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Biographie

Biographie nennt man die literarische oder wissenschaftliche Darstellung der Lebensgeschichte einer Person. Die Ursprünge der Biographie liegen in der Antike, doch ihre eigentliche Erfolgsgeschichte beginnt erst im 18. Jahrhundert.

Definition

Caligramme Apollinaire - (c) Gemeinfrei

Als Biographie (gr. biographia = Lebensbeschreibung, von bíos - Leben und graphein - schreiben) bezeichnet man die literarische oder wissenschaftliche Darstellung der Lebensgeschichte einer Persönlichkeit. Dabei finden äußere Lebensumstände und seelisch-geistige Entwicklungsprozesse gleichermaßen Berücksichtigung. Zum engeren Umkreis der Biographie gehören verwandte Genres wie zum Beispiel Autobiographie, Memoiren?, Apologie?, Tagebuch und biographischer Roman?.

In der Literaturwissenschaft unterscheidet man zwischen literarischer und wissenschaftlicher Biographie. In der literarischen Biographie herrschen meist erzählerische, romanhafte Elemente vor, die auf die Unterhaltung des Lesers abzielen. Die wissenschaftliche Biographie verlangt vom Autor hauptsächlich Objektivität, Faktentreue und den sauberen Umgang mit Quellen?. Die Grenze zwischen beiden Biographietypen ist fließend, Mischformen sind die Regel.

Neben der umfassenden Biographie gibt es verschiedene biographische Kleinformen, die zum Beispiel für den Unterricht in Schulen oder für die Verwendung in den Medien bestimmt sind. Zu den häufigsten Kleinformen gehören Vita? (knappe Lebensbeschreibung), Nekrolog? (Nachruf), Psychogramm?, biographischer Essay und literarisches Porträt. Im Zeitalter der Massenmedien stillen überdies Interviews, Gespräche und Reportagen die biographische Neugier.

Foto: Wikipedia.org

Entstehung

Der Begriff Biographie ist erst seit dem 17. Jahrhundert geläufig, davor sprach man entweder von „bios“ (griechisch) oder „vita“ (lateinisch). Die Ursprünge der Biographie liegen ungefähr im 4. Jahrhundert v. Chr. Aus dieser Zeit sind vor allem Sammelbiographien bekannt, die sich exponierten Persönlichkeiten wie zum Beispiel Philosophen, Staatsmännern oder Feldherren widmen. Von größter Bedeutung sind Plutarchs? Biographien über berühmte Griechen und Römer („Bioi paralleloi“, 1. Jahrhundert n. Chr.). Die erste bekannte Einzelbiographie stammt von Tacitus? („Agricola“, 1. Jahrhundert n. Chr.), in der er Leben und Leistungen des römischen Feldherren Gaius Iulius Agricola schildert.

Im Mittelalter? war das Interesse an Biographien vergleichsweise schwach ausgeprägt, was als Folge des geringen Individualitätsbewusstseins der Menschen dieser Zeit gilt. Häufig trifft man dagegen Heiligenbiographien (Hagiographie?) an, die, legendenhaft ausgeschmückt, auf erbauliche Weise das Leben christlicher Heiliger und Märtyrer erzählen. Zu nennen ist überdies die Kaiserbiographie „Vita Caroli Magni“ (um 830) von Einhard?. Darin schildert der fränkische Gelehrte, wie er selbst schreibt, das ruhmvolle Leben und die herrlichen Taten Karls des Großen. Bis heute wird Einhards „Vita Caroli Magni“ als literarische Großtat bezeichnet, da sie zum ersten Mal im Mittelalter? eine Biographie ohne geistliche Absicht schuf.

Entwicklung

Erst in der Renaissance? nahm das Interesse an der Biographie wieder zu. Eine wichtige Rolle spielte dabei das zu Wohlstand und Selbstgefühl gelangte städtische Bürgertum, das zum Beispiel in berufsständischen Kompendien? die besonders verdienstvollen Repräsentanten eines Berufs würdigte. Ein frühes Zeugnis für eine umfassende Einzelbiographie lieferte indes Giovanni Boccaccio („Vita di Dante“, um 1360), doch sollte es noch bis ins 18. Jahrhundert dauern, bis das Genre wieder breite Wirkung entfalten konnte.

Die wichtigsten Biographen des 18. Jahrhunderts stammten aus Frankreich und England. Als Pionier der modernen Biographie gilt der französische Philosoph Voltaire?, der mit seiner Lebensbeschreibung Karls des XII. von Schweden („Histoire de Charles XII.“, 1731) im Frankreich der damaligen Zeit für einen Skandal sorgte. Noch heute ist Voltaires? elanvolle Königsbiografie höchst lesenwert. Übrigens hat Voltaire? sein Buch nach der modernen Devise verfasst, dass der Geschichtsschreiber die Aufgabe habe, sowohl alle Fakten zu achten als auch den Leser zu unterhalten. Zu nennen ist außerdem der Engländer John Boswell? („Life of Samuel Johnson“, 1791).

Zwischen Blütezeit und Skeptik

Das ganz im Zeichen des Historismus und der Geschichtswissenschaft stehende 19. Jahrhundert brachte einen enormen Aufschwung. Die Blütezeit der Biographie ist vor allem mit den Werken? von Thomas Carlyle? („Friedrich der Große“, 1858-1865), Wilhelm Dilthey („Leben Schleiermachers“, 1870), Rudolf Haym? („Herder“, 1877-1885) und Erich Schmidt? („Lessing“, 1884-1892) verbunden. Diese Werke? beruhen auf breitester Quellenkenntnis und verknüpfen die kritische Lebensbeschreibung mit dem sozial-, kultur- und geistesgeschichtlichen Hintergrund der Zeit. Gleichzeitig entstand eine Fülle von trivialen biographischen Romanen, die in populären historischen Kulissen angesiedelt waren, zum Beispiel „Friedemann Bach“ (1858) von Albert Emil Brachvogel?.

Das 20. Jahrhundert begegnete der klassischen Biographie zunehmend mit Skepsis und Zweifeln. Die Ursache dafür lag hauptsächlich in den fragwürdig gewordenen Grundlagen des politischen, sozialen und wirtschaftlichen Miteinanders. Hinzu kamen die psychoanalytischen Theorien Sigmund Freuds, die das Bild vom Menschen in kürzester Zeit grundlegend veränderten. So waren unter anderem die belletristischen? Biographien von Stefan Zweig („Marie Antoinette“, 1932; „Maria Stuart“, 1935) und Emil Ludwig? („Napoleon“, 1925; „Lincoln“, 1930) von psychologischen Tendenzen geprägt. Als literarisches Glanzstück aus dieser Zeit gilt Alfred Döblins „Wallenstein“-Biographie (1920), die nicht nur den Heerführer porträtiert, sondern die gesamte Epoche des Dreißigjährigen Krieges.

Neue Meilensteine

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts sind vor allem die umfassenden Biographien von Golo Mann? („Wallenstein“, 1971) und Joachim C. Fest? („Hitler“, 1973) von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Beide Werke? faszinieren mit ihrer sprachlich-literarischen Brillanz sowie der historisch-wissenschaftliche Genauigkeit. Sie gelten als Meilensteine in der Geschichte der Biographie.

Literatur

  • Biografien bei Jokers
  • Fest, Joachim C.: Hitler. Eine Biographie. Ullstein Verlag, Berlin 1997, ISBN: 978-3548265148
  • Mann, Golo: Wallenstein. Sein Leben erzählt von Golo Mann. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2004, ISBN: 978-3103479041
  • Zweig, Stefan: Marie Antoinette. Bildnis eines mittleren Charakters. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 1980, ISBN: 978-3596222209

Sekundärliteratur

  • Fetz, Bernhard: Die Biographie. Zur Grundlegung ihrer Theorie. De Gruyter Verlag, Berlin 2009, ISBN: 978-3110202267
  • Klein, Christian: Handbuch Biographie. Methoden, Traditionen, Theorien. Metzler Verlag, Stuttgart 2009, ISBN: 978-3476022639
  • Osterhammel, Jürgen: Die Verwandlung der Welt. Eine Geschichte des 19. Jahrhunderts. C.H. Beck Verlag, München 2011, ISBN: 978-3406614811

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