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Figur

<div style="padding:10px; border:1px solid red;"> Die Figur bezeichnet

  • ein sprachliches Kunstmittel: die bildhafte Figur,
  • eine fiktive Gestalt in einem literarischen Werk. In dieser Bedeutung wird sie hier behandelt.

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Als Figur bezeichnet man alle fiktiven Personen, die in einem literarischen Werk – besonders in der Epik und im Drama – auftreten. Es gibt zwei sichere Wege, um zu Erkenntnissen über das Erscheinungsbild einer Figur zu gelangen: die direkte Charakterisierung und die indirekte Charakterisierung. Als Titelfigur bezeichnet man übrigens die Figur, deren Name den Titel des betreffenden Werkes? bildet oder darin vorkommt.

Definition

Eine ganz besondere Figur - (c) by Huber/PIXELIO

Figur ist ein Fachbegriff aus der Literaturwissenschaft und spielt vor allem in der modernen Erzähl- und Dramentheorie? eine bedeutende Rolle. Als Figur bezeichnet man alle fiktiven Personen, die in einem literarischen Werk – besonders in der Epik und im Drama – auftreten. Im Drama kann die Figur auch als Figurant bezeichnet werden. In der Lyrik ist der Figur-Begriff nicht gebräuchlich, dort spricht man stattdessen vom lyrischen Ich.

Bei der Analyse eines literarischen Textes ist es zunächst wichtig, die fiktiven Personen von den natürlichen Personen zu unterscheiden. Denn der Begriff Figur gilt nur für fiktive – also vom Autor erdachte – Personen. Die natürlichen Personen – also z. B. bekannte Menschen aus Kultur, Politik oder Gesellschaft – gehören in einen anderen Bereich, nämlich in den des biographischen oder autobiographischen Schreibens. Aber natürlich können in eine erdachte Figur Charakteristika einfließen, die der Autor zuvor an realen Personen beobachtet oder erlebt hat, nur eben in neuer Zusammensetzung

Jede fiktive Figur kann auf verschiedene Weisen charakterisiert werden. Schüler, Studenten und Literaturfreunde, die bei der Analyse eines literarischen Textes besonders gewissenhaft vorgehen möchten, fertigen am besten von jeder Figur eine Art Steckbrief an. Das macht nicht nur Spaß, sondern auch jede Menge Sinn. Denn auf diese Weise bekommt man einen guten Überblick über den so genannten Habitus einer Figur – also über die Gesamtheit ihrer äußeren und inneren Merkmale, die die Figur von anderen Figuren unterscheidet.

Foto: Huber/pixelio.de

Direkte und indirekte Charakterisierung

Es gibt zwei sichere Wege, um zu Erkenntnissen über den Habitus (Erscheinungsbild) einer fiktiven Figur zu gelangen: die direkte Charakterisierung und die indirekte Charakterisierung.

Bei der direkten Charakterisierung achtet der Leser auf alle Urteile, die eine Figur über sich selbst abgibt oder die andere Figuren über diese Figur abgeben. Als Leser sollte man sich jedoch immer der Subjektivität solcher Aussagen bewusst sein. Nicht selten kommt es z. B. vor, dass ein gewissenloser Mörder, der in einem Roman grauenhafte Verbrechen begeht, von sich selbst in den höchsten Tönen spricht. Die direkte Charakterisierung wird auch "figurale Charakterisierung" genannt, weil diese Beschreibung durch die Figuren des Buches ergeht.

Bei der indirekten Charakterisierung achtet der Leser auf alle Handlungen, Äußerungen und sonstigen Merkmale einer Figur und versucht, anhand dieser Beobachtungen den Habitus der Figur zu beschreiben. Dabei ist er verstärkt auf seine eigenen Interpretationskünste angewiesen. Weil die indirekte Charakterisierung im Grunde durch den Autor erfolgt - durch das, was er über die Figur sagt -, wird sie auch "auktoriale Charakterisierung" genannt.

Egal, ob direkte oder indirekte Charakterisierung: In jedem Fall wird der Leser die Informationen, die er erhält, durch seine eigene Vorstellungskraft ergänzen und vervollständigen. So kommt es häufig vor, dass ein und dieselbe Figur von unterschiedlichen Lesern ganz gegensätzlich interpretiert wird. Aber genau in dieser Vielfalt liegt ja die Faszination und der Reiz der Literatur!

Flachheit oder Tiefe

Figuren können einen unterschiedlichen Grad an Tiefe besitzen. Tiefe bedeutet: Die Figur erscheint als einmaliges Individuum in einer entsprechenden Komplexität. Wenn eine Figur hingegen flach ist, so repräsentiert sie entweder einen vorgeprägten psychologischen oder soziologischen Typus? (etwa den Lebemann oder den Geizkragen) oder sie dient als Allegorie eines Begriffs oder Gedankens, wie etwa der Greis, der für das Alter steht. Oder sie gehört als vorgeprägte Standardfigur zum Personal einer bestimmten literarischen Gattung.

Checkliste

Bei der Beschreibung des Habitus einer literarischen Figur geht man üblicherweise von außen nach innen vor (Zwiebelprinzip).

Äußere Merkmale sind:

  • a) Erscheinung (Geschlecht, Alter, Aussehen, Kleidung, besondere körperliche Merkmale)
  • b) Verhalten (Handlungen, Auftreten, sprachlicher Ausdruck, Gewohnheiten, besondere verhaltensmäßige Merkmale)
  • c) soziale Situation (Beruf, Familie, gesellschaftliche Stellung, soziales Umfeld)

Innere Merkmale sind:

  • d) Gefühls- und Seelenleben (Neigungen, Triebe, Einstellungen, Emotionen, besondere psychische Merkmale)
  • e) Intellekt (Überzeugungen, Meinungen, Interessen)

Wer eine literarische Figur analysiert, sollte immer daran denken, dass die meisten Figuren eine mehr oder weniger komplexe Entwicklung durchlaufen. Das bedeutet, dass sie sich im Lauf einer Geschichte sowohl äußerlich als auch innerlich verändern. Oft ist es auch so, dass sich äußere Ereignisse (Unfälle, Katastrophen, Lotteriegewinne) im Gefühls- und Seelenleben einer Figur niederschlagen. Dieses äußere Ereignis kann dann sehr bedeutsam für den Fortgang der Handlung sein und einen Erdrutsch von weiteren turbulenten Ereignissen auslösen.

Umgekehrt gilt natürlich dasselbe: Eine intellektuelle Erkenntnis kann zu einer ganzen Reihe von äußeren Handlungen und Wandlungen führen. Wie viele Nebenfiguren mussten alleine deswegen ihr Leben lassen, weil der russische Schriftsteller Fjodor Dostojewski seinen Hauptfiguren plötzlich eine radikale intellektuelle Erkenntnis eingegeben hatte? Es waren nicht wenige …

Literatur

  • Dostojewski, Fjodor: Die Dämonen. München, Piper Verlag 2008, ISBN: 978-3492253420
  • Kafka, Franz: Der Prozeß. Frankfurt am Main, Suhrkamp Verlag 2005, ISBN: 978-3518456699
  • Mann, Thomas: Der Zauberberg. Frankfurt am Main, S. Fischer Verlag 2000, ISBN: 978-3596294336

Sekundärliteratur

  • Asmuth, Bernhard: Einführung in die Dramenanalyse. Stuttgart, J.B. Metzler 2004, ISBN: 978-3476161888
  • Jeßing, Benedikt / Köhnen, Ralph: Einführung in die Neuere deutsche Literaturwissenschaft. Stuttgart, J.B. Metzler 2007, ISBN: 978-3476021427
  • Martinez, Matias / Scheffel, Michael: Einführung in die Erzähltheorie. München, C.H. Beck 2007, ISBN: 978-3406471308

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