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Kurzgeschichte

Die Entwicklung der deutschsprachigen Kurzgeschichte beginnt erst nach 1945. Die literarischen Vorbilder kamen aus den USA, wo sich die Short Story bereits im 19. Jahrhundert etabliert hatte.

Definition

Wenig Zeit zum Lesen - (c) by Jerzy/PIXELIO

Die Kurzgeschichte (eine Übersetzung des englischen Begriffs Short Story) ist eine moderne Form von Kurzprosa. Ihr Hauptmerkmal besteht in einer starken Komprimierung des Inhalts. Die deutschsprachige Kurzgeschichte ist nicht identisch mit der angloamerikanischen Gattung Short Story, da sie sich klar gegen andere Formen erzählender Kurzprosa abgrenzt (z. B. gegen die Novelle oder die Kalendergeschichte).

Foto: Jerzy / pixelio.de

Aufbau

Es gibt keine einheitlichen Merkmale, nach denen sich die Kurzgeschichte definieren lässt. Die literarische Praxis der Autoren entscheidet über ihre Kennzeichen. Dennoch lassen sich einige Charakteristika benennen, die vor allem für die deutsche Kurzgeschichte von 1945 bis 1955 typisch sind. Diese werden im Folgenden genannt. Ein wichtiges Kriterium: Man sollte die Geschichte in einem Leseakt lesen können.
Als Faustregel für die Länge einer Kurzgeschichte nennt die Literatur einen Umfang von nicht weniger als einer und nicht mehr als zwanzig Schreibmaschinenseiten.

Auch in puncto Erzähltechnik und Sprache gibt es Richtwerte: Meist handelt es sich um personale Erzähler, die aus der Distanz heraus berichten. Auch Ich-Erzähler und auktoriale Erzählsituationen sind möglich. In der Regel gibt es keine oder nur eine sehr kurze Einleitung und es gibt einen sofortigen Einstieg in die Handlung, zum Beispiel durch Einführen der noch unbekannten Personen durch Pronomina?. Typisch sind auch Techniken der Verdichtung durch Aussparungen, Andeutungen, Metaphern und Symbole.

Erzählt wird bevorzugt im Präteritum, zum Teil simultan mit Hilfe von inneren Monologen oder Einblendungen. Die erzählte Zeit wiederum beträgt oft nur wenige Minuten oder Stunden, häufig wird das Geschehen reduziert auf wenige Augenblicke, eine beispielhafte Situation, ein Bild oder eine Momentaufnahme. Der Stil ist in der Regel umgangssprachlich gehalten. Auch eine Mehrdeutigkeit tritt häufig auf – die geschilderten Alltagsereignisse verweisen auf komplexere Probleme, die meist über Metaphern, Symbole oder Leitmotive zu erschließen sind.

Typische Merkmale von Kurzgeschichten sind darüber hinaus ein offener Schluss oder eine Pointe?. Der offene Schluss soll den Leser dazu bringen, über das Geschehen nachzudenken, denn es bleiben Fragen offen. Wertungen, Deutungen oder Lösungen werden in der Regel nicht angeboten.

Die Themen, Handlungen und Personen von Kurzgeschichten werden zumeist nicht komplex abgehandelt. Die Geschichte spielt nur an wenigen Orten. Situationen werden zwar konfliktreich und emotional, aber oft nur nur skizzenhaft dargestellt. Ein oder zwei meist typisierte Hauptfiguren stehen im Mittelpunkt, wobei es auch Kurzgeschichten mit mehreren Hauptpersonen gibt. Die Figuren werden häufig nur anhand einzelner Merkmale charakterisiert. Erzählt wird von einem entscheidenden Einschnitt im Leben der handelnden Personen. Meistens erfahren die Figuren einen Wendepunkt (Peripetie).

Die Handlung ist in der Regel reduziert und einsträngig, oft wird auf eine unausweichliche Lösung hingeschrieben, so dass die Geschichte quasi vom Ende her komponiert ist. Behandelt werden alltägliche und zeitgemäße Themen. Die Figuren treten nicht besonders heldenhaft auf. Viele Autoren sehen in der Kurzgeschichte eine offene Gattung: Sie experimentieren mit verschiedenen Textelementen, indem sie auf Aspekte von Fabeln, Märchen oder Sagen zurückgreifen.

Entstehung

Im 19. Jahrhundert tauchten die ersten Kurzgeschichten als Short Story in der anglo-amerikanischen Literatur auf. Als Vater der Kurzgeschichte gilt der amerikanische Autor Edgar Allan Poe (1809-1849), der darüber hinaus die Genres Kriminalliteratur?, Science Fiction und Horrorstory begründete. Als erste Short Story überhaupt wird Poes Kurzgeschichte „Metzengerstein“ angesehen, die erstmals 1832 im „Philadelphia Saturday Courier“ erschien. Sie handelt von den wohlhabenden, über den Tod hinaus verfeindeten Familien Berlifitzing und Metzengerstein und endet in einem flammenden Inferno.

Weitere Autoren, die dieses Genre im 19. und 20. Jahrhundert prägten, waren die Amerikaner F. Scott Fitzgerald?, Ernest Hemingway, Flannery O'Connor?, William Faulkner und Vladimir Nabokov?. Im deutschen Sprachraum traten Johann Peter Hebel? und E.T.A. Hoffmann? im 19. Jahrhundert vereinzelt als Verfasser von – heute so bezeichneten – Kurzgeschichten in Erscheinung (damals gab es dieses Genre in der deutschen Literatur noch nicht).

Dabei sind die Grenzen der Genres jedoch nicht immer eindeutig zu bestimmen: So wird Hoffmanns? märchenhafte Schauergeschichte „Der Sandmann“ (1817) heutzutage nicht nur als Kurzgeschichte, sondern auch als Novelle bezeichnet. Die Dominanz der Novelle verhinderte bis Mitte des 20. Jahrhunderts eine Ausbreitung von Kurzgeschichten in deutscher Sprache. Eine Ausnahme bildeten eigenständig gestaltete Kurzgeschichten Franz Kafkas (z.B. „Blumfeld“, „Bericht für eine Akademie“).

Entwicklung

Die Geschichte der deutschsprachigen Kurzgeschichte beginnt erst nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Hier herrschten bis dahin andere Kurzformen wie Erzählungen, Novellen oder Kalendergeschichten vor. Typisch für die Kurzgeschichten in deutscher Sprache war nach dem Zweiten Weltkrieg ein nüchterner Sprachgestus. Dieser stand bewusst im Gegensatz zur ideologisierten Sprache der nationalsozialistischen Propaganda.

Als zuvor kaum verbreitete Form galt die Kurzgeschichte als ideologisch unbelastet (weil noch nicht missbraucht) und eignete sich aus Sicht der jungen Autoren als Form für einen literarischen Neuanfang. Einflussreiches Vorbild der deutschen Literaten war Ernest Hemingway. In der jungen Bundesrepublik stellten Autoren der Gruppe 47 die einflussreichsten Vertreter von Kurzgeschichten.

In der kritischen literarischen Auseinandersetzung mit der Kriegs- und Nachkriegszeit tat sich dabei Wolfgang Borchert? („Das Brot“, „Nachts schlafen die Ratten doch“ u.a.) hervor. Seine Kurzgeschichten (und andere seiner Werke) handelten vom sozialen Elend und von den Konflikten der Kriegsheimkehrer. Zwischenmenschliche Probleme, die sich in alltäglichen Situationen ausdrücken, sind häufig der Kern, um den sich die Kurzgeschichten jener Epoche drehen. Neben Borchert? sind in diesem Zusammenhang Heinrich Böll?, Wolfdietrich Schnurre?, Ilse Aichinger, Alfred Andersch?, Marie Luise Kaschnitz? und Siegfried Lenz zu nennen.

In den 1960er Jahren war ein Großteil der Schriftsteller der Gruppe 47 längst etabliert. Die Kurzgeschichte verlor als Instrument zum Aufzeigen von sozialen Missständen und Unmut über die Verhältnisse an Bedeutung. Jüngere Autoren versuchten sich an neuen Formen, etwa der noch weiter reduzierten Kürzestgeschichte – beispielsweise Peter Bichsel oder Thomas Bernhard.

Heutzutage sind Kurzgeschichten eine besonders beliebte Form in Internetportalen? – für professionelle Autoren ebenso wie für Hobby-Literaten.

Sekundärliteratur

  • Bücher mit und über Kurzgeschichten bei Jokers
  • Durzak, Manfred: Die deutsche Kurzgeschichte der Gegenwart. Autorenporträts - Werkstattgespräche - Interpretationen. Würzburg, Königshausen & Neumann Verlag 2002, ISBN: 978-3826020742
  • Marx, Leonie: Die deutsche Kurzgeschichte. Stuttgart, Metzler Verlag 2005, ISBN: 978-3476132161
  • Nayhauss, Hans-Christoph: Theorie der Kurzgeschichte. Ditzingen, Reclam Verlag 2003, ISBN: 978-3150150573

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