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Verwertungsriten

von<br> Ian Watson

„Verwertungsriten“ ist der Titel einer Kurzgeschichte von Ian Watson, erschienen ist diese unter anderem in dem Sammelband „Die besten Horror-Stories“ von Edward L. Ferman und Anne Jordan (Hrsg) im Heyne Verlag 1989. Das Cover? des Buches ist etwas eigentümlich gestaltet, es zeigt einen großen, farbigen Schmetterling mit einem Gesicht, in dem der geöffnete Mund Zähne entblößt.

Diese Kurzgeschichte ist wirklich sehr kurz, sie umfasst gerade mal 16 Seiten, was sich jedoch in keinster Weise negativ auf deren Inhalt bzw. deren Handlung und Spannung auswirkt. Diese Kurzgeschichte wirkt wie ein Schock in Zeitlupe, welcher sich jedoch nachhaltig ins Bewusstsein einprägt, es ist eine dieser Geschichten, deren Ausgang einen so verstört, dass man diesen Horror so schnell nicht mehr aus dem Gedächtnis bekommt.

Diese Kurzgeschichte zeichnet sich dadurch aus, dass sich beim Lesen dieser eigentlich erst nach zwei Dritteln ein Gefühl des Unheimlichen einstellt, bzw. dass der Autor dem Leser erst zu diesem Zeitpunkt einen Hinweis auf eine drohende Gefahr zukommen lässt, und dieser weiterhin erst relativ spät in der Geschichte eine unerwartete und grauenerregende Kursänderung seiner Handlung vornimmt. Der Titel der Kurzgeschichte ist ziemlich ungewöhnlich, bzw. auch etwas zweideutig, was dazu führt, dass man am Anfang der Geschichte noch nicht so richtig zuordnen kann, auf was man sich bei dieser eingelassen hat, bzw. wo der Autor einem im weiteren Verlauf der Geschichte hinführt.

Die Geschichte beginnt so harmlos und unterhaltsam, dass man überhaupt nicht damit rechnet, dass sich in dieser überhaupt jemals etwas Grauenvolles ereignen könnte, das Erzählte wirkt zunächst einmal so normal und alltäglich, dass man dazu verleitet wird, sich in eine unbeeindruckte Leserhaltung versetzen zu lassen, was sich jedoch kurz vor dem Ende der Geschichte schlagartig ändert.

„Verwertungsriten“ ist eine Geschichte über ein Ehepaar, welches sich von seinem über Jahre angehäuften und nicht mehr verwertbaren Sammelsurium an unbrauchbaren Sachen auf einer großen Müllkippe endlich entledigen will. Um sich somit von persönlichem und belastendem Krempel zu befreien, mit dem Ziel diesen in andere Hände zu übergeben, in Hände, die für diesen vielleicht doch noch eine Verwendung bzw. Verwertung ausfindig machen können. Dafür scheint der Müllplatz für das Ehepaar genau der richtige Ort für ein solches Vorhaben zu sein, da auf einem solchen alles Verwertbare geordnet und gesammelt wird, und somit aus diesem noch in irgendeiner Form ein Nutzen erzielt werden kann.

Woran das Ehepaar dabei nicht im Entferntesten denkt, ist, dass es sich bei dieser Aktion in eine tödliche Falle begibt, bzw. durch seine vorbildliche Verhaltensweise in die Fänge der bösartigen und psychopathischen Besitzer des Müllplatzes gerät, welche nur vordergründig anorganische und materielle Dinge sortieren und in Containern sammeln, und hauptsächlich darauf aus sind, regelmäßig ihre anderen Container, worin sich menschliche Körperteile befinden, zu füllen. Sie interessieren sich nicht für den Müll der Leute, sondern für deren wertvollstes Gut, ihren Körper.

In Bezug auf den Titel der Kurzgeschichte könnte man anfangs annehmen, dass das Ordnen und Sammeln von Trödel und die anschließende Verwertung dessen für sie ein wirtschaftliches Anliegen bzw. ein berufliches Ritual darstellt - nur dass es ihnen dabei eben gerade nicht um die Weiterverwertung von alten und gebrauchten Sachen geht, sondern dass eigentlich für sie nur das von ihnen am Ende der Geschichte praktizierte Ritual relevant ist, und dass der Verwertungsaspekt bei diesem überhaupt nicht im Vordergrund steht, bzw. scheinbar keine tragende Rolle zu spielen scheint, und nur das grausame Ritual an sich entscheidend für sie ist aus psychologischer Sicht.

Dieser Eindruck entsteht vor allem deshalb, weil der Autor seine Geschichte ziemlich abrupt beendet und offen lässt, was diese psychopathischen Müllplatzbesitzer mit den gesammelten menschlichen Körperteilen zu tun gedenken. Alles in allem stellt diese Kurzgeschichte zumindest meiner Ansicht nach eine - wenn auch frei von übersinnlichen Elementen, vielleicht auch gerade aufgrund dessen - sehr extreme und ekelerregende Horrorstory dar, welche in der Horrorliteratur nicht unbedingt zum Standardrepertoire gehört. Für Genrefans scheint demnach der Titel der Sammlung „Die besten Horrorstories“ nicht nur eine leere Formel darzustellen, bzw. wurde hier anscheinend mal nicht ein verkaufsfördernder Titel gewählt, welcher überhaupt nicht mit den ausgewählten Kurzgeschichten in Verbindung gebracht werden kann.

Autorin: Ricarda Riedl

Literaturangaben

  • Watson, Ian: Verwertungsriten. In: Ferman, Edward L. / Jordan, Anne (Hg.): Die besten Horror-Stories. Heyne Verlag, München 1989

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