981 übernahm er zudem zahlreiche Gastprofessuren und Vorlesungen in Europa, Amerika, Australien, Neuseeland, Hongkong, Indien und China.

„Die offene Gesellschaft und ihre Feinde“ (1945, dt. 1957/58)

Noch vor dem Wechsel nach England, im November 1945, erschien in einem Londoner Verlag „The Open Society and Its Enemies“ (dt. „Die offene Gesellschaft und ihre Feinde“, 1957/58). Darin schreibt Popper seine Vision von der Wissenschaft als offenem Prozess auf dem Gebiet der politischen Philosophie fort. Das Werk umfasst zwei Bände: „Der Zauber Platons“ (I) und „Falsche Propheten: Hegel, Marx und die Folgen“ (II).

Popper kritisiert Philosophen wie Hegel? und Marx?, vor allem aber Platon: Sie hätten geschlossene Gedankensysteme mit festen Heilsvorstellungen entwickelt, die wiederum das Entstehen von geschlossenen, sprich totalitären Gesellschaften befördert hätten. Deshalb nennt Popper sie „falsche Propheten“. (Kritiker warfen ihm unter anderem vor, Platon und dessen politischer Lebenswelt über den Abstand von mehr als zwei Jahrtausenden kaum gerecht werden zu können.)

Der geschlossenen stellt Popper das Ideal der offenen Gesellschaft gegenüber, das er in der Demokratie mit Gewaltenteilung, demokratischen Wahlen, Meinungs- und Versammlungs- sowie Religionsfreiheit am besten verwirklicht sieht. Sie gewährt die Freiheit, Hypothesen im Sinne der Falsifikation zu prüfen und zu verwerfen. Als Gewährsmann zitiert Popper den athenischen Staatsmann Perikles (ca. 490-429 v. Chr.): „Obgleich nur wenige eine politische Konzeption entwerfen und durchführen können, so sind wir doch alle fähig, sie zu beurteilen.“

“Das Elend des Historizismus“ (1957)

In “The Poverty of Historicism“ (1957, dt. “Das Elend des Historizismus“) kritisiert Karl Popper das Geschichtsverständnis, das mit den „falschen Prophetien“ einhergeht: den Glauben daran, dass es Gesetze der historischen Entwicklung gebe und Gesellschaften demzufolge anhand utopischer Theorien planbar seien. Für ihn ist der Lauf der Welt nicht vorherbestimmt (determiniert), schon gar nicht durch ein ideales Ziel. Er ist nicht einmal vollständig durchschaubar.

Deshalb kann es auch keine neutrale Geschichtsschreibung geben. Sie erfolgt nach Popper immer von einem Standpunkt aus – den es sich klarzumachen und den um der Redlichkeit willen offenzulegen gilt.

Der so genannte Positivismusstreit

Unter diesem Schlagwort ist eine Auseinandersetzung in die Geschichte eingegangen, welche auf einer Tagung der Deutschen Gesellschaft für Soziologie vom 19. bis 21. Oktober 1961 in Tübingen ihren Ausgang nahm. Ralf Dahrendorf?, Leiter des neu gegründeten Tübinger Institut für Soziologie, hatte zu einer Erörterung der wissenschaftstheoretischen? Grundlagen der Sozialwissenschaften unter dem Titel „Die Logik der Sozialwissenschaften“ eingeladen.

Angenommen, dass sozialwissenschaftlichen Theorien wie alle Theorien niemals wirklich wertfrei sind – entscheidet ausschließlich ihre Überprüfbarkeit anhand der Erfahrung (Falsifikation) über ihre Richtigkeit? Oder müssen sie nicht doch einen normativen, also wertenden Standpunkt beinhalten, weil sie – im Sinne der Kritischen Theorie – kritische Instrumente im Sinne der gesellschaftlichen Veränderung sein sollen? Darüber entspann sich die Auseinandersetzung zwischen Karl Popper sowie seinem wichtigsten Schüler Hans Albert? als Vertretern des Kritischen Rationalismus auf der einen Seite und Theodor W. Adorno sowie Jürgen Habermas? als Vertretern der Kritischen Theorie auf der anderen Seite.

Adorno bezeichnete die Position Poppers als positivistisch, was dieser im Blick auf seine kritische Haltung zum Neopositivismus des Wiener Kreises zurückwies. Der Adornosche Begriff „Positivismusstreit“ hat sich für die in Tübingen ausgelöste Debatte gleichwohl durchgesetzt, die aufgrund vorangegangener sozialwissenschaftlicher Diskussionen auch „Zweiter Methodenstreit“ heißt.

“Objektive Erkenntnis. Ein evolutionärer Entwurf“ (1972, dt. 1973)

Dieses Buch, das im englischen Original 1972 und 1979 in einer revidierten Fassung erschien (deutsche Ausgabe zuerst 1973), enthält späte Aufsätze und Schriften. Popper verbindet seine Wissenschaftstheorie? mit Darwins? Evolutionstheorie: Wir entwickeln unser Wissen nach denselben Prinzipien, wie sich in der realen Welt das Leben entwickelt - durch Versuch und Irrtum. Was sich nicht bewährt, muss sterben. Nur dass wir, im Unterschied zu nicht überlebensfähigen Lebewesen, unsere Hypothesen sterben lassen können und dabei selbst doch am Leben bleiben.

Objektivität bedeutet für Popper, dass eine Aussage intersubjektiv prüfbar ist – dass sie erreichbar vorliegt (etwa in Gestalt eines Buches) und dass ihre Gegenstände nicht von Menschen produziert worden sind. Die Mathematik ist ein gutes Beispiel dafür: Der menschliche Geist? entwirft zwar die Modelle, doch das, was sie enthalten, ist nicht von Menschen gemacht.

Popper spricht von drei Welten: Die erste ist die Welt der physikalischen Realität. Die zweite ist die Welt unseres Bewusstseins, des Denkens, Fühlens und Erlebens, der Psyche. Die dritte Welt umfasst die beschriebenen objektiven Theorien. Sie ist überzeitlich: Obwohl sie vom menschlichen Denken geschaffen wurde, überdauert sie es.

Ritterschlag und andere Ehrungen

Im Jahr 1965 empfing Karl Popper von Queen Elizabeth II. den Ritterschlag und durfte sich fortan „Sir“ nennen. Vier Jahre später wurde er emeritiert, blieb jedoch weiterhin forschend und lehrend produktiv und übernahm zahlreiche Gastprofessuren. 1975 veröffentlichte er gemeinsam mit John Eccles? „The Self and its Brain (dt. „Das Ich und sein Gehirn“, 1982). Popper legt darin seine Theorien zum Leib-Seele-Problem dar.

1978 wurde sein Doktorat an der Universität Wien erneuert. Popper reiste noch öfter in seine Geburtsstadt. Auf einer dieser Reisen starb seine Frau Hennie 1985. Im selben Jahr übernahm Popper für kurze Zeit die Leitung eines neuen Bereichs des Boltzmann Instituts in Wien.

Während seiner letzten Lebensjahrzehnte erhielt Karl Popper viele Ehrendoktorate und weitere Ehrungen, so etwa 1980 den Orden Pour le Mérite der Bundesrepublik Deutschland und 1983 das Große Bundesverdienstkreuz. 1980 belehnte ihn die Queen mit den Insignien des Ordens der Companions of Honour. Popper war Mitglied oder Ehrenmitglied zahlreicher wissenschaftlicher Gesellschaften, darunter der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung?. Eine besondere Freundschaft verband ihn mit dem deutschen Bundeskanzler Helmut Schmidt.

1993, ein Jahr vor seinem Tod, veröffentlichte er noch die Aufsatzsammlung „Knowledge and the Body-Mind-Problem“ (dt. „Alles Leben ist Problemlösen“, 1994). Sir Karl R. Popper starb 92-jährig am 17. September 1994 in London. Seinen Nachlass verwaltet Melitta Mew in Surrey/England. Das Wiener Karl Popper Institut fördert die Verbreitung von Sir Karl Poppers Philosophie, analysiert sie kritisch und entwickelt sie weiter. Die ca. 7.000 Bände umfassende Bibliothek von Karl Popper befindet sich seit 1995 in der Bibliothek der Universität Klagenfurt, darunter Kopien sämtlicher Papiere von Popper, die nach und nach digitalisiert werden.

Übrigens …

Mit seinem Jugendfreund aus Wiener Tagen, Konrad Lorenz?, kam Karl Popper 1983 im österreichischen Altenburg anlässlich einer Tagung zum „Kamingespräch“ zusammen. Der Text erschien unter dem Titel „Die Zukunft ist offen“, zusammen mit den Texten eines Wiener Popper-Symposiums aus Anlass seines 80. Geburtstages.

Auszeichnungen (Auswahl)

  • 1965 Erhebung in den Ritterstand durch Königin Elizabeth II.
  • 1965 Ehrenmitglied der Royal Society of New Zealand
  • 1972 Ehrenmitglied der London School of Economics and Political Science
  • 1973 Sonning-Preis der Universität Kopenhagen
  • 1976 Fellow der Royal Society in London
  • 1976 Mitglied der Académie Royale de Belgique
  • 1977 Ehrenmitglied der Académie Internationale d`Histoire des Sciences in Paris
  • 1978 Dr. Karl Renner-Preis der Stadt Wien
  • 1979 Ehrenmitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung?
  • 1980 Österreichisches Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst und Mitglied der Kurie für Wissenschaft und Kunst
  • 1980 Orden Pour le Mérite der Bundesrepublik Deutschland
  • 1980 Mitglied des Institut de France
  • 1982 Königin Elizabeth II. belehnt Karl Popper mit den Insignien des Ordens der Companions of Honour
  • 1982 Ehrenmitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
  • 1983 Großes Verdienstkreuz mit Stern und Schulterband der Bundesrepublik Deutschland
  • 1986 Ausländisches Mitglied der National Academy of Science in Washington, D.C.
  • 1988 10. Internationaler Preis "Friedrich Nietzsche" der Universität Palermo, Italien
  • 1989 Internationaler Preis von Katalonien der Universität Barcelona
  • 1992 Kyoto-Preis in Japan
  • 1993 Ehrenbürger der Stadt Wien
  • 1993 Ehrendoktor (Dr. phil. h.c.) der Universität Athen, Griechenland
  • 1993 Otto Hahn-Friedensmedaille der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen in Berlin

Werke (Auswahl)

  • Bücher von Karl Popper bei Jokers
  • Die Logik der Forschung. EA 1934. Gesammelte Werke Bd. 3, Tübingen, Verlag Mohr Siebeck, 11. Aufl. 2005, ISBN: 978-3161484100
  • The Open Society and Its Enemies. EA 1945. dt. Die offene Gesellschaft und ihre Feinde EA 1957/58. Gesammelte Werke Bd. 5 und 6, Tübingen, Verlag Mohr Siebeck, 8. Aufl. 2003, ISBN: 978-3161480683 und ISBN: 978-3161480690
  • The Poverty of Historicism. EA 1957. dt. Das Elend des Historizismus. EA 1957. Gesammelte Werke Bd. 4, Tübingen, Verlag Mohr Siebeck 2003, ISBN: 978-3161480256
  • Objective Knowledge. EA 1972/79. dt. Objektive Erkenntnis. Ein evolutionärer Entwurf. EA 1973. Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 1998, ISBN: 978-3455103069 (nur antiquarisch)
  • The Self and its Brain (mit John Eccles). EA 1977. dt. Das Ich und sein Gehirn 1982. Pieper Verlag, München 1989, ISBN: 978-3492210966
  • In Search of a better World. EA 1984. dt. Auf der Suche nach einer besseren Welt. Vorträge und Aufsätze aus dreißig Jahren. EA 1992. Piper Verlag, München, 14. Aufl. 1987, ISBN: 978-3492206990
  • Die Zukunft ist offen (gemeinsam mit Konrad Lorenz). EA 1985. Piper Verlag, München 1995, ISBN: 978-3492103404 (nur antiquarisch)
  • Knowledge and the Body-Mind-Problem. EA 1993. dt. Alles Leben ist Problemlösen. EA 1994. München, Piper Verlag, 2. Aufl. 2003, ISBN: 978-3492045629
  • Auf der Suche nach einer besseren Welt. Vorträge und Aufsätze aus dreißig Jahren. München, Piper Verlag, 14. Aufl. 1987, ISBN: 978-3492206990
  • Karl R. Popper Lesebuch. Ausgewählte Texte zur Erkenntnistheorie, Philosophie der Naturwissenschaften, Metaphysik, Sozialphilosophie. Verlag UTB, Stuttgart, 2. Aufl. 1995, ISBN 978-3-8252-2000-6

Sekundärliteratur

  • Böhm, Jan M. / Holweg, Heiko / Hoock, Claudia (Hg.): Karl Poppers kritischer Rationalismus heute. Verlag Mohr Siebeck, Tübingen 2002, ISBN 978-3-16-147774-4
  • Kiesewetter, Hubert / Zenz, Helmut (Hg.): Karl Poppers Beiträge zur Ethik. Verlag Mohr Siebeck, Tübingen 2002, ISBN: 978-3-16-147773-7
  • Lube, Manfred: Karl R. Popper Bibliographie 1925-2004: Wissenschaftstheorie, Sozialphilosophie, Logik, Wahrscheinlichkeitstheorie, Naturwissenschaften. Verlag Peter Lang, Frankfurt am Main 2005, ISBN: 978-3631534502
  • Morgenstern, Martin / Zimmer, Robert: Karl Popper. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2002, ISBN: 978-3423310604
  • Pies, Ingo / Leschke, Martin (Hg.): Karl Poppers kritischer Rationalismus. Verlag Mohr Siebeck, Tübingen 1999, ISBN 978-3-16-147211-4

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