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Freundschaft

Freundschaft ist ein universales Thema der Weltliteratur. In Antike und Mittelalter? ist der Freundschaftsbeweis zumeist an eine sichtbare Tat gebunden. In der modernen Literatur ist auf Freunde hingegen oft nur wenig Verlass.

Definition

Steinherz - (c) Ilse Dunkel/Pixelio.de

Freundschaft ist ein zentrales und nahezu unerschöpfliches Thema in der Welt der Literatur. In seiner Universalität ist es nur mit den Themen Liebe, Freiheit?, Schuld und Identität? vergleichbar. Durch die Mehrdeutigkeit des Freundschaftsbegriffs ist das Thema jedoch auf keinen gemeinsamen Nenner zu bringen: Der moralische und dramaturgische? Spannungsbogen reicht von höchster sittlicher Vollkommenheit über eitle Selbstsucht bis hin zu tödlichem Verrat am Freund.

Das Thema Freundschaft ist mit einer Vielzahl von Motiven (z. B. Frauenraub?, Verräter?), Stoffen (z. B. Artus?, Nibelungen?) und anderen Themen (z. B. Schicksal?, Krieg?, Antike, Christentum?) verknüpft. Die Verbindung mit dem Motiv des Freundschaftsbeweises? ist jedoch besonders eng: In nahezu allen Literatur-Epochen spielt die Bewährungsprobe der Freundschaft eine bedeutende Rolle. Spannend für den Leser ist, dass der Freundschaftsbeweis? zu den schwierigsten und gefährlichsten Bewährungsproben überhaupt gehört, oft ist er mit dem Einsatz des eigenen Lebens verbunden.

Foto: Ilse Dunkel/pixelio.de

Entstehung

In der Antike erfuhr das Thema seine frühe und teilweise bis in die Gegenwart gültige Prägung. Antike Freundschafts-Darstellungen waren aufs engste mit anspruchsvollen philosophischen Reflexionen verquickt. Charakteristisch sind u. a. Platons? Dialog? „Lysis“ (4. Jahrhundert v. Chr.) und Ciceros? Dialog? „Laelius de amicita“ (um 40 v. Chr.), die dem Wert und dem Wesen der Freundschaft gewidmet sind. Grundsätzlich gilt die Freundschaft als etwas Erstrebenswertes, als untrügliches Zeichen der Liebe, Nähe und Sittlichkeit, als Lebenselixier für Gefährten, Kämpfer, Kriegskameraden und Eheleute!

Auf dem Gebiet der Literatur sind die Werke? Homers beispielhaft für die Behandlung des Themas in der Antike. Kennzeichnend sowohl für Homers Figuren als auch für das antike Freundschafts-Verständnis im Allgemeinen ist vor allem der Gedanke, dass die freundschaftliche Gesinnung sich nur in einer sichtbaren Tat beweisen kann. Als klassische Freundschaftspaare gelten daher u. a. Diomedes und Odysseus, Achill und Patroklos – hier steht einer für den anderen ein, und selbst über den Tod hinaus spielt das Andenken an den Freund bzw. Waffenbruder eine bedeutsame Rolle.

Entwicklung

Freundschaft vorwiegend als ritterliche Tugend – dieses antike Muster wurde von den Schriftstellern des Mittelalters? vielfach übernommen, jedoch wesentlich bereichert um die Eigenschaft der Nächstenliebe, wie sie die christliche Glaubenslehre von ihren Anhängern forderte. Idealtypische Darstellungen des Themas finden sich in nahezu allen namhaften Werken? der mittelalterlichen? Literatur, zu nennen sind vor allem Hartmann von Aues? Versepen „Erec“ (um 1180) und „Iwein“ (um 1200) sowie Wolfram von Eschenbachs? Versroman? „Parzifal“ (um 1210). Auch hier gilt, wie schon zuvor bei Homer: Erst durch die mutige Tat offenbart sich die wahre Freundschaft – am nachdrücklichsten tritt sie im selbstlosen Einsatz des eigenen Lebens hervor.

Treuer Freund oder heimlicher Todfeind?

Ab dem 16. Jahrhundert verwendeten Schriftsteller eine bis dahin so gut wie unbekannte Figur: Der „intime Freund“ ist jedoch nicht nur aus themen- und figurengeschichtlichen Aspekten interessant, auch als Motor der Handlung stellte er eine einflussreiche Novität dar. Häufig ist der Vertraute eine Art emotionaler und intellektueller Spiegel des Protagonisten: In vertraulichen Gesprächen und Briefen erfährt er von Gefühlen, Ansichten und Plänen. Für den Leser ist er meist ein willkommener Komplize, für den Helden allerdings bedeutet er nicht selten eine enorme Gefahr.

Treuer Freund oder heimlicher Todfeind – der Vertraute ist stets für Überraschungen mit dramatischen Folgen gut! Zu Berühmtheit gelangten hauptsächlich jene Werke?, in denen der intime Freund sich schließlich als unversöhnlicher Gegenspieler entpuppte. Zu nennen sind vor allem William Shakespeares Drama „Othello“ (um 1604) und Friedrich Schillers Dramen-Trilogie „Wallenstein“ (1800). Beide Stücke gelten bis heute als Höhepunkte der Bühnenkunst, zudem zeigen ihre Helden auf sehr anschauliche Weise, welch Glück oder Unglück in einer intimen Freundschaft liegen kann. Vor allem der verräterische und übelwollende Freund entwickelte in der Welt der Literatur eine enorme Anziehungskraft, ihren Gipfelpunkt erreichte diese Entwicklung im 20. Jahrhundert.

Wahre Freundschaft ist schwer zu finden

Das wirtschaftliche und soziale Erstarken des selbstbewussten Bürgertums im 18. und 19. Jahrhundert führte auch zu einer veränderten Akzentuierung des Freundschafts-Themas in der Literatur. Freundschaft galt als vornehme Tugend, als elementare Grundlage einer vernünftigen und sittlich einwandfreien Lebensführung. Dieses Ethos schlug sich vor allem in zahlreichen moralisierenden Wochenschriften und Aufsatzsammlungen nieder; für die Literatur indes blieb der biedermeierliche? Freundschaftsbegriff auffallend unfruchtbar.

Zu literarischer Bedeutung gelangten hingegen vor allem jene Werke?, in denen sich eine bedrohte Freundschaft gegen eine feindselige sowie allzu nüchterne und materialistische Umwelt behaupten muss. Beispielhaft für diese Literatur, die übrigens eng mit den Themen Einsamkeit und Entfremdung? verknüpft ist, sind einige Romane und Erzählungen von Wilhelm Raabe und Adalbert Stifter. Wahre Freundschaft ist schwer zu finden, und ihr Glück ist selten von langer Dauer, so lautet ihr pessimistisches Credo.

Freundschaften, die in Katastrophen münden

Die Literatur des 20. Jahrhunderts stellte den traditionellen Freundschaftsbegriff, der hauptsächlich mit Attributen wie Sittlichkeit, Treue und Vernunft verbunden war, vehement in Frage. Stellvertretend für eine ganze Reihe namhafter Autoren stehen Bertolt Brecht und Alfred Döblin, die in ihren Werken? eine moderne Welt ohne verlässliche und freundschaftliche Bindungen entwerfen.

Beeindruckende Beispiele finden sich u. a. in „Bert Brechts Hauspostille“ (1927) und „Aus dem Lesebuch für Städtebewohner“ (1930). Die wohl bekannteste und katastrophalste Freundschafts-Beziehung in der Literatur des 20. Jahrhunderts schildert Alfred Döblin in seinem Roman „Berlin Alexanderplatz“ (1929): Franz Biberkopf liebt seinen „Freund“ Reinhold mit nahezu kindlicher Hingabe und grenzenloser Naivität, Reinhold hingegen hasst Biberkopf mit der ganzen düsteren Kraft seiner zerstörerischen und mitleidslosen Natur.

Literatur

  • Die Freundschaft in der Literatur
  • Brecht, Bertolt: Bertolt Brechts Hauspostille. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1999, ISBN: 978-3518395417
  • Döblin, Alfred: Berlin Alexanderplatz. S. Fischer, Frankfurt am Main 2008, ISBN: 978-3100155528
  • Homer: Ilias. Odyssee. Dtv, München 2002, ISBN: 978-3423130004

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