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Mankell, Henning

Website von Henning Mankell - (c) Henning Mankell

Henning Mankell (geb. 3. Februar 1948 in Stockholm) ist ein schwedischer Schriftsteller und Theaterregisseur. Er wurde besonders durch seine Krimi-Reihe um den Kommissar Wallander berühmt, hat jedoch auch Bücher geschrieben, die die gesellschaftliche? Wirklichkeit seiner zweiten Heimat Afrika verarbeiten. Henning Mankell lebt abwechselnd in Schweden und Maputo, Mosambik. Dort leitet er ein Theater.

Leben und Schreiben

Henning Mankell wurde 1948 in Stockholm geboren. Seine Eltern waren Ivar Henningsson Mankell und Ingrid Birgitta Mankell. Sein Großvater, nach dem er genannt wurde, war ein Komponist. Väterlicherseits besitzt Henning Mankell deutsche Wurzeln: Sein Ururgroßvater Johann Hermann Mankel stammte aus Niederasphe in Nordhessen, er emigrierte später nach Schweden. Als Mankell ein Jahr alt war, trennten sich seine Eltern. Er und seine ältere Schwester lebten bei seinem Vater, einem Richter. Mankells Mutter beging Suizid, als Mankell bereits erwachsen war.

Mankells Interessen gehörten schon immer dem Schreiben und dem Theater. So absolvierte er ein Schauspielstudium und ging 1966 als Regieassistent ans Reichs-Theater in Stockholm. Er inszenierte eigene Stücke, die als Collagen verfasst waren und zum Ziel hatten, der Gesellschaft die Maske herunterzureißen. In jenen Jahren war Mankell in der Studentenbewegung aktiv, er protestierte unter anderem gegen den Vietnam-Krieg und gegen das Apartheidsregime in Südafrika.

In den 1970er-Jahren folgte Henning Mankell einer Frau nach Norwegen. Das Land wurde für dieses Jahrzehnt sein Lebensmittelpunkt. Hier schrieb er auch seine ersten Prosatexte. 1973 veröffentlichte er sein Roman-Debüt? "Bergsprängaren".

Seit den 1980er-Jahren hat Henning Mankell in Mosambik eine zweite Heimat und Wirkungsstätte gefunden. Die gesellschaftliche Wirklichkeit Schwedens wie Afrikas ist ein wichtiges Thema in seinen Büchern. In Europa wie in Afrika engagiert er sich für den "Schwarzen Kontinent". Für seinen Einsatz erhielt er 2009 den Erich-Maria-Remarque-Friedenspreis?. Einen Teil des Preisgeldes verwendete er zur Unterstützung von Christoph Schlingensiefs? Festspielhausprojekt in Afrika.

Mankells Aufmerksamkeit gilt aber auch den palästinensischen Autonomiegebieten. 2009 bereiste er sie anlässlich einer literarischen Konferenz und verglich die Lage dort anschließend mit der Apartheid in Südafrika und mit der Teilung Berlins. Mankells israelkritische Äußerungen stießen in Deutschland auf Widerspruch, unter anderem durch Henryk M. Broder?. Sie wurden mit denen von Jostein Gaarder verglichen. 2010 reiste er mit der "Gaza-Hilfsflotte" Richtung Palästina. In einem blutigen Einsatz stoppten israelische Soldaten damals die Hilfsoffensive. Die Aktion kostete neun Türken das Leben; Wallander wurde mehrere Tage von den Israelis interniert und warf ihnen später "Seeräuberei und Kidnapping in internationalen Gewässern" vor.

Anfang 2013 trat Mankell auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos vor Regierungschefs und Wirtschaftsbossen auf. In vier Reden sprach er über die Armut in Afrika und die Bekämpfung des Analphabetismus?. Er wollte, wie er sagte, auf der Versammlung diejenigen repräsentieren, die nicht dort sein konnten.

Henning Mankell ist in dritter Ehe mit Eva Bergman verheiratet, einer Tochter des schwedischen Regisseurs Ingmar Bergman. Das ist auch der Grund, warum er nach Bergmans Tod 2007 als Sprecher der Nachkommen auftrat.

Literarische Arbeiten

2013 war er mit etwa 15 Mio. verkauften Büchern in Deutschland und etwa 40 Mio. verkauften weltweit einer der erfolgreichsten Krimiautoren. Zu dem Erfolg seiner Werke trugen zahlreiche Verfilmungen bei.

Wallander-Krimis (1991 ff.)

1991 veröffentlichte Henning Mankell mit "Mördare utan ansikte" (dt. "Mörder ohne Gesicht", 1993) den ersten Band? der Krimi-Reihe? um den Kommissar Kurt Wallander. Schauplatz? sind die Stadt Ystad und die Region Schonen in Südschweden. Die seither erschienenen Krimis sind an Wallanders Biographie entlang erzählt, so dass der Leser die Entwicklung des Protagonisten von Band zu Band mitverfolgen kann.

Kurt Wallander ist mittleren Alters, geschieden und Vater von Linda, mit der er immer wieder Probleme hat. Im Verlauf der Serie entscheidet sich Linda, selbst Polizistin zu werden. Ihr Vater leidet unter seiner Einsamkeit, die er zuweilen mit Alkohol zu bekämpfen sucht. Ohnehin übergewichtig, erkrankt er später an Diabetes. Er hat immer wieder Affären, schafft es jedoch nicht, sich wirklich wieder zu binden.

Die Verbrechen, die seine Region heimsuchen, versteht Wallander als Ausdruck des zivilisatorischen Verfalls seiner Heimat. So ist in jedem Krimi auch Gesellschaftskritik? enthalten, in der man sicher den Standpunkt Henning Mankells vermuten darf. Trotz seines hohen moralischen Anspruchs und seiner Einsatzbereitschaft ist Wallander bei jedem Fall wieder vom Scheitern bedroht. Seine Ermittlungserfolge sind so gefährdet wie die Gesellschaft insgesamt. Die gesellschaftkritischen Reflexionen der Hauptfigur verleihen den Krimis etwas sehr Nachdenkliches und Düsteres, dazu zeichnen sich die aufzuklärenden Morde sämtlich durch große Grausamkeit aus.

Die Schauplätze? in Ystad existieren alle auch in der Realität, bis hin zum Wohnhaus von Kurt Wallander in der Mariagatan 10. Das hat Ystad und Schonen einen lebhaften Tourismus von Mankell-Fans beschert. Die Wallander-Krimis wurden mehrfach verfilmt. Für eine Serie des ZDF, die 2007 endete, spielte der Schwede Rolf Holger Lassgård die Hauptfigur. In einer internationalen Co-Produktion unter dem Titel "Mankells Wallander" übernahm sein Landsmann Krister Henriksson die Hauptrolle. Für eine Reihe der BBC spielte der Brite Kenneth Branagh den Kommissar.

Auflistung der Wallander-Krimis

Afrika-Romane

"In Afrika habe ich etwas entdeckt, das eigentlich keine Entdeckung sein sollte", schreibt Mankell über sein Afrika-Erleben: "Die Hautfarbe, die Sprachen, die Art, wie wir Götter anbeten und unser Frühstück machen, Dummheiten betrachten und Kunst machen: Alle Menschen sind verwandt. Wir gehören zur selben Familie". In Afrika spielen denn auch zahlreiche seiner Bücher.

"Der Chronist der Winde" (1995)

Unter dem Titel "Comédia infantil" brachte Mankell 1995 einen Roman heraus, der die heutigen Verhältnisse in Afrika aus der Sicht eines Kindes behandelt. Die deutsche Übersetzung von Verena Reichel? erschien 2000 unter dem Titel "Der Chronist der Winde".

Die Rahmenerzählung?: Der Bäcker José Antonio Maria Vaz findet nach einer Schießerei am Theater einen verletzten Straßenjungen, den zehnjährigen Nélio. Er bringt ihn auf das Dach seines Hauses und versorgt ihn dort. Neun Tage und Nächte lang pflegt er ihn, und in dieser Zeit erzählt Nelio ihm seine Geschichte. Danach stirbt er, während ein leichtes Erdbeben die Stadt erschüttert. José kann nun nicht mehr weiterleben wie vorher. Er verlässt seine große Liebe, die Teigmischerin Maria, und die Familie seines Bruders, die ihm bislang eine eigene ersetzt hatte. Fortan will er als "Chronist der Winde" Nelios Geschichte in alle Welt tragen.

Die Binnenerzählung? handelt von Nelios Leben: Banditen überfielen sein Dorf, sie ermordeten seine Schwester und wollten ihn zwingen, seine Verwandten zu töten. Nelio floh, er gelangte in die große Stadt und wurde der Anführer einer Bande von Straßenkindern.

Vor allem vom Leben dieser schwarzen Kinder erzählt Nelio dem Bäcker. Die Kinder schlafen in Pappkartons und leben von Abfällen, Einbruchdiebstählen und kleinen Dienstleistungen für die Reichen. Mit der Zeit stellt Nelio sich immer dringender die Frage nach dem Warum des Elends und der Not um ihn herum. Mit Hilfe eines indischen Fotografen und eines alten Atlanten, den er gefunden hat, versucht er Antworten zu finden, jedoch vergeblich.

Als Alfredo, der Jüngste aus der Gruppe, unheilbar erkrankt, beschließen die Kinder, für ihn ein Theaterstück zu spielen, das von einer Reise zu den von dem Jungen erträumten "Inseln ohne Angst" handelt. Nach vielen Schwierigkeiten können sie das Stück tatsächlich aufführen. So verschönen sie die letzten Stunden des Sterbenden. Unmittelbar nach Alfredos Tod überraschen Wachleute des Theaters die Kinder. Alle fliehen, bis auf Nelio, der an Alfredos Leichnam wacht. Er wird angeschossen, und so findet ihn schließlich der Bäcker José.

1995 wurde "Der Chronist der Winde" für den August-Preis und den Literaturpreis des Nordischen Rates nominiert. Im Jahr 1996 erhielt Mankell dafür den Sveriges Radios Romanpris? durch den schwedischen Radiosender SR P1. Eine Verfilmung des Buches wurde für zwei Filmpreise nominiert.

Als Ich-Erzähler berichtet Mankell zunächst von seiner ersten Reise nach Südafrika und schildert seine Gedanken über den europäischen Kolonialismus. Dass er dabei in einen übertrieben poetischen Sprachrhythmus verfällt und obendrein die Bevölkerung eines ganzen Kontinents als einheitliche Masse von "besseren Menschen" darstellt, nervt - am Liebsten möchte man das Buch schon vor Seite 20 aus der Hand legen. Doch Weiterlesen lohnt sich. Denn wenn Mankell ab dem zweiten Kapitel als allwissender Erzähler die Lebensgeschichten verschiedener Afrikaner und Europäer aneinander reiht, entwickelt sich "Die flüsternden Seelen" zu einer wunderschönen Episodensammlung. Endlich stellt der Autor seinen oft so überpräsenten pädagogischen Anspruch zurück und verwebt eindrucksvoll persönliche Schicksale, politische Entwicklungen und religiöse Vorstellungen.

"Die flüsternden Seelen" (1998)

Über 25 Jahren hat Henning Mankell nach eigener Aussage an dem Roman "Das Geheimnis des Feuers" geschrieben, bevor das Buch 1998 in Schweden erschien. Es erzählt die Lebensgeschichten einiger Menschen, Schwarze und Weiße, die durch ihr Schicksal miteinander verbunden sind. Das alle Erzählstränge durchziehende Thema ist die Zerstörungskraft des Kolonialismus.

"Das Geheimnis des Feuers" und "Der Zorn des Feuers"

Auch einige von Mankells Kinder- und Jugendbüchern spielen in Afrika, so etwa "Das Geheimnis des Feuers", die Geschichte von Sofia: Das Mädchen lebt in der Dritten Welt. Sein Vater wird von Banditen getötet, die Mutter geht mit den Kindern auf eine lange Flucht. Und dann tritt Sofia auf eine Landmine ...

Im Fortsetzungsband "Der Zorn des Feuers" ist Sofia neunzehn Jahre alt, mit Armando verheiratet und hat drei Kinder. Doch dann fängt Armando an, sich merkwürdig zu benehmen. Viel öfter ist er in der Stadt zu sein anstatt bei ihr und den Kindern im Dorf. Sofia hat einen bösen Verdacht der sich bestätigt. Und dann kommt es noch schlimmer ... Henning Mankell hat Sofias Geschichte nach einer wahren Begebenheit erzählt.

"Erinnerung an einen schmutzigen Engel" (2012)

Der Roman, übersetzt aus dem Schwedischen von Verena Reichel, erschien auf Deutsch im Verlag Zsolnay? (Juli 2012). Die Handlung spielt Anfang des 20. Jahrhunderts in Schweden und in der portugiesischen Kolonie Mocambique. Hanna ist jung, mittellos und die älteste von fünf Geschwistern. In Afrika sucht sie ihren eigenen Weg zwischen schwarzer Bevölkerung und weißen Rassisten. Sie leitet ein Bordell, erbt ein Vermögen und ist ein paar Jahre später spurlos verschwunden …

Mit diesem Roman kehrte Mankell nach vielen Jahren wieder zu seinem Afrika-Thema zurück und kündigte weitere Bücher über besondere Frauen an. Dem Werk lagen einige historische Dokumente zugrunde.

Kinderbücher

  • Ein Kater schwarz wie die Nacht. EA 2000
  • Der Hund, der unterwegs zu einem Stern war. EA 1992
  • Die Schatten wachsen in der Dämmerung. EA 1994
  • Der Junge, der im Schnee schlief. EA 1998
  • Die Reise ans Ende der Welt. EA 1998
  • Das Geheimnis des Feuers, Hamburg, 8. Aufl. 1997
  • Der Zorn des Feuers, Hamburg 2008

Dramen

  • Butterfly Blues
  • Zeit im Dunkeln
  • Die rote Antilope
  • Der gewissenlose Mörder Hasse Karlsson enthüllt die entsetzliche Wahrheit, wie die Frau über der Eisenbahnbrücke zu Tode gekommen ist

Als Hörbücher erhältlich

  • Drei Wallander Lesungen: Mörder ohne Gesicht / Hunde von Riga / Die fünfte Frau. Hörbuch Verlag, Hamburg 2009, ISBN: 978-3869090337
  • Der Tod des Fotografen, Random House, München 2009, ISBN: 978-3837100846

Auszeichnungen

Übrigens ...

hat Henning Mankell das Gut seiner Kindheit in dem schwedischen Ort Sveg, das er von seinem Vater geerbt hat, dem schwedischen Dramatikerverband vermacht.

2011 verriet die Rock-Ikone Patti Smith, dass sie eine Bewunderin Mankells ist. In Stockholm freute sie sich weniger über den Polar-Musikpreis, der ihr vom schwedischen König Carl XVI. Gustaf verliehen wurde, als über die Begegnung mit Mankell: "Ich kann es gar nicht glauben, dass ich ihn hier treffen werde, nachdem ich alle seine Bücher gelesen habe. Das ist eine der schönen Seiten des Lebens."

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