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Form

Als Form bezeichnet man die Summe der sprachlichen und stilistischen Mittel, die ein Schriftsteller verwendet, um einen Stoff oder ein Thema zu gestalten. Die Problematik des Form-Stoff-Verhältnisses ist so alt wie die Literatur selbst.

Definition

Hier ist die Formbestimmung leicht - (c) Olga Meier-Sander/Pixelio.de

Form (lat. forma = Form, Figur, Gestalt) ist in der Literaturwissenschaft ein nicht klar definierter Begriff, der allgemein das äußere Erscheinungsbild eines literarischen Kunstwerks bezeichnet. Spricht man von Form, so meint man die Summe der sprachlichen und stilistischen Mittel, die ein Schriftsteller verwendet, um einen Stoff oder ein Thema zu gestalten. Analyse und Beschreibung der Form sind gattungsunabhängig: Epische, dramatische und lyrische Werke? können durch eine ungewöhnliche, artistische und neuartige, aber auch durch eine traditionelle, schlichte und einfache Gestaltung des äußeren Erscheinungsbildes einen enormen ästhetischen Reiz entfalten.

In der Literaturwissenschaft ist man sich uneins darüber, ob es Sinn macht, die Form isoliert vom Inhalt eines literarischen Kunstwerks zu untersuchen. Dafür spricht, dass man auf diese Weise zu elementaren Erkenntnissen über Entstehung, Verbreitung und Wandlung von äußeren ästhetischen Gestaltungsstrukturen in der Literatur gelangt. Üblicherweise behandelt man jedoch die Form als gleichberechtigten Aspekt neben anderen, wie z. B. Inhalt oder verwendete Motive, die dann als vielschichtiges Ganzes objektive Aussagen über die äußere und innere Beschaffenheit eines literarischen Werks? ermöglichen.

Foto: Olga Meier-Sander/pixelio.de

Entstehung

Die Problematik des Form-Stoff-Verhältnisses ist wohl so alt wie die Literatur selbst. In der Rückschau lassen sich jedoch bestimmte Tendenzen unterscheiden, die den verschiedenen Literatur-Epochen hinsichtlich der Form ihr charakteristisches Gepräge geben. In Mittelalter?, Renaissance? und Barock? galt die Form als unantastbares Heiligtum der Kunst und Literatur – die Form als überliefertes und buchstäblich statisches Gefäß, in das der Stoff eingegossen wird. Diese Auffassung bezeichnet man als ‚normative Poetik’, die auch in der Gegenwart noch viele Anhänger hat. Bis ins 18. Jahrhundert dominierte die Form den Inhalt – und ein guter Schriftsteller war derjenige, der über die entsprechenden rhetorischen? Mittel verfügte, um die Anforderungen der Form zu meistern!

Entwicklung

Das 18. Jahrhundert brachte im Form-Stoff-Verhältnis eine tiefgehende Wandlung. Erste Versuche, die erstarrten Formen aufzulockern, unternahm Lessing, der in seinen theoretischen Schriften dem Stoff gegenüber der Form mehr gestalterisches Gewicht beimaß („Laokoon“, 1766; „Hamburgische Dramaturgie“, 1767). Zu prägendem und anhaltendem Einfluss gelangte Schillers idealistische? Kunsttheorie (z. B. „Über die ästhetische Erziehung des Menschen“, 1795), in der es heißt, dass der Stoff – in gewissen Grenzen – selbst formgebende Kräfte entfalten solle.

Schiller wie auch viele seiner Zeitgenossen betrachteten den Stoff als etwas Organisches, das im Kunstwerk wächst, blüht und gedeiht. Organisch gewachsene Formen sollten die erstarrten und schematischen Formen der Vergangenheit ablösen, sowohl in der künstlerischen Praxis als auch im Bereich der oft ebenso konservativen wie rigiden Kunst- und Literaturkritik. Diese Auffassung bezeichnet man in der Literaturwissenschaft häufig als ‚inneres Formgesetz’.

Von Schiller zu Adorno

Die Dichter des Sturm und Drang trieben die Entfesselung der Form übrigens auf die Spitze. Entrüstete Rezensenten klagten über ästhetische? Anarchie und sagten den Niedergang von Moral und Sitte voraus. Die jungen, nicht selten narzisstisch veranlagten Dichter gefielen sich in der olympischen Pose des ohne ästhetische und moralische Voraussetzungen schaffenden Genies, das seine Verse nicht in vorgeprägte Gefäße füllt, sondern frei und ungebunden in den entzückten Musenhain strömen lässt. Doch auch die scheinbare Formlosigkeit ist aus Sicht der modernen Literaturwissenschaft nur eine Formmöglichkeit unter vielen anderen: Man spricht hier von freien Rhythmen oder ungebundenen Versen?.

Bis in die Zeit der Spätromantik? blieb Schillers idealistische? Kunsttheorie der allgemeine ästhetische Bezugsrahmen. Das ausgehende 19. Jahrhundert brachte analog zu einer Vielzahl literarischer Strömungen ein nur schwer zu überblickendes Nebeneinander von ästhetischen Gestaltungsprinzipien hervor – eine Entwicklung, die sich im 20. Jahrhundert fortsetzte und bis heute nicht abgeschlossen ist. Bedeutende Beiträge stammen u. a. von Oskar Walzel? („Gehalt und Gestalt im Kunstwerk des Dichters“, 1923), Wolfgang Kayser? („Das sprachliche Kunstwerk“, 1948), Emil Staiger? („Stilwandel“, 1963), Theodor W. Adorno („Ästhetische Theorie“, 1970) und Niklas Luhmann? („Die Kunst der Gesellschaft“, 1995).

Tipps zur Beschreibung der Form

Wer in Schule oder Studium die äußere Form eines literarischen Werks? beschreibt, sollte sich dabei auf einige zentrale Elemente konzentrieren. Dazu gehören vor allem: Metrum, Reim?, Versform, Strophenform?, Stilfiguren, Kapitel, Akte? und Szenen. Viele Autoren schreiben auch heute noch mit der Absicht, dem inneren Gehalt eine angemessene äußere Gestalt zu geben. Bei der Analyse spielt es also keine Rolle, ob ein Werk bereits vor 200 Jahren oder erst in unseren Tagen geschrieben wurde.

Literatur

  • Lessing, Gotthold Ephraim: Hamburgische Dramaturgie. Reclam, Ditzingen 1999, ISBN: 978-3150077382
  • Luhmann, Niklas: Die Kunst der Gesellschaft. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1997, ISBN: 978-3518289037
  • Schiller, Friedrich: Über die ästhetische Erziehung des Menschen. Reclam, Ditzingen 2000, ISBN: 978-3150180624

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