Schlagt sie tot in den Wäldern

von<br> Klaus Märkert

Der Band ? „Schlagt sie tot in den Wäldern“ versammelt Erzählungen des Bochumer Autors Klaus Märkert ?, dessen Lebenslauf sich atemberaubend liest, gelernter Diplom-Sozialarbeiter, Musikredakteur ?, DJ der legendären Bochumer Szene-Diskothek „Zwischenfall“, Taxifahrer usw., usw.! Der letzte Text des Buches lautet: IN DIESEN ZEITEN/ WIRD ES DARAUF ANKOMMEN,/DORT ZU SEIN, WO NIEMAND SONST SEIN WIRD“. Das liest sich wie ein bitteres Zitat, spitzbübisch und ironisch ?, aber auch, als solle ein Ausweg markiert werden aus einer unentrinnbaren Situation.

Vor allem aber, so mein Eindruck, charakterisiert es die hier versammelten Geschichten auf wunderbar treffende Art und Weise, die dem Leser einiges abverlangen, Mitdenken und Freude an Skurrilität bis hin zu Absurdem oder ganz einfach die Einsicht, dass das Leben so überraschend ist, wie es spielt, und dass es nichts gibt, was es nicht gibt, unmenschlich menschlich.

Wer sich auf die Lektüre einlässt, darf sich auf Unerwartetes ebenso freuen wie auf Vielschichtigkeit und eine Sprache, die in ungewöhnlichen Bildern, nachdenklich bizarr die Tiefe menschlichen Denkens und Reagierens auslotetet, sprich die hellen und dunklen Seiten der menschlichen Seele, pervertierte Wünsche, nichtsahnende plötzliche Einsichten, Fremdes, das nicht fremd ist, und schließlich auch immer eine Geschichte hinter der Geschichte, die uns bekannt vorkommt, ohne dass wir sie artikulierten.

* maerkert-klaus Δ

Man merkt, dass der Autor weiß, wovon er spricht, aus eigener Anteilnahme und eigenem Erleben. Er weiß, in welcher Zeit wir leben, und geht, ohne zu jammern, mit ihr um und wie mit den Protagonisten seiner Erzählungen auch auf feine humorige Weise ins Gericht mit einer Qualität, die nicht ohne Grund mitunter fröstelnd macht, aber auch, als wäre man auf „Droge“ happy, ein Lesespaß, der Spuren hinterlässt.

Ohne allzu viel verraten zu wollen, ein paar Beispiele. In der Geschichte „Dunkel in uns“ z. B. kommt es zu einem Heiratsantrag unter grotesken Umständen. Eine Fahrschule wird überfallen. Oder eine tote Fliege muss von der Wange eines Schauspielers entfernt werden, der an der Produktion eines Pornofilmes beteiligt ist und eines Unfalls wegen auf den Notarzt wartet. In „Blaue Regenwürmer“ geht es um die Steigerung der Lust, sprich um ein bisschen Kannibalismus, der gehörig misslingt.

In der Titelgeschichte ? „Schlagt sie tot in den Wäldern“ begegnet man nicht Robin Hood, sondern Pilzsammlern, vor deren Bäuchen, ein Pilzbilderbuch baumelt neben Smartphone und Tablet-PC. Es gibt eine Wildwest-Geschichte „Dark Nuggets“, eine Liebesgeschichte mit einem unerwarteten Ausgang, der Geplantes zunichtemacht. Oder „Voodoo in Velbert“! Was mag das nur bedeuten? Es geht um alltägliche Situationen wie eine Kündigung oder um „Last Christmas“ oder das Ende einer Beziehung „Warten auf Jill“, eine Geschichte in der u. a. ein Türspion eine Rolle spielt.

Träume werden Wirklichkeit, Wirklichkeit wird zum Albtraum. Klaus Märkert bedient vollendet die Klaviatur menschlicher Abgründe und Gedanken. Und nicht selten kommt das Unfassbare zur Sprache wie in seiner beklemmenden Geschichte um einen Selbstmörder in „Vom Himmel gefallen“. Wir entdecken einen ungewöhnlichen, mutigen Autor, der sich nicht scheut, den Finger auf manche Wunde zu legen, wie in der sehr aktuellen Geschichte eines Hartz IV Empfängers, „Speed Baby“. Wir entdecken einen Autor voll schwarzen Humors und Menschenliebe. So, wie seine Erzählungen gestrickt sind, weiß man, dass sich beides nicht widerspricht, und wartet ungeduldig auf weitere Arbeiten aus seiner „spitzen“ Feder ?.

Autor: Michael Starcke

Literaturangaben

Märkert, Klaus: Schlagt sie tot in den Wäldern. Eisenhut Verlag, Hagen-Berchum 2013, ISBN: 978-3942090308, 156 S., 12,90 €

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