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Popliteratur

Der Begriff Popliteratur kann nicht klar definiert werden. Wichtige Merkmale sind jedoch: Bezug auf die Massenmedien, Abbildung von Oberflächen, Bruch mit der Hochkultur.

Definition

Popart - (c) Marlis Dülsen/pixelio.de

Der Begriff Popliteratur (engl.: popular = allgemein verständlich) ist nicht eindeutig definiert. Oft versteht man darunter die Literatur von jungen Autoren mit einem ausgeprägten Hang zur Selbstinszenierung oder eine auf möglichst große Breitenwirkung zielende populäre Schreibweise. Nicht jedes literarische Werk?, das Pop-Elemente für seine ästhetischen Zwecke nutzt, ist der Popliteratur zuzurechnen. Deshalb unterscheidet man zwischen populärer Unterhaltungsliteratur (oft auch bezeichnet als Trivialliteratur) und rigoroser Popliteratur.

Charakteristische Merkmale der rigorosen Popliteratur sind: Bezug auf die Massenmedien (vor allem Musik, Werbung, Kino, Fernsehen, Internet), Bruch mit der Hochkultur und etablierten ästhetischen Normen, Kritik an nicht-populären Lebensstilen, Ironisierung? der eigenen künstlerischen Position und Abbildung von Oberflächen (entscheidend ist das Äußere und alles das, womit man Oberflächen behandeln und verschönern kann, z. B. Kleidung, Schmuck, Parfüms oder Pflegeprodukte ...). Viele Pop-Autoren adressieren ihre Literatur an ein Publikum?, mit dem sie Musikgeschmack, Freizeitgestaltung oder Markenfetisch teilen.

Es gibt literaturwissenschaftliche Studien, die die Popliteratur in die Nähe zu den großen künstlerischen Avantgarde-Bewegungen des frühen 20. Jahrhunderts rücken, wie z. B. Dadaismus oder Surrealismus. Diese Meinung ist jedoch innerhalb der Literaturwissenschaft stark umstritten, sie zeigt gleichzeitig aber auch, wie sehr die Popliteratur die konventionellen Bewertungskriterien von Kunst und Literatur in Frage gestellt hat.

Foto: Marlis Dülsen/www.pixelio.de

Entstehung

Die Bezeichnung Popliteratur lehnt sich an den Begriff Pop-Art an und geht auf die Beat Generation in den 1940er und 1950er Jahren in den USA zurück. Zu den so genannten Beatniks gehörten Autoren wie William S. Burroughs? („Junky“, 1953; „Naked Lunch“, 1959) und Allen Ginsberg? („Howl“, 1956), die in ihren Büchern das exaltierte Lebensgefühl der jungen Generation zum Ausdruck brachten. Ziel der Beatniks war es, ihren Alltag in einer möglichst realistischen und schonungslosen Sprache zu beschreiben. Oft ging es in ihren Büchern um Sex, Drogen, Subkultur und Kleidungsstile. Diese ungewöhnliche Mischung wirkte auf viele Leser provozierend. Vor allem in Europa stieß die Literatur der Beatniks auf starke Resonanz.

„Cross the Border“

Fast über Nacht wurde die Popliteratur in Deutschland bekannt: Die Wochenzeitung „Christ und Welt“ und das Magazin „Playboy“ veröffentlichten im Jahr 1968 gleichzeitig den Aufsatz? „Cross the Border - Close the Gap“ des amerikanischen Literaturkritikers Leslie Fiedler?. Er forderte die Ablösung der etablierten Hochkultur und des elitären Kunstgeschmacks durch eine erneuerte Literatur, die vor allem den Alltag und die rebellische Sprache der Jugend mit einbeziehen sollte. Nach der Veröffentlichung des Aufsatzes? kam es zur „Fiedler-Debatte“, an der junge Autoren wie Martin Walser und Rolf Dieter Brinkmann? beteiligt waren. Die Debatte verebbte jedoch rasch und es zeigte sich, dass die Popliteratur in Deutschland eine eher unauffällige Existenz im Schatten des Mainstream und der „politisch korrekten“ Literatur (z. B. Günter Grass) fristete. Eine der wichtigsten Publikationen der Popliteratur jener Jahre war die Anthologie? „Acid“ (1969) von Rolf Dieter Brinkmann? und Ralf-Rainer Rygulla?.

Entwicklung

Bereits zu Beginn der 1970er Jahre war die Popliteratur in allen Gattungen präsent. Eine führende Rolle nahmen engagierte Autoren wie Rolf Dieter Brinkmann?, Elfriede Jelinek, Hubert Fichte? und Peter Handke ein, die Elemente aus der Werbung, dem Kino und der Popmusik in ihre Literatur übernahmen, um eine Revolutionierung der Ästhetik und eine neue Sensibilisierung des Bewusstseins zu erreichen. Ihren Werken? war jedoch nur wenig Erfolg in der breiten Öffentlichkeit beschieden. Unter den veränderten sozialen und ästhetischen Voraussetzungen wandten sich die genannten Autoren ab Mitte der 1970er Jahren anderen Schreibweisen zu. Die Popliteratur ging Ende der 1970er Jahre in den Untergrund (Underground-Literatur?), wurde in den 1980er Jahren Punk? und lebte in den Poetry Slams? der 1990er Jahre weiter.

Mediale Selbstinszenierung

In den 1990er Jahren erreichte die rigorose Popliteratur in Deutschland einen neuen Höhepunkt, unter komplett anderen Voraussetzungen als zur Zeit der Beatniks und der popliterarischen Experimente der späten 1960er Jahre. Den meist jungen Autoren ging es um mediale Selbstinszenierung und den Versuch, Elemente der Techno- und Extasy-Kultur auf die Literatur zu übertragen. Im Mittelpunkt standen Autoren wie Rainald Goetz? („Rave“, 1998), Benjamin von Stuckrad-Barre? („Soloalbum“, 1998), Christian Kracht? („Faserland“, 1995), Thomas Meinecke? („Tomboy“, 1998) und Sibylle Berg? („Sex II“, 1998). Großen Einfluss auf ihre Literatur hatten anglo-amerikanische Schriftsteller wie Nick Hornby? („High Fidelity“, 1995) oder Bret Easton Ellis? („American Psycho“, 1991).

Adornos Kritik an der Popliteratur

Die Popliteraten der späten 1990er Jahre verzichteten in ihrer Literatur bewusst auf politische Botschaften und moralische Ermahnungen. Mit einem ironischen, of auch zynischen Gestus haben die Autoren den postmodernen Lebensverhältnissen einen Spiegel vorgehalten. Um die komplexen und stark wandelbaren Phänomene des Medienzeitalters zu erfassen und literarisch zu verarbeiten, wurden neue Genres getestet wie Diskussionsmontagen?, Szenenprotokolle? und Sendungsmitschriften?. Seit den 1960er Jahren ruft die Popliteratur auch viel Widerspruch hervor. Zu den prominentesten Kritikern gehörte Theodor W. Adorno, der darauf hinwies, dass die Entgrenzung von Kunst und Alltagswelt nur um den Preis der Banalisierung und des Qualitätsverlusts möglich sei.

Literatur

Sekundärliteratur

  • Bücher zur Popliteratur bei Jokers
  • Baßler, Moritz: Der deutsche Pop-Roman. Die Neuen Archivisten. C.H.Beck, München 2002, ISBN: 978-3406476143
  • Degler, Frank / Paulokat, Ute: Neue Deutsche Popliteratur. UTB, Stuttgart 2008, ISBN: 978-3825230265
  • Frank, Dirk: Popliteratur. Reclam, Ditzingen 2003, ISBN: 978-3442242481
  • Pop am Rhein. Popliteraturgeschichte(n). Texte, Schriften, Bilder, LAUT!Dichtung 1965 - 2007. Ausstellungskatalog (Herausgeber Joseph A. Kruse), Düsseldorf: Heinrich-Heine-Institut Düsseldorf 2007

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