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Busch, Wilhelm

Wilhelm Busch (geb. 15.4.1832 in Wiedensahl; gest. 9.1.1908 in Mechtshausen) ist ein berühmter Zeichner und Verfasser von humorvollen Bildergeschichten?.

Leben und Schaffen

Wilhelm Busch, Sülvstporträt - (c) gemeinfrei

Geboren wurde Heinrich Christian Wilhelm Busch als Sohn eines Kaufmanns in Wiedensahl, einem Dorf zwischen Hannover und Minden. Er war das erste Kind, weitere sechs Geschwister folgten: Fanny, Gustav, Adolf, Otto, Anna und Hermann. Wilhelm Busch hat seinen Vater, Johann Friedrich Wilhelm Busch, später als heiteren und arbeitsfrohen Krämer und seine Mutter Henriette Dorothee Busch, geborene Kleine, als fromme und fleißige Frau in Haus und Garten geschildert. Aus seiner Kinderzeit konnte er sich noch an den Knecht Heinrich erinnern, der Flöten schnitzte. Ebenso an das mit Stroh gedeckte Elternhaus. Zum Haus gehörte ein Brunnen, an dem ein flacher Kübel mit Wasser stand. Dass eine Schwester in diesen hineinfiel und fast ertrank, gehört auch zu Buschs Kindheits-Erlebnissen. In seinen gezeichneten Geschichten fallen später öfters Menschen und Tiere ins Wasser.

Eindrucksvoll schildert Wilhelm Busch auch, wie er seine Großmutter am frühen Morgen beobachtete, wenn sie mit Funken von einem Stück Stahl das Feuer im offenen Herd in der Küche entzündete. Während seine Oma dann am Spinnrad zu spinnen begann, las ihr der Enkel dabei Morgenlieder aus dem Gesangbuch vor. Buschs erster Lausbubenstreich ging nicht gut aus. Er stahl für einen Nachbarsjungen Schießpulver aus den Vorräten seines Vaters. Mit einem präparierten Kirchenschlüssel schossen Busch und der andere Knabe auf einer Waldwiese gehacktes Fensterblei krachend durch die Luft. Abends erntete Wilhelm dafür von seinem Vater auf dem Speicher, wo das Pulver gelagert war, mit einem Rohrstock Schläge. Busch meinte, dass er deswegen nie Jäger oder Soldat geworden sei.

Umzug ins Pfarrhaus

Mit neun Jahren kam Wilhelm Busch zum Bruder seiner Mutter: Georg Kleine lebte als Pfarrer im Dorf Ebergötzen bei Göttingen. Die Reise dorthin wurde im offenen Pferdefuhrwerk bewältigt. Die Großmutter, der Knecht Heinrich, vier Kinder und ein Kindermädchen gaben Wilhelm beim Umzug das Geleit. Unterwegs verpflegte man sich aus der „Ernährungskiepe“, die unter anderem geräucherten Schinken enthielt. Nach mehrmaligem Übernachten bei Verwandten kam der Wagen im Pfarrhaus von Ebergötzen an. An seinem neuen Wohnort freundete Wilhelm Busch sich mit dem Sohn des dortigen Müllers an: Erich Bachmann. Bei ihrer ersten Begegnung spielten sie am Bach und schmierten sich dabei mit Schlamm ein. Dann legten sie sich in die Sonne, bis sie „inkrustiert wie Pasteten“ waren, erinnert sich Busch. Kein Schlupfwinkel der Forellen im Bach blieb den Jungen verborgen, die sich oft in der freien Natur herumtrieben. Die beiden blieben einander ihr Leben lang verbunden.

Angst vor einem Geist

Ein prägendes Geschehen war für den kleinen Busch auch der Selbstmord des Dorflehrers. Sein Grab lag vor Wilhelms Fenster. Aus Angst vor dem Geist des Dorflehrers versteckte sich Busch auch in den heißesten Sommernächten unter der Decke. „Bei Tag ein Freigeist, bei Nacht ein Geisterseher“, so kommentierte er das später.

Seinen Onkel charakterisierte Busch als sehr milden Erzieher. Nur einmal, als der Junge den Dorftrottel ärgerte, bekam er Hiebe mit einem trockenen Georginenstängel. Busch und seine Freunde hatten dem Dorftrottel stinkende Pferdehaare in die Pfeife gesteckt.

1845 zog Pfarrer Kleine mit seinem Schützling nach Lüthorst am Solling. Diesmal hatte Busch einen Bach unter seinem Fenster. Auf der anderen Seite stand ein Haus, in dem sich ein Ehepaar munter stritt, was Busch nicht vergaß. Sie drohte mit dem Besen, ihr Gatte streckte im Bach stehend die Zunge heraus. In der Schule lernte Busch die Dichter kennen. Irgendwie fiel ihm das Buch „Die Kritik der reinen Vernunft“ von Immanuel Kant in die Hände. Obwohl der junge Busch längst nicht alles darin verstand, regte der Inhalt doch sein Denken an.

Von Hannover nach Antwerpen

Mit 16 wurde Wilhelm Busch von seinem Vater zum Maschinenbau-Studium auf das Polytechnikum in Hannover geschickt. In Mathematik konnte der Junge aus der Provinz durch eine „Eins mit Auszeichnung“ glänzen. Aber diese Ausbildung und die damit verbundenen Berufe waren nicht Buschs Sache. Durch einen Künstler angeregt, ging er zuerst an eine Malschule nach Düsseldorf und dann nach Antwerpen. Dort bewunderte er die Werke von Rubens, Brouwer, Teniers und Hals.

Der junge Malschüler wohnte in Antwerpen am Eck der Käsebrücke bei einem Frisör. Als er an Typhus erkrankte, pflegten ihn seine Wirtsleute unentgeltlich. Zum Abschied im ausklingenden Winter 1853 schenkten sie ihm eine warme Jacke und drei Orangen, vermerkte Busch in seinem Tagebuch.

Die Zukunft

Im Mai 1853 kam Busch ratlos wieder in der Heimat an. Weil zu Hause in Wiedensahl für ihn keine gute Stimmung herrschte – schließlich lag er seinen Eltern nur auf der Tasche –, hielt er sich lieber in Lüthorst bei seinem Onkel auf. Noch immer hatte er seinen beruflichen Weg nicht gefunden. Unschlüssig über seine Zukunft, begann er mit volkskundlichen Forschungen, also mit einer Suche nach seinen Wurzeln. Dabei unterstützte ihn sein Onkel Georg Kleine. Märchen interessierten Busch. Auch Spukgeschichten?, die ihm ein alter Schäfer erzählte. Ebenso lauschte er neugierig dem Gesang der Mädchen und der Frauen in den Spinnstuben. Er schrieb die Märchen auf, illustrierte sie, fand aber keinen Verleger für sein Werk.

In dieser Zeit der Orientierungslosigkeit engagierte sich Wilhelm Busch für ein Liebhabertheater? in Lüthorst. Er schrieb für dessen Bühne die Komödie „Einer hat gebimmelt und alle haben gebummelt“. Biologie interessierte ihn auch. Er las Darwin und beobachtete das wundersame Leben der Bienen. Sein Onkel besaß Honig sammelnde Bienenvölker und kannte sich damit aus. Später, 1857, wollte Busch sogar nach Brasilien auswandern, dem Eldorado der Imker. Er ahnte aber, dass er kein guter Bienen-Züchter geworden wäre, und blieb doch in Deutschland. Lieber verfasste er dann die Bildergeschichte? „Schnurrdiburr oder die Bienen“.

Auf nach München

Wilhelm Busch, Gemälde von Franz von Lenbach (um 1875) - (c) The Yorck Project

Im November 1854 wagte Wilhelm Busch den großen Sprung nach München - damals eine Stadt mit rund 100.000 Einwohnern. August Klemme, ein Studienfreund aus Düsseldorf und Antwerpen, hatte ihn mit viel versprechenden Briefen in die bayerische Kunstmetropole gelockt, in der gerade die Neue Pinakothek eingeweiht worden war. Busch schrieb sich auf der Königlichen Akademie der Künste ein, die von Wilhelm von Kaulbach geleitet wurde. Doch fand seine Malerei dort keinen großen Anklang. Er war enttäuscht und tröstete sich durch den Eintritt in einen Künstlerverein, wo gerne gesungen, getrunken und gefeiert wurde. Bei den fidelen Zusammenkünften karikierte man sich gegenseitig, und Busch stellte sich als Meister des spöttischen Strichs heraus.

Als im Juni 1858 Buschs Schwester Anna starb, begann er mit ernsthaften Studien zum Akt, zur Anatomie, er zeichnete und malte intensiver.

Erstes Geld

Sein erstes Geld als Künstler verdiente Wilhelm Busch durch Karikaturen? für den Verleger Caspar Braun?, der die Zeitschriften? „Fliegende Blätter“ und „Münchener Bilderbogen“ herausbrachte. Das hatten die beiden im Herbst 1858 vereinbart. Buschs erster Beitrag für die „Fliegenden Blätter“ handelte von zwei Männern, die aufs Eis gingen. Noch kennzeichnen Buschs Zeichnungen nicht die wenigen markanten Striche, die sie später derart unverwechselbar machen werden.

Über 100 Zeichenarbeiten fertigte Busch für Brauns Zeitschriften an. Immer wesentlicher wurde seine Zeichenkunst, die sich von der detaillierten naturgetreuen Illustration entfernte. Auch seine Verse zu den Bildern wurden einfallsreicher und treffsicherer. Jetzt, mit vorweisbaren Arbeiten und mit dadurch selbst verdientem Geld, ließ sich Busch wieder bei seinen Eltern in Wiedensahl sehen. Sein Vater hatte angesichts des von seinem Sohn gewählten Künstlerberufs Schlimmstes befürchtet. Dies konnte Wilhelm nun widerlegen, was für sein Selbstbewusstsein sehr wichtig war. Wie einträglich seine Arbeit war, sollte sich viel später, 1896, erweisen: Da überließ er dem Bassermann Verlag? alle bisherigen Werke zur Verwertung und erhielt dafür 50.000 Mark.

Zwischen 1864 und 1884 entstanden die Werke, die Wilhelm Busch berühmt machen sollten – angefangen mit den Bilderpossen und „Max und Moritz?“ und endend mit „Maler Klecksel“. Eduard Daelen veröffentlichte 1886 die erste Biographie über den nunmehr berühmten Texter und Zeichner Wilhelm Busch. Ihr Titel lautete: „Über Wilhelm Busch und seine Bedeutung“. Einige Fakten darin stimmten nicht. Außerdem war Busch die Tendenz des Inhalts nicht angenehm. Er fand sich von Daelen zu sehr in den Himmel gelobt. Dies und ein folgender Zeitungsartikel veranlassten Busch eine kurze Selbstbiographie in der „Frankfurter Zeitung“ zu veröffentlichen: „Was mich betrifft“.

Die Frauen und der Junggeselle

Eines der wenigen jungen Mädchen, die Busch interessierten, lebte in Wolfenbüttel. Sie hieß Anna Richter. Busch war zum Zeitpunkt ihrer Bekanntschaft 35 Jahre alt, sie 17. Ihr Vater wollte keinen Künstler als Schwiegersohn. Damit war der Fall erledigt. Busch wurde ein kritischer Beobachter der Ehen und Eheleute, die ihn umgaben. Er genoss seine Freiheit als Junggeselle, die ihm auch die Ruhe für seine kreative Arbeit ließ. Das Leben eines Mannes ohne Frau schildert Busch in seiner Bildergeschichte „Abenteuer eines Junggesellen“, die 1875 herauskam.

Er selbst bezeichnete sich als Sonderling. Stark angezogen fühlte er sich allerdings von der Bankiers-Gattin Johanna Keßler, die mit ihrer Familie in Frankfurt am Main lebte. Er lernte sie im Sommer 1867 kennen, im darauffolgenden Jahr zog er nach Frankfurt. Buschs Bruder Otto war der Privatlehrer der wohlhabenden Familie. Es ist wohl nicht verkehrt, wenn man annimmt, dass Busch mehr als nur platonische Gefühle für Frau Keßler hegte. Es wurde und blieb eine unerfüllte Liebe. Er schrieb ihr: „Derweil wir wandeln, geht all das Gute was wir nicht gethan und all das Liebe, was wir nicht gedurft, ganz heimlich leise mit uns mit, bis daß die Zeit für dieses Mal vorbei.“

Die holländische Autorin Maria Anderson hatte eine der wenigen guten Besprechungen von Buschs Lyrikband? „Kritik des Herzens“ von 1874 verfasst. So nahm er mit ihr Kontakt auf. Zuerst schrieben sie sich Briefe?, wobei sie ihm Fragen über Fragen in Sachen Philosophie und Religion stellte. Dann, im Oktober 1875, trafen sie sich in Mainz. Aus diesem Stelldichein am Bahnhof entwickelte sich aber keine intime Beziehung. Die herbe Frauenrechtlerin gefiel Busch nicht besonders, und so ließ er den Briefwechsel? bald einschlafen.

Als Junggeselle konnte Busch, der ab März 1879 bei seiner verwitweten Schwester Fanny in Wiedensahl lebte, zum Erzieher ihrer Kinder werden. Im Mai 1879 starb sein Bruder Otto in Frankfurt am Main. Wilhelm Busch nahm nicht an der Beerdigung teil. Zwischen ihm und der verehrten Frau Keßler waren Unstimmigkeiten entstanden. Außerdem war Wilhelm auf Otto ziemlich schlecht zu sprechen gewesen, denn Otto hatte ein Buch über Schopenhauer verfasst, das Wilhelm überhaupt nicht gefiel.

Männerfreundschaften

Außer seiner lebenslangen Verbundenheit zu seinem Kindheitsfreund Erich Bachmann baute Busch auch Freundschaften mit Kollegen aus der Künstler-Szene auf. Während seiner Münchner Zeit hatte er viele Künstler kennengelernt: den Akademie-Direktor Friedrich August von Kaulbach, den Maler Franz von Lenbach, den Architekten Lorenz Gedon, den Musiker Hermann Levi, den Dramatiker Paul Lindau. Mit Lenbach und Kaulbach hatte er lange Zeit nicht nur einen freundschaftlichen Briefwechsel?, sie trafen sich auch immer wieder. Lenbach malte von Busch ein Porträt. Darauf wirft der vollbärtige Busch einen ironisch-zweifelnden Blick auf den Betrachter.

Ein privates Laster

Wilhelm Busch war starker Raucher. Er liebte die Zigarre und die Pfeife und deren blauen Dunst, so ähnlich wie Lehrer Lämpel im vierten Streich von „Max und Moritz“. Die Lust am Tabak und am Rauchen wurde Busch zum Verhängnis. Er litt dadurch manchmal unter fast lebensgefährlichen Nikotin-Vergiftungen. Ausgerechnet bei Mechtshausen befanden sich bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts Zigarrenfabriken.

Antisemitische Töne?

Busch hatte zwei jüdische Freunde: Paul Lindau und Hermann Levi. Letzter arbeitete als Dirigent mit dem Komponisten Richard Wagner zusammen – eine konfliktreiche Beziehung also.
„Und der Jud mit krummer Ferse,
Krummer Nas' und krummer Hos'
Schlängelt sich zur hohen Börse
Tiefverderbt und seelenlos ...“
lauten einige Zeilen in Buschs Bildergeschichte „Fromme Helene“, die den Verdacht auf eine antisemitische Einstellung bei dem Mann aus Wiedensahl aufkommen lassen. Und auch in der Bildergeschichte von „Plisch und Plum“ wird ein Jude namens Schievelbeiner mit „schwarzen Augen“ und „grauer Seele“ dargestellt.

Trotz seiner persönlichen Freundschaft zu Juden konnte Busch sich also offenbar nicht von dem allgemein herrschenden Klischee über die Juden trennen. Jüdische Geschäftsleute waren für ihn die Spitze der herzlosen Geschäftsleute und Kapitalisten. Manche Busch-Biographen sehen seine unguten Worte gegen die jüdischen Mitbürger dementsprechend kritisch. Busch teilte jedoch nach mehreren Seiten aus: In seiner „Eduard“-Geschichte schildert er einen Antisemiten äußerst unsympathisch. Und auch katholische und evangelische Geistliche hat er schwer in die Mangel genommen.

Flucht vor dem Jubel

Als Otto Nöldeke, ein Neffe von Busch, in dem Ort Mechtshausen am Harz Pfarrer geworden war, zog Busch im Herbst 1898 mit seiner Schwester Fanny zu diesem Neffen. Dort genoss er das stille und einsame Leben. Er las viel und versenkte sich wieder in seine volkskundlichen Forschungen. Er nahm nach über 10 Jahren wieder Kontakt zur verehrten Johanna Keßler in Frankfurt am Main auf. Um dem Trubel anlässlich seines 70. Geburtstags zu entgehen, floh Busch vor den Journalisten und Gratulanten zum anderen Neffen Hermann Nöldeke nach Hattorf. Eine Woge von Glückwünschen schlug über dem Jubilar zusammen. Auch seine Majestät, der Kaiser, sandte ein Telegramm.

Nach einer Herzschwäche verstarb Busch am 9. Januar 1908 in Mechtshausen. Dort wurde er auch beerdigt.

Der Schriftsteller und Zeichner

Nachdem Wilhelm Busch als traditioneller Maler nicht groß angekommen war, kristallisierte sich nach Texten für Operetten und Zeichenarbeiten für die „Fliegenden Blätter“ und den „Münchner Bilderbogen“ eine Zukunft als schreibender Zeichner? heraus. Es war Heinrich Richter, der Sohn des bekannten Illustrators Ludwig Richter, der 1864 in Dresden die „Bilderpossen“ von Busch herausbrachte.

Als Richter die nächste Bildergeschichte? „Max und Moritz“ nicht verlegen wollte - wahrscheinlich, weil die „Bilderpossen“ anfänglich ein Ladenhüter? waren -, wandte sich Busch an seinen vorherigen Verleger Caspar Braun. Der brachte 1865 „Max und Moritz“ als Buch heraus. Mit den satirischen Bildergeschichten hielt Busch seinem Mitmenschen einen kritischen Spiegel vor. Aber seine Kritik war nie so beißend, dass man nicht mehr darüber schmunzeln oder lachen konnte. Busch meinte: „Lachen ist ein Ausdruck relativer Behaglichkeit.“

Der Comic-Pionier

Manche von Buschs Kritiken raffgierigen, scheinheiligen und selbstgerechten Verhaltens treffen durchaus noch heute zu. Busch war ein entlarvender Satiriker - aber mit viel Verständnis für die menschlichen Schwächen.

Durch seine Bildergeschichten gilt Wilhelm Busch als Pionier der Comic-Strips - allerdings nur im Ausland. Während seine Bildergeschichten in Deutschland andere Künstler nicht zum Nachahmen anregten, ließ sich in den USA der deutschstämmige Texter und Zeichner Rudolph Dirks? von „Max und Moritz“ zu seinem Comic „The Katzenjammer Kids“ inspirieren, der erstmals 1897 im „New York Journal“ veröffentlicht wurde. Die Katzenjammer-Kids hießen ähnlich: Hans und Fritz. Das Prinzip des Helden-Duos, das Busch mit „Max und Moritz“ einführte, wurde seither in der Comic-Kultur fleißig weitergeführt: Fix und Foxi, Clever und Smart, Spirou und Fantasio, Tim und Struppi sowie Asterix und Obelix.

Bei der Suche nach den Vorläufern zu den Bildgeschichten gehen manche Forscher bis zu den Höhlenmalereien zurück. Aber erst die Verbindung von gezeichneten Bildern mit Text zu einer Geschichte, wenn auch noch so klein, rechtfertigen die Begriffe Bildergeschichte? und Comic. Künstler wie William Hogarth? (1697-1764), Thomas Rowlandson? (1756-1827), James Gillray? (1757 - 1815) und der Schweizer Rudolphe Töpffer? (1799 - 1846) können als Urväter dieser Gattung angesehen werden.

Max und Moritz

Max und Moritz, Titelbild - (c) gemeinfrei

Die sieben Streiche von Max und Moritz sind auf der ganzen Welt bekannt. Busch hat mit der Bildergeschichte? der beiden Lausbuben, die böse enden, einen ewigen Bestseller geschaffen. Noch hatte jede nachwachsende Generation ihr helles Vergnügen an dem frechen Knaben-Duo und ihren Streichen: „Ach, was muss man oft von bösen Kindern hören oder lesen ...“ lautet der Beginn der Böse-Buben-Story?, und man liest auch bestens amüsiert die restlichen gereimten Zeilen unter den erheiternden Busch-Bildern.

„Max und Moritz“ war der Beginn von Buschs Zeichner- und Schriftsteller-Karriere. Die Geschichte erschien zwar erst zwanzig Jahre nach der rein äußerlich ähnlichen Bildergeschichte vom „Struwwelpeter?“ von Heinrich Hoffmann?. In ihrer Art ist sie aber ganz anders. Während der Struwwelpeter mit meist heftiger Holzhammer-Pädagogik doch recht makaber anmutet, können Buschs Geschichten mit ihrer herzhaften Frechheit und dem entlarvenden Spott Kinder und Erwachsene gleichermaßen erfreuen und überzeugen.

„Max und Moritz“ wurde in viele Sprachen übersetzt. Sogar auf Lateinisch. Die gezeichnete Geschichte von den beiden Lausbuben gehört zu den bestverkauften Büchern, die jemals ein deutschsprachiger Autor geschaffen hat.

Rabe und Affe

Tiere, die wie bestimmte Menschen-Typen handeln, zeichnete Wilhelm Busch gerne. Dazu gehören bekannte Bilder-Geschichten wie „Hans Huckebein, der Unglücksrabe“, „Plisch und Plum“ und „Fipps, der Affe“. Mit den Zeichnungen? und Texten vom Maler Klecksel und dem Poeten Bähmann betreibt er nicht nur ätzende Kritik an den Spießbürgern, sondern erzählt auch vom Leben hoffnungsvoller Künstler und deren schier unüberwindlichen Problemen.

Auf das Thema Ehe geht Wilhelm Busch mit seiner Bildergeschichte über „Tobias Knopp“ ausführlich ein. Wer sie liest, kann vielleicht verstehen, warum Busch keinen Ehering an seinen Finger steckte.

Lyrik

Busch schrieb auch Lyrik ohne Bilder. Lyrik, die nicht seinen typischen Lacheffekt besitzt. Jedoch ist sie nicht selten auch in einem ironischen? Ton verfasst, wobei die angesprochenen Themen in den Bildergeschichten und in der Lyrik sich gern überschneiden. Die Gedicht erschienen in mehreren Bänden: „Kritik des Herzens“ (1874), „Zu guter Letzt“ (1904) und „Schein und Sein“ (postum 1909).

Mit seinen manchmal recht respektlosen, entlarvenden Ein- und Ansichten, geäußert mit den Mitteln der Poesie, erinnert der Lyriker Busch an Heinrich Heine - in Deutschland damals mehr ein Manko als ein Vorteil. Auch Erich Kästners Lyrik weist Parallelen zu Buschs Versen auf.

Buschs Gedichte wurden kein Verkaufsknüller wie seine Bilder-Geschichten. Viele Kritiker finden sie aber mindestens ebenso lesenswert. Erst lange nach Buschs Zeit sollten Leser nicht mehr die heroische Versschmiedekunst lieben, sondern einen lockeren Ton in gereimter? Form bevorzugen, wie ihn Busch optimal beherrschte. Da war er seiner Zeit voraus.

Zwei Geschichten ohne Bilder

Nicht nur die meisten Gemälde des Malers Busch sind unbekannt. Auch eine Erzählung wie „Eduards Traum“ (1891) ist nicht sehr populär und doch eine überaus spannende Geschichte. Sie braucht sich hinter phantastischen Erzählungen wie „Die neue Melusine“ von Goethe, „Der Maschinenraum“ von Jean Paul?, „In Jahrtausenden“ von Andersen? oder „Die Scharlachpest“ von Jack London? nicht zu verstecken. Ein verheirateter Mann namens Eduard schläft ein und träumt davon, nur noch ein winziger Punkt zu sein. So klein, dass er durch die Wand gehen kann. Der total geschrumpfte, punktförmige Eduard, den Busch als „mikroskopisches Zappermentskerlchen“ bezeichnet, erlebt viele skurrile Abenteuer mit merkwürdigen Wesen.

In dieser Erzählung erfährt der Leser einiges über Wilhelm Buschs Ideenwelt. Eduards Traum ist ein Buch in der Tradition von skurrilen Reisegeschichten, wie die von Cyrano de Bergerac? und Jonathan Swift?: Würste laufen herum, Seelen machen sich dünn, Stadtsoldaten rechnen dubios, Atome tanzen molekularische Touren, der Kontrapunkt lässt weiterblasen, Damen drängen Küsse auf, Bewohner sind hohl, Querköpfe leben vom Wind, und eine Spinne, die vor zweitausend Jahren eine Walküre war, schüttet dem zum Punkt gewordenen Eduard ihr Herz aus. Und Eduard bekommt von Mephisto? eine Wundermaschine präsentiert, die massieren kann, Essen serviert, Düfte produziert, Musik ertönen lässt, ein Feuerwerk verschießt. Eine kleine Windmühle wird mit Gedanken angetrieben. Von einer Wetterfahne aus bemerkt Eduard als Punkt auf der Straße einen schwarzen Hotelomnibus. Mit ihm werden aus einem merkwürdigen Gasthaus, wo ein Wirt eine Hexe als Koch und sieben verführerische Töchter hat, die Gäste von einem blassen Kutscher im schwarzen Mantel abgeholt. Die dürren Rappen vor der Kutsche ziehen den Leichenwagen mit dem vergnügten Kutscher in einen Tunnel hinein. Am Schluss wird der punktgroße Eduard vom Teufel verfolgt. Gerade noch rechtzeitig kann der Verfolgte durch den Rachen eines Riesen in dessen Oberstübchen fliehen und entkommen … Und schließlich wird Eduard von seiner Frau Elise mit Sohn Emil auf dem Arm aufgeweckt, weil der Kaffee fertig ist.

Im „Schmetterling“ (1895) wird das Leben des Bauernjungen Peter geschildert. Peter läuft als Knabe von zu Haus weg, um einen schönen Schmetterling zu fangen. Er rennt und rennt hinter dem Objekt seiner Begierde her. Vergebens. Er wird belogen und betrogen. Eine Frau schlägt ihn in ihren Bann. Peter geht es wie Hans im Glück?: Am Schluss besitzt er nichts mehr. Irgendwann kommt er zu seinem Elternhaus. Darin wohnen inzwischen andere Leute. Bei ihnen beschließt der inzwischen einbeinige Peter als „Humpelfritze“ sein Leben.

Zu der Lieblings-Lektüre von Busch gehörten übrigens die Bibel und „Don Quijote?“ von Cervantes? - und die „Odyssee“ von Homer war für ihn das schönste Märchenbuch.

Ein Fund nach 145 Jahren: „Der Kuchenteig“

Zu einem für Busch-Kenner sensationellen Fund kam es im Jahr 2008. In einem Sulzbach-Rosenberger Archiv? tauchte erstmals seit Wilhelm Buschs Tod eine bisher unbekannte Bildergeschichte? auf. Bei der Durchsicht der Dokumente hinsichtlich der Geschichte des örtlichen Verlags- und Druckereihauses Seidel wurde ein Umschlag mit 10 originalen Busch-Zeichnungen gefunden, eine komplette Bildergeschichte ohne Text. Auf den Umschlag selbst nannte Wilhem Busch handschriftlich den Titel der Bildergeschichte: „Der Kuchenteig“.

Bereits auf den ersten Blick sind die zehn, zwischen 84 und 95 mm breiten und 45 und 54 mm hohen, Zeichnungen als Vorläufer von „Max und Moritz“ zu erkennen. „Der Kuchenteig“ findet dort in abgewandelter Form im sechsten Streich, dem Streich in der Backstube, Verwendung. Im Gegensatz zur Bildergeschichte von „Max und Moritz“ agiert im „Kuchenteig“ nur ein Lausbube, der unerlaubt vom Teig nascht, in den Trog fällt und am Ende von seinen Eltern für seine Tat bestraft wird: Die Mutter wäscht ihm nicht nur im übertragenen Sinne, sondern tatsächlich in einem Zuber, gehörig den Kopf und vom Vater erntet er Prügel mit dem Stock.

Besonders interessant ist die Ähnlichkeit der beiden Lausbuben Max und Moritz mit dem Jungen aus dem „Kuchenteig“. In seiner Statur ähnelt dieser sehr dem Max. Und er trägt eine Haartolle, der der von Moritz gleicht. Es scheint, als ob sich Wilhelm Busch später an die Geschichte vom Kuchenteig erinnerte und diese statt mit einer Person mit zwei Akteuren überarbeitete und ausbaute.

Wie aber kam „Der Kuchenteig“ in das Verlagsarchiv in Sulzbach-Rosenberg? Begründer des Verlages? war der Verleger Johann Esaias von Seidel? (1758 - 1827). Zur Produktpalette des Verlages zählten verschiedene Kalender?, so auch der "Münchener Hauskalender". In diesem sollte die Bildergeschichte? vom Kuchenteig abgedruckt werden. Das jedenfalls war wohl die Absicht von Ernst Küster? (1834 - 1907), einem Künstlerkollegen von Busch, der die Zeichnungen 1863 dem Verlag unaufgefordert anbot. Das Honorar? von 50 Gulden aber war dem Verlag anscheinend zu hoch. Er druckte die Zeichnungen nicht ab. Allerdings schickte er diese auch nicht wieder an Küster oder Busch zurück, worauf sie – bis zum Jahr 2008 – in den Verlagsunterlagen verschwanden.

Übrigens ...

In der Geschichte „Eduards Traum“ hält Busch ein Plädoyer für das Buch. Es ist für ihn nach eigenen Worten nicht die laute Drehorgel eines Invaliden, die unerbittlich die Ohren zermartert. Es ist zurückhaltender als ein von der Wand begehrlich herabschauendes Bildnis. Ein Buch, wenn es zugeklappt ist, nennt Busch „ein harmloses Tierchen“, welches keinem etwas zu Leide tut. Man darf es halt nicht aufwecken, sonst kann es den Leser angähnen. Und es beißt nur, wenn man ihm die Nase zwischen die Kiefer steckt ...

Werke (Auswahl)

  • Bücher von Wilhelm Busch bei Jokers
  • Bilderpossen, 1864
  • Max und Moritz, 1865
  • Hans Huckebein, der Unglücksrabe, 1867
  • Schnurrdiburr oder die Bienen, 1869
  • Der heilige Antonius von Padua,1870
  • Die fromme Helene, 1872
  • Bilder zur Jobsiade, 1872
  • Pater Filuzius, 1872
  • Der Geburtstag oder die Partikularisten, 1873
  • Dideldum, 1874
  • Kritik des Herzens, 1874
  • Abenteuer eines Junggesellen, 1875
  • Herr und Frau Knopp, 1876
  • Julchen, 1877
  • Die Haarbeutel, 1878
  • Fipps der Affe, 1879
  • Stippstörchen für Äuglein und Öhrchen, 1880
  • Der Fuchs, 1881
  • Die Drachen, 1881
  • Plisch und Plum, 1882
  • Balduin Bählamm, der verhinderte Dichter, 1883
  • Maler Klecksel, 1884
  • Eduards Traum, 1891
  • Der Schmetterling, 1895
  • Zu guter Letzt, 1904
  • Hernach, München 1908
  • Schein und Sein, 1909
  • Marxer, Peter (Hg.): Das große farbige Wilhelm Busch Album, München 2007, ISBN: 978-3-8094-2169-6
  • Marxer, Peter (Hg.): Gedichte und Prosa, München 1979, ISBN: 978-3-7175-1560-9
  • Eduards Traum, München 2007, ISBN: 978-3-7175-4060-1
  • Hochhuth, Rolf (Hg.): Und die Moral von der Geschicht, Sämtliche Werke I, Und die Moral von der Geschicht, Sämtliche Werke II, Was beliebt ist auch erlaubt, Sämtliche Werke in 2 Bänden, München 1982, ISBN: 978-3-570-03004-2

Hörbücher

  • Wilhelm Busch, CD, gesprochen von Otto Sander und Götz Alsmann, 2006
  • Unterhaltsames und Ungehöriges für Kinder, Duo Pianoworte, München 2007, ISBN: 978-3-86604-530-9

Sekundärliteratur

  • Günther, Herbert: Der Versteckspieler, Die Lebensgeschichte des Wilhelm Busch, Union Verlag, Fellbach 1991, ISBN-10: 3407808941, ISBN-13: 978-3407808943
  • Bücher mit Bildergeschichten bei Jokers
  • Bücher mit Comics bei Jokers

Links

Videos

Auf den Spuren von Wilhelm Busch in und um Wiedensahl

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