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Ronchetti, Lilly

Lilly Ronchetti (geb. 2. Nov. 1928 in Brugg AG; gest. 8. Januar 1997 in Winterthur) war eine Schweizer Schriftstellerin und Lyrikerin.

Überblick
Lilly Ronchetti - (c) La provincia di Como

Die Winterthurer Schriftstellerin und Lyrikerin Lilly Ronchetti ist in der Schweizer Literaturszene wenig bekannt, verdient jedoch posthum Beachtung und Anerkennung. Im Industrieort Winterthur lebte sie von 1935 bis zu ihrem frühen Tod Anfang Januar 1997. Hier besuchte sie die Volksschule und schloss an der Kantonalen Handelsschule mit dem Diplom ab. Von 1947 bis zu ihrer Pensionierung 1988 arbeitete sie bei der Zürcher Kantonalbank ZKB als Handlungsbevollmächtigte in der Kreditabteilung. 1991 gewann sie den internationalen Haiku-Wettbewerb, 1993 wurde sie für ihre literarischen Arbeiten mit einem Preis der Carl Heinrich Ernst-Kunststiftung geehrt und 1994 erhielt sie einen Werkbeitrag der Stadt Winterthur. Neben zahlreichen literarischen Aufsätzen in Zeitungen und Zeitschriften verfasste sie sechs Gedichtbände?. Auch als Übersetzerin französischer? Literatur machte sie sich einen Namen.

Foto: La provincia di Como / www.laprovinciadicomo.it

Leben und Schreiben

Lilly Ronchetti wurde am 2. November 1928 in Brugg AG geboren. 1935 zog die Familie nach Winterthur, wo Lilly Ronchetti ihre Schulbildung mit dem Kantonalen Handelsdiplom abschloss und hauptberuflich in der Wirtschaft tätig wurde. Als talentierte und initiative Kauffrau übernahm sie bei der Zürcher Kantonalbank ZKB in Winterthur die Kreditabteilung, schrieb aber nebenbei lyrische Texte und literarische Aufsätze? über bekannte Autoren. Unter anderem schrieb sie über die deutsche? Dichterin Hilde Domin?, die in der Literarischen Vereinigung Gedichte rezitierte, wobei sie die Kraft des Wortes erkannte und Leben und Wirken Hilde Domins zu würdigen verstand.

Hilde Domin war denn auch, neben Rose Ausländer, Günter Eich? und Paul Celan, ein sprachliches Vorbild für Lilly Ronchetti. Doch sie war sich bewusst, dass es für sie als Lyrikerin keine wichtigen und unwichtigen Worte gebe, gelte es doch, jedes Wort an den richtigen Platz zu setzen. Lyrik sei auch der Inbegriff existenzieller Offenheit, die Pause, in der die Zeit stillstehe. Ronchetti stellte auch immer wieder fest, dass Gedichte Appelle gegen die Gleichgültigkeit seien. Paul Celan brachte es für sie auf den Punkt, wenn er schrieb: „Gedichte, das sind auch Geschenke – Geschenke an die Aufmerksamen.“ Appelle für eine Leserschaft, die das bewusste Leben lebt.

Sie wusste aber auch, dass die Lyrik die Welt nicht verändern kann. Lyrik hat es heute schwer mit den Materialisten. Ihr Ansehen ist an verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zeiten ganz unterschiedlich hoch. Das Kräutlein Lyrik verschmähen die fetten Kühe, die mit Verdauungsbeschwerden und glasigen Augen schnaufend über saftige Wiesen trotten. Seinen hohen Nährwert entdecken erst die mageren. Dessen war sich Lilly Ronchetti bewusst und schätzte es gerade deshalb, wenn das eine oder andere Gedicht in den Maschen einer Feuilleton-Redaktion hängen blieb.

Die ersten Texte der begnadeten Lyrikerin erschienen 1956 in Zeitungen?, Zeitschriften? und Anthologien?: Lyrik, Prosa und journalistische? Texte. 1969 erschien „Lutetia Parisiorum“ (Pariser Impressionen) als erste eigenständige Publikation. Weitere Gedichtbände entstanden in unregelmäßiger Folge, wenn sie sich im Beruf eine Auszeit leisten konnte: 1972 „Aufblättern das Schweigen“, 1975 „Zur Flucht nicht geeignet“, 1980 „Zwischendinge“, 1981 „Atemruf“, 1988 „Geheftet an diese Zeit“, 1994 „Lichtfall“ und 1996 „Bodoni-Blatt – 2 Gedichte“.

Eindrücklich ist auch die Auswahl nachgelassener? Gedichte, welche die Literarische Vereinigung 1998 als Hommage an die Lyrikerin Lilly Ronchetti im Winterthurer Verlag Vogel herausgab. In diesen letzten unveröffentlichten Gedichten, welche die Dichterin kurz vor ihrem Tod minutiös in Ordnern thematisch vorsortiert abgelegt hatte, finden wir eine Lyrik, die förmlich unter die Haut geht.

Poesie spricht in Bildern

Die bekannte schweizweit unbekannte Lyrikerin war sich bewusst, dass sie mit ihrer Lyrik treffende Bilder übermitteln konnte. Lilly Ronchetti war eine moderne? Dichterin, die eindeutig auf das schonungslos offene Minenfeld der Poesie nach 1945 gehört, wo sie das Wagnis der neuen, gebrochenen Form mit allen Konsequenzen einging. Interpretationen ihrer Gedichte ziehen Parallelen zu Spätromantikern?. Es wäre ein Wagnis, am Rätsel Lilly Ronchetti zu rühren. Eines Philosophen Wort vermag es treffender zu umschreiben: „Wie hört ihr mich denn? Ich spreche ja von so weit.“ - Vielleicht war dies das Motto dieser Lyrikerin. Erst beim wiederholten Lesen ihrer Gedichte glaubt man zu spüren, welche Botschaft zwischen den Zeilen? verborgen liegt, zumal das Zeugungsmoment jedes echten Gedichts ein sinnliches, seelisches oder geistiges Erlebnis wiedergibt.

Ronchetti war eine äusserst sensible Dichterin, die mit Worten ihr Denken und Fühlen nur anzudeuten vermochte. In ihren letzten Lebensjahren beschäftigte sie sich zusehends und noch intensiver mit den „letzten Dingen“, mit dem Loslassen, mit dem Sterben. Gedichte um Tod und Sterben nahmen denn auch im Schaffen ihrer letzten Lebensphase breiten Raum ein. Zweifellos prägten sie tiefe eigene Lebenserfahrungen, Schmerz, Dunkel und Schatten schon früh. Dem stand aber stets eine vitale Lebenskraft entgegen, die ihr aus der Natur zufloss, aus Begegnungen mit Tieren, aus jenen mit Menschen oder aus der Kunst. Und so ist ihre Lyrik nie nur dunkel, nie nur beschwert. Stets bleibt sie durchweht von einer Heiterkeit, die selbst viele Gedichte der letzten Jahre noch aufhellt.

Die Lyrikerin Lilly Ronchetti war eine sehnsüchtige Touristin, die nicht nur Reisen durch Europa, Nordafrika, Arabien, China, Japan, Zentralasien, Indien, Australien, Nord- und Südamerika unternahm, sondern auch weite innere Kontinente bereiste. Reisende sind Suchende. In fernen Ländern war sie stets auf der Suche nach der hinter dem Sichtbaren verborgenen Realität.

In den Naturgedichten? gelangen Lilly Ronchetti immer wieder Bilder von überzeugender Kraft. Oft streifte sie dabei das Haiku, diese japanische Kurzform, die ihrer lyrischen Diktion entgegenkam: kurz, knapp, leise andeutend, in schwebender Balance zwischen Oberfläche und Tiefe, im Sagen und Nichtsagen verharrend. Das Schreiben, der Sprachkörper, die Kraft, aber auch das Scheitern der Sprache haben die Dichterin zeit ihres Schreibens beschäftigt. Kein Zufall, dass ihr der Dichter Paul Celan besonders nahe stand. Nicht nur beim Schreiben, auch im Berufsalltag nahm sie das Wort ernst, abgewogen und hinterfragt. Worte sind Brücken zu einer anderen, wortlosen, unsagbaren Realität. Diesem Eindruck vermag man sich kaum zu erwehren beim Lesen der starken Gedichte der zu früh abberufenen Dichterin Lilly Ronchetti.

Werke (Auswahl)

  • Bücher von Lilly Ronchetti bei Jokers
  • Lutetia Parisiorum, 1969
  • Aufblättern das Schweigen, 1972
  • Zur Flucht nicht geeignet, 1975
  • Zwischendinge, 1980
  • Atemruf, 1981
  • Geheftet an diese Zeit, 1988
  • Lichtfall, 1994
  • Bodoni-Blatt – 2 Gedichte, 1996
  • Gedichte aus dem Nachlass, hg. v. d. Literarischen Vereinigung, Vogel Verlag, Winterthur 1998

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