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Trojanow, Ilija

Ilija Trojanow auf der Frankfurter Buchmesse 2007 - (c) Buchmesse/Baptista

Ilija Trojanow (geb. 23. August 1965 in Sofia) ist ein deutschsprachiger Schriftsteller, Übersetzer und Verleger bulgarischer Herkunft. Seine zahlreichen Bücher wurden unter anderem ins Arabische, Chinesische und Russische übersetzt.

Leben und Schreiben

Ilija Trojanow wurde am 23. August 1965 in Sofia geboren. Im Alter von sechs Jahren – kurz vor seiner Einschulung – floh er mit seinen Eltern über Jugoslawien und Italien nach Deutschland, wo der Familie politisches Asyl gewährt wurde. 1972 siedelte die Familie nach Kenia über, da sein Vater dort als Ingenieur arbeiten konnte. Von 1979 bis 1981 besuchte Trojanow das Staatliche Landschulheim Marquartstein im Chiemgau. 1984 machte er in Nairobi, wo er eine deutschsprachige Schule besuchte, das Abitur.

Im Anschluss an einen längeren Aufenthalt in Paris studierte Trojanow von 1985 bis 1989 an der Ludwig-Maximilians-Universität in München Rechtswissenschaften und Ethnologie. Er blieb jedoch ohne Abschluss. 1996 erklärte Trojanow in einem Zeitungsinterview, er habe seine akademische Ausbildung kurz vor dem Abschluss auslaufen lassen.

Verlagsgründer, Übersetzer und Weltreisender

In München gründete Trojanow 1989 den Kyrill & Method Verlag? und 1992 den Marino Verlag?. Seit 1999 gehört der Marino Verlag? zu Frederking & Thaler?. Beide Verlage waren auf Literatur aus und über Afrika spezialisiert. Nach eigenem Bekunden übte dieser Kontinent eine starke Faszination auf Trojanow aus – was auch die Ursache für seine lebhafte Tätigkeit als Übersetzer von afrikanischer Literatur sein dürfte. 1993 erschien unter dem Titel „Afrika. Mythos und Alltag Ostafrikas“ sein erstes Buch, in dem er zeigt, wie sich sein anfängliches Befremden in eine tiefe Zuneigung für seine zweite Heimat Kenia gewandelt hat. 1996 veröffentlichte er zusammen mit dem simbabwischen Autor Chenjerai Hove? den Erfahrungsbericht „Hüter der Sonne. Begegnung mit Simbabwes Ältesten“. Darin verleiht Trojanow seiner Überzeugung Ausdruck, dass der von jahrhundertealten Traditionen geprägte Geist Afrikas bereichernd auf das moderne Europa wirken könne. Zudem verlegte Trojanow Belletristik? und politisch-historische Sachbücher.

„Die Welt ist groß und Rettung lauert überall“

1996 feierte Trojanow mit „Die Welt ist groß und Rettung lauert überall“ sein Debüt? als Romanautor. In seinem autobiographisch gefärbten Debütroman erzählt Trojanow, wie die beiden Protagonisten - der Spieler Bai Dan und der Nörgler Alex – mit ihrer Familie die exotische Balkanwelt verlassen und nach Westeuropa wandern. Ihre Träume zerplatzen, als sie in italienischen Asylantenheimen ums Überleben kämpfen müssen. Weitere Stationen auf ihrer Flucht sind Deutschland, Monaco, Paris, London und schließlich Amerika. Im Feuilleton? stieß der Roman auf ein großes, aber geteiltes Echo. Ein Rezensent lobte Trojanows lebhaftes und gescheites Erzählen, fügte aber einschränkend hinzu, dass es dem Roman an inner Konsistenz mangele. Ähnlich ambivalent urteilte ein anderer, indem er die Verknüpfung von Exilerfahrung mit Elementen des Märchenhaften und Wunderbaren lobte, gleichzeitig aber auf einige gravierende sprachliche Defizite hinwies. Ilija Trojanow wurde für seinen Debütroman? „Die Welt ist groß und Rettung lauert überall“ mehrfach ausgezeichnet – unter anderem mit dem Marburger Literaturpreis? und dem Thomas-Valentin-Literaturpreis? der Stadt Lippstadt.

„Hundezeiten. Heimkehr in ein fremdes Land“

Zur Frankfurter Buchmesse 1997 publizierte Trojanow in Zusammenarbeit mit Rudolf Spindler? das Science-Fiction-Roman-Projekt? „Autopol“, das eigens für das ZDF-Kulturmagazin „aspekte“ als so genannte „novel in progress?“ konzipiert worden war und im Internet entstand. 1998 siedelte Trojanow nach Bombay über und durchreiste Indien und die Nachbarländer. Von dort schrieb er Reportagen?, Berichte? und Essays, die unter anderem in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, der „Süddeutschen Zeitung“ und der „Neuen Zürcher Zeitung“ erschienen. Zur Leipziger Buchmesse 1999, die Bulgarien als Gastland hatte, veröffentlichte er den Reportageband? „Hundezeiten. Heimkehr in ein fremdes Land“. Das Buch, das Trojanow während mehrerer Aufenthalte in Bulgarien recherchiert hatte, erhielt im Feuilleton? glänzende Besprechungen und wurde mit dem renommierten Adelbert-von-Chamisso-Preis 2000 gewürdigt.

„Zu den heiligen Quellen des Islam“

2001 unternahm Trojanow einen dreimonatigen Fußmarsch durch Tansania, wo er auf den Spuren des englischen Entdeckers und Orientalisten Sir Richard Francis Burton (1821-1890) wandelte. In einem Interview sagte Trojanow, dass er von der exzentrischen Figur des britischen Offiziers auf Anhieb fasziniert gewesen sei. Ein paar Jahre später sollte Burton Eingang in Trojanows literarisches Werk finden. Ebenfalls 2001 erschien der Reportageband? „Der Sahdu an der Teufelswand – Reportagen aus einem anderen Indien“. Es folgten „An den inneren Ufern Indiens. Eine Reise entlang des Ganges“ (2003) und „Zu den heiligen Quellen des Islam“ (2004), in denen er kritisch und liebevoll von seiner Wahlheimat Indien berichtet. Insbesondere für „Zu den heiligen Quellen des Islam“ erntete Trojanow viel Lob. Darin schildert er seine Erfahrungen, die er während der großen Hadsch – der Pilgerreisen nach Mekka und Medina – gesammelt hat.

„Der Weltensammler“

Im März 2006 erschien Trojanows Abenteuerroman „Der Weltensammler“, der den Preis der Leipziger Buchmesse gewann und mehrere Monate auf den Bestsellerlisten? in Deutschland, Schweiz und Österreich stand. In „Der Weltensammler“ betreibt Trojanow ein virtuoses Spiel mit Fiktion und Realität, indem er historische Fakten mit dem freien Lauf der Phantasie verknüpft. Sein exzentrischer Held, der britische Offizier Sir Richard Francis Burton, hat es satt, in den Überseekolonien ein sattes, selbstgefälliges und nutzloses Leben zu führen – und am Ende irgendwo zu verfaulen. Wie ein Wahnsinniger beginnt er, die verschiedenen Sprachen der von den Briten unterjochten Völker zu lernen. Anonym begibt er sich auf die Reise: Er sieht Indien und Arabien, lernt Menschen, Bräuche und Gerüche kennen. Noch nie in seinem Leben, davon ist er überzeugt, lagen Wunderbares und Schreckliches so eng beieinander. Noch nie in seinem Leben wähnte er sich dem höchsten menschlichen Glück so nahe. „Der Weltensammler“ sei ein gellender Weckruf in den Ohren jedes europäischen Pauschaltouristen, jubelte das Feuilleton? mit einem Augenzwinkern. Der Roman ist mittlerweile auch als Hörbuch erschienen.

Ebenfalls 2006 veröffentlichte Trojanow zusammen mit Katrin Simon? den Bildband? „Indien. Land des kleinen Glücks“. Im November 2006 wurde Trojanow der mit 30.000 Euro dotierte Berliner Literaturpreis? 2007 der Stiftung Preußische Seehandlung zugesprochen. Verbunden mit der Auszeichnung ist die „Heiner-Müller-Professur für deutschsprachige Poetik“ an der Freien Universität Berlin im Sommersemester 2007.

„Nomade auf vier Kontinenten“

In seinem 2007 veröffentlichten Buch „Nomade auf vier Kontinenten“ begibt sich Trojanow noch einmal auf die Spuren von Richard Burton. Das Buch, das in der renommierten Reihe „Die Andere Bibliothek“ des Eichborn Verlags? erschienen ist, gilt als einer der gelungensten Collage-Texte der jüngeren Literatur. Durch die Verquickung von Biographie (Burton) und Autobiographie (Trojanow) entsteht ein spannendes Leseabenteuer, in dem farbenfrohe Episoden aus verschiedenen historischen Epochen mühelos verschmelzen.

Ilija Trojanow ist seit 2002 Mitglied des der Bundesrepublik Deutschland. Im November 2007 war er im Rahmen der Tübinger Poetik-Dozentur Gastdozent an der Universität Tübingen.

Gemeinsam mit Juli Zeh veröffentlichte Ilija Trojanow im Jahr 2009 das Buch "Angriff auf die Freiheit. Sicherheitswahn, Überwachungsstaat und der Abbau bürgerlicher Rechte". Darin prangern die beiden Autoren das zunehmende Vordringen des Staates in die Privatsphäre des Einzelnen, das mit der Notwendigkeit von Terrorabwehr begründet wird. Gemeinsam schrieben sie 2013 einen offenen, von 70.000 Mitunterzeichnern unterstützten Brief an Bundeskanzlerin Merkel, in dem sie sie aufforderten, gegen die illegale Datensammlung der NSA vorzugehen. Im selben Jahr wurde Trojanow zeitweise die Einreise in die USA verweigert.

Ilija Trojanow lebt heute in Wien.

Übrigens ...

Im Februar 2007 trat Ilija Trojanow sein Amt als Mainzer Stadtschreiber? an. Er bezog das Stadtschreiberdomizil im Gutenberg-Museum der Stadt Mainz, wo er Lesungen, Autorengespräche und Schreibwerkstätten anbot.

Auszeichnungen

Werke (Auswahl)

  • Bücher von Ilija Trojanow bei Jokers
  • In Afrika. Mythos und Alltag. EA 1993
  • Naturwunder Ostafrika. Durch Kenia, Tansania, Uganda und Ruanda. EA 1994
  • Die Welt ist groß und Rettung lauert überall. EA 1996
  • Hüter der Sonne. EA 1996
  • Autopol. EA 1997
  • Hundezeiten. Heimkehr in ein fremdes Land. EA 1999
  • Döner in Walhalla. EA 2000
  • Der Sadhu an der Teufelswand. Reportagen aus einem anderen Indien. EA 2001
  • An den inneren Ufern Indiens. Eine Reise entlang des Ganges. EA 2003
  • Zu den heiligen Quellen des Islam. EA 2004
  • Der Weltensammler. Auf den Spuren von Sir Richard Francis Burton. EA 2006
  • Indien. Land des kleinen Glücks. EA 2006
  • Nomade auf vier Kontinenten. EA 2007
  • Der entfesselte Globus. EA 2008
  • (mit Juli Zeh) Angriff auf die Freiheit. Sicherheitswahn, Überwachungsstaat und der Abbau bürgerlicher Rechte. EA 2009
  • (mit Susann Urban) Fühlend sehe ich die Welt. Die Aufzeichnungen des blinden Weltreisenden James Holman. EA 2010
  • EisTau. Roman. EA 2011
  • Die Versuchungen der Fremde: Unterwegs in Arabien, Indien und Afrika. EA 2011
  • Stadt der Bücher (mit Fotografien von Anja Bohnhof). EA 2012
  • Der überflüssige Mensch. OA 2013
  • Wo Orpheus begraben liegt (mit Fotografien von Christian Muhrbeck). EA 2013

Hörbücher

  • Der Weltensammler. 7 CDs. Freiburg, Audiobuch 2006, ISBN: 978-3899642049

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